“Kathrin, wenn Du immer von Roland redest, krieg’ ich voll schlechte Laune!”
Carte Blanche, eine Scripted Reality von Justus Köhncke.
Alle handelnden Personen sind frei erfunden.
»Alles was Du willst / liegt in Deinen Händen«
Kathrin war sauer. Roland hatte sie betrogen. Wollte er sie vielleicht verarschen? Sie formulierte ihre Wut am Tag der Enttäuschung, öfentlich. Das tat gut. Ihre Freunde und, mehrheitlich, Freundinnen kündigten Roland ebenfalls die Freundschaft. Der offenbar gefühlskalte Roland rührte sich nicht.
Sie spielte ihr Lieblingslied auf Schleife und wischte die Tränen mit dem Handrücken nach oben weg. Kein Haar war da zum Trocknen. Warum tat Roland ihr das an? Und dann auch noch der anstehende, anstrengende Fernsehauftritt. Kathrin fühlte sich mehr und mehr unberechtigt. Da rief Lutz an.
»Deine Liebe, deine Wünsche / geben Dir so viel Mut / egal wie es auch kommen wird: / es wird gut«
Lutz war für Kathrin ein guter Freund und bei, zumeist, Trost. Sie hatten mal etwas probiert, es stellte sich aber leider als nicht dauerhaft heraus. Stattdessen designten sie gemeinsam einen Kult. Leider geriet Lutz bald in Schwierigkeiten.
»Das mit Roland macht mir echt zu schaffen, dieser Lügner. Ich höre die ganze Zeit sein Lied, ‘Alles Was Du Willst’, und will es hassen, aber ich kann nicht!«
»Hey, echt, Kathrin, wenn Du immer von Roland redest, krieg’ ich voll schlechte Laune! Ich bin doch wohl schließlich ‘nen Zacken geiler als der alte Lungenkrebssack! Und der hat uns jetzt auch schon genug verarscht.«
»Aber Sonntag ist ja der Fernsehauftritt, und Du kannst ja nicht mitmachen. Ich bin da ganz allein! Den Roland kann ich erst Recht vergessen. Und ich muss ja auch an die Kinder denken! Ich dreh’ durch, Lutz!«
»Ach, lass mich doch in Ruhe. Ich arbeite grad an unserem neuen Positionspapier, und diese Calau-Dönerbuden-Promo muss ich ja auch noch machen für die Miete. Gleich kommt auch noch dieses heiße Model vorbei, die will ein künstlerisches Shooting, da will ich mich voll reinstürzen. Ich bin ja jetzt eh’ raus, nach der Scheiße da. Setz’ dich doch einfach da hin und seh’ gut aus, das reicht.«
»Hey, Danke für nichts.«
»Denn alles was Du fühlst / liegt in Deiner Seele / und Du gehst den Weg zu Dir / niemals vergebens«
Während sich Kathrin am folgenden Tag rasierte, dachte sie über den Fernsehauftritt nach. Die Enttäuschung, die Roland und Lutz ihr zugefügt hatten, ließ sie nicht los. Sie entschloss sich, kein Wort über Roland zu verlieren, um ihr Gesicht zu wahren. Sie wollte lieber ganz normal über die wichtigen Anliegen sprechen, und erst Recht nicht über Lutz, dessen jüngste Sünden leider publik geworden waren. Kathrin wusste gar nicht mehr, auf wen sie wütender war: Roland oder Lutz.
»Es beginnt die Wirklichkeit / wenn die Träume enden«
Der TV-Auftritt erschöpfte Kathrin, machte sie aber auch extrem stolz. Dieser Typ von der Bundeszentrale für politische Bildung, da hatte sie ja Angst. Unberechtigt. Nur diese komische CDU-Schwuchtel, die war auch noch so schrecklich eloquent – “Schweigen ist Gold”, zum Glück fiel ihr dieses alte Sprichwort rechtzeitig ein. Sie bezog das komfortable Hauptstadthotelzimmer. Leider weder mit Lutz noch Lanz, bei dem sie lieber aufgetreten wäre. Aber der Sache war gut gedient, dachte sie.
Jetzt fippten die Anderen auch aus, nach diesem Frankreich-Ding. Leipzig wurde solidarisch, aber komisch laut, und Roland blieb weiter stumm. Und der Lutz immer, mit seinem schrägen Humor, echt. Die Dinge wurden kompliziert. Was wird bloß aus der Sache, dachte Kathrin. Und die Kinder. Es wurde ihr alles ein bisschen viel.
Sie sagten alles ab und Kathrin wandte sich ab von Lutz. Bei aller Liebe. Mit den Kindern Abendbrot.
»Alles kann, wenn du es willst / morgen passieren«
Jetzt sollte jetzt noch der Nachtalkohol am Spätkauf verboten werden, ganz wie in der islamisierten Türkei ein paar Jahre zuvor. Alles schien unterwandert. Und die Lutzlose neue Formierung der Sache, in der Kathrins deutsches Herzblut steckte – schlappe 2000 Leute. Die verlogene Presse sprach sogar von nur 500. Kathrin fühlte sich allein, so allein wie noch nie, sobald die Kinder im Bett waren. Kein Roland, kein Lutz, und sie hatte doch so viel gegeben. Sie verfluchte die treulosen Kerle und beschloss, in Zukunft noch stärker zu sein, und sei es allein.
»Ein Ende kann ein Anfang sein, auch für Dich / Der Glaube an dich selbst lässt Dich / nie im Stich«
(Alle Textzitate aus Roland Kaiser: “Alles Was Du Willst”)