Politische Arbeit

„Für eine universelle feministische Solidarität einstehen“ – Das Bündnis Feminism Unlimited

27. Januar 2025,

Da rechte Kräfte, religiöse Fanatiker, freidrehende Schwurbler immer mehr Einfluss gewinnen, scheint die Organisation dagegen wichtiger denn je. Das Bündnis „Feminism Unlimited“ zeigt sich solidarisch mit allen Flinta* – was angesichts der aktuellen Linken leider (fast schon) als eine Art Alleinstellungsmerkmal zu sehen ist. Fotos: PM Cheung.

Über welche Kanäle habt ihr euch zusammengefunden? Wie kann man sich den Verbund Feminism Unlimited vorstellen?

Nach dem 7. Oktober 2023 haben sich verschiedene linke Gruppen und Einzelpersonen zusammengefunden, die entsetzt, enttäuscht und wütend über das Ausmaß an antisemitischen Reaktionen auf das Massaker der Hamas waren. Einige von uns waren schon zuvor in anderen politischen Kontexten miteinander organisiert. Die Vernetzung wurde über Messenger und Instagram organisiert. Der Aufruf 2024 zur Organisierung einer 8. März Demo ohne Antisemitismus wurde von der Gruppe Golem – die Teil unseres Bündnisses ist – in diese Vernetzungsstruktur getragen. Anfangs waren wir ein lose zusammengewürfelter Kreis, der sich sehr kurzfristig zu einem Bündnis formiert hat. Mittlerweile haben wir uns eine stabile Bündnisstruktur aufgebaut.

Wie habt ihr „eure“ Initiations-Demo in Berlin zum 8.März 2024 erlebt? Was waren die Bedenken im Vorfeld? Und wie war es dann vor Ort, als ihr gemerkt habt, dass es tatsächlich aufging?

Die knappe Zeit vor dem 8. März ließ kaum Raum, um solide Organisierungsstrukturen aufzubauen. Durch den enormem Zeitdruck sind viele Leute in der Vorbereitungsphase über ihre Grenzen gegangen. Natürlich gab es auch Sorge vor massiver Anfeindung und Störaktionen. Dass dann am 8. März so viele Menschen zusammengekommen sind, um für eine universelle feministische Solidarität einzustehen, war unglaublich ermutigend. Wir waren überwältigt von der positiven Resonanz.

Ihr benennt euren Feminismus als universell. Er schließt alle Flinta*-Personen gleich welcher Herkunft ein. Man möchte meinen, das sei selbstverständlich. Ist es aber gar nicht, wie die jüngste Zeit gezeigt hat. Wie erklärt ihr euch, dass sexualisierte Kriegsverbrechen gegen Frauen durch die Hamas am 7.10. in globalen Zusammenschlüssen wie #metoo praktisch gar keinen Widerhall gefunden haben?

Der 7. Oktober und die systematische sexualisierte Gewalt durch die Hamas-Terroristen werden von vielen intersektionalen Feminist*innen und der #metoo-Bewegung leider nicht ausreichend anerkannt. Manche von ihnen, in einem von Antisemitismus geprägten Weltbild, ordnen diesen Tag sogar als legitimen antiimperialistischen Widerstand ein. Feminismus muss sich für alle Frauen und queeren Menschen einsetzen – natürlich auch für jüdische Frauen in Israel und für Queers, die vom Islamismus betroffen sind. Die Grausamkeiten des 7. Oktobers passen nicht in das vereinfachte Weltbild einiger, die die Konfliktparteien in Gut und Böse, Täter und Opfer unterteilen, wobei Israel immer als der einzige Aggressor in Nahost dargestellt wird.

In den USA wackelt das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, Putin hat de facto die LGTBQI-Community unter Strafe gestellt. Wie bewertet ihr den aktuellen globalen Backlash, der sich immer deutlicher und schneller abzuzeichnen scheint?

Rechte und religiöse Kräfte stellen weltweit eine Bedrohung für die Fortschritte der feministischen Bewegung dar. Faschistische Tendenzen nehmen global zu. Die etablierten Parteien sind historisch und aktuell Steigbügelhalter für den Autoritarismus. In der aktuellen Krise leiden immer mehr Menschen unter dem kapitalistischen System. Sie fühlen sich machtlos, haben Angst vor sozialem Abstieg, erleben die Ausbeutung der eigenen Arbeitskraft und Ungleichheit. Neoliberale Politik, die Sozialleistungen kürzt und vor allem den Interessen von Unternehmen und Aktienbesitzer*innen dient, verstärkt diese Probleme. Autoritäre rechte Akteur*innen nutzen die Unzufriedenheit und Ängste der Menschen indem sie einfache Feindbilder vorgeben, denen die Schuld an diesem Leid zugeschoben wird. Diese Sündenböcke sind oft marginalisierte Gruppen, Migrantisierte, oft Jüdinnen*Juden, aber auch Feminist*innen, Frauen und Queers. Durch diese Hetze können rechte Gruppen die Gesellschaft zunehmend autoritär prägen. Wir als feministisches und entschlossen antifaschistisches Bündnis stellen uns dieser weltweiten Entwicklung mit all ihren Facetten entgegen.

Dass (die Idee von) Feminism Unlimited vor diesen Hintergründen expandieren will, ist nachvollziehbar – wen sucht ihr, was braucht ihr konkret an Unterstützung?

Wir freuen uns über Gruppen, die sich in Berlin unserem Bündnis anschließen oder in anderen Städten ein ähnliches Bündnis aufbauen möchten. Momentan sind wir auch auf konkrete finanzielle Unterstützung angewiesen, denn die Organisation von Demos und Kundgebungen ist kostspielig – von der Miete für Lautsprecheranlagen bis hin zum Druck von Plakaten. Es wird deswegen demnächst merch und ein crowdfunding von uns geben.

Interview: Linus Volkmann
Foto: PM Cheung
Kontakt: Feminism Unlimited

Foto: PM Cheung

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