Record of the Week

Joan As Police Woman “Damned Devotion”

Joan-As-Police-Woman-CoverJoan As Police Woman
“Damned Devotion”
(PIAS)

Klar, niemand ist eine Insel, und Joan Wasser (sic!) alias Joan As Police Woman erst recht nicht – schließlich spielte sie ja tatsächlich Violine für Antony and the Johnsons und Rufus Wainwright, oder, einige Jahre früher, dasselbe Instrument in der Punkband The Dambuilders. Aber eben diese Meriten scheinen ihrer Rezeption als eigenständige Künstlerin manchmal im Wege zu stehen, denn kein Artikel (auch dieser nicht) kommt ohne die Erwähnung von Joans musikalischen Weggefährten, Idolen, toten Ex-Geliebten und Familienmitgliedern aus. Ihr Werk wird häufig als Trauer- und Traumabewältigung wahrgenommen; und Wassers Vorliebe für Kooperationen wie zuletzt vor zwei Jahren mit Benjamin Lazar Davis (Album: „Let It Be You“) trägt natürlich dazu bei, dass man ihren Namen fast automatisch in Kombination mit anderen nennt. Dabei ist die in Connecticut aufgewachsene Wasser wahrlich unverwechselbar, verfeinerte ihren Stil als Sängerin, Komponistin, Instrumentalistin immer weiter, bekennt sich klar zum glamourösen Westcoast-Softpop der siebziger Jahre mit großer Geste und dunkler Seele.

Das fünfte Soloalbum von Wasser, „Damned Devotion“, ist nach dem erfolgreichen „The Classic“ von 2014 ein weiterer, selbstbewusster Schritt auf dem Weg zur blue eyed Singer-/Songwriter-Soulqueen – die sich aktuellen, drängenden Themen widmet wie im ungeheuer starken Song „The Silence“: Gegen das verschämte Schweigen missbrauchter Frauen singt sie hier an, unterstützt von wütenden Parolen, mitgeschnitten beim Women’s March auf Washington im letzten Jahr. Wassers kunstvoll verstolpertes Pianospiel denkt Talk Talk mit, dreht sich dann aber in eine andere Richtung, der Refrain mündet in beseeltes Miteinander.

Ziemlich funky ist auch ihre Ode an Jean Genet geraten, während „What Was It Like“, in dem sie das schwierige Verhältnis zu ihrem verstorbenen Adoptivvater aufgreift, und das bluesgetränkte „Talk About It Later“ Wassers Faible für entschleunigte deepe Balladen zeigen, die den Moment auskosten. Doch in allen zwölf Songs schwingt vor allem Soul mit, goldener, warmer Soul, in dem das Sakrale ebenso aufleuchtet wie der Dancefloor – was mal wieder beweist, wie nahe diese vermeintlichen Pole doch beieinander liegen. Und der Schmerz über eine zerbrochene Beziehung löst sich am besten in Musik auf, Joans Rettungsanker. Dass Joans intime Innenschau nicht allzu schmusig gerät, liegt auch am kongenialen Schlagzeuger Kindred Parker, der mit komplexer Polyrhythmik jazzige Kantigkeit beisteuert: aber dass Joan Wasser ein gutes Händchen für die – zumindest musikalische – Partnerwahl hat, wissen wir ja. Niemand ist eine Insel.

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