Egon Forever und das magische Auge

Da lacht sogar der Knödelmann – „Die unfassbare Welt von Barbarkulor“ im Test

Im baden-württembergischen Egon-Forever-Universum wird auch am Wochenende und am Doomsday gearbeitet –  Schöpfer Lux lässt sich außerdem nicht nehmen, auch noch in prittstiftmäßiger Realness echte Fanzines zusammenzukleben. Seine Strichmännchen-Version von Drachenkampf-Storys in Mittelerde heißt dabei “Barbakulor” und die bisherigen Ausgaben finden sich nun zu einem Sammelband gebunden. Unser Magier der 5. Stufe, Cornelius Oettle hat reingeschaut.

Vorab eine Beichte: Von allen Figuren respektive Strichfiguren aus dem Egon-Forever-Universum war mir Barbarkulor immer die unsympathischste. Vielleicht lag’s an diesem klobigen Namen oder daran, dass ich schwertschwingenden Männern weder ironisch noch unironisch etwas abgewinnen kann. Beziehungsweise: konnte! Denn jetzt, da die komplette Trilogie dieser Comic-Magazin-Parodie, i. e. der Sammelband „Die unfassbare Welt von Barbarkulor“ im Cross Cult Verlag erscheint, muss ich sagen: Sorry, Barbarkulor! Ich war ein totaler Knödelmann.
Womöglich kann sich der große Geist von Cartoonist und Egon-Forever-Schöpfer Andre Lux solchen Kleinhirnen wie mir eben gar nicht durch die einzelnen Bände erschließen. Es muss das 96 Karopapierseiten starke Gesamtwerk am Stück betrachtet werden, die komplette Geschichte von Toni Müller, der durch seine Glotze in die Dimension X15 gesogen wird und dort zum gefeierten Barbarkulor avanciert. Ein Typ, der auf nichts Lust, aber blöderweise wohl ein Helfersyndrom hat, in einer Welt voller Monster und Magier:innen, in der es aber auch einen OBI gibt. Ein Held, der den Dorfbewohnenden ihre Angst vor einem Angriff des Zauberers Rungol mit solchen Sätzen nimmt: „Ich laber einfach mit dem. Quitschiquatschi. Das bringt’s dann schon.“
Nun klingt’s erstmal gemein, zu behaupten, dass das Beste an den Barbarkulor-Heften ja eh die Fake-Reklame zwischen den eigentlichen Abenteuern des Protagonisten ist. Aber es liegt zuvörderst halt nicht an denen, dass man den Band nicht weglegen will, sondern gerade an den abwechslungsreichen Unterbrechungen. Es soll ja auch Menschen geben, die gern lineares Fernsehen wegen der Werbung schauen.
Durch beworbene Produkte wie „Popback“, mit dessen Hilfe man aus Popcorn wieder Mais machen kann, oder auch Kleinanzeigen wie „Verkaufe gut erhaltenes Autoradio von Siemens. Ist vielleicht auch ein Pürierstab. Keine Ahnung. Chiffre: 010“ ergibt sich ein wunderbar ausbalanciertes Verhältnis aus Nonsens, Popreferenz, Comicanspielung und Selbstironie. Die Witzeseite preist man uns an mit „Da lacht sogar der Knödelmann!“ und auf einer weiteren Seite bewertet die Barbarkulor-Redaktion aktuelle Blockbuster. Den Streifen „Egon Forever! – der Film“ zum Beispiel: „Der schlecht verdienende Erzieher Andre Lux versucht mit Strichmännchen-Cartoons richtig Asche zu machen. Leider gelingt ihm das nicht. Lahme Popkultur-Revue, die einen richtig runterzieht.“
Trotzdem will man am Ende nicht nur zur nächsten Anzeige blättern. Offen gestanden hat mich das nachgerade schockiert: Dass ich plötzlich ein echtes Interesse am Schicksal dieser liebevoll hingeschmierten Chaostruppe um den Heroen mit dem furchtbaren Namen hatte, dessen Widersacher genreunüblich gar keine Weltherrschaftsfantasien hegen –  Hexe Hugoria lässt sich bisweilen auch besänftigen, wenn man ihr ein Playstation-Spiel ausleiht.
Wer Barbarkulor also bislang nicht gekannt oder eben, tja, verkannt hat und keine der limitierten Einzelausgaben besitzt: Jetzt ist die Chance, diesen Fehler zu korrigieren. Dieser Sammelband ist wie Tipp-Ex für das eigene vergeudete Leben.
Ach ja: Als Bonus gibt’s auf den letzten Seiten Fan Art von Leuten, die sogar zeichnen können, wie etwa Sarah Burrini, aber auch von Tobi „Krieg und Freitag“ Vogel. Außerdem ein magisches Portal, einen QR-Code, der uns zu einem geheimnisvollen Audiokommentar führt.

Text: Cornelius Oettle

“Die unfassbare Welt von Barbakulor” / Andre Lux / Erscheinungsdatum: 20.11.2020 / 96 Seiten

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