Biertrinkende Opfer, hört die Signale. Herrentag ist abgeschafft!
Unsere Autorin Saskia Timm schreibt über die 50er-Jahre-Zumutung des sogenannten Herrentags. Wer danach noch fröhlich saufend im Bollerwagen den Berg runterrollt, hat wirklich Nerven. Überdies teilt Saskia fortgeschrittene Pläne eines reformierten Muttertags mit uns. Es wird an Penissen gezogen, über die selbstgemalten Bilder und Kuchen gepinkelt, und Montag hat Mutti Kopfweh, dann bitte mal die Schnauze halten.
Liebe Männer!
Respektive liebe Männer aus dem ostdeutschen Landstrich. Es heißt, erst einmal, Vatertag! Und nicht Herrentag! Vatertag heißt: VÄTER, also Männer, die bereits ein Kind gezeugt haben, treffen sich im Wald, am See, auf einer Hühnerfarm, fahren Fahrrad, Mofa oder Kremser, ziehen Bollerwagen hinter sich her und trinken alle fünf Min einen Schnapps zum Horst-Wessel-Lied oder so.
Später gibt es noch eine anständige Beulerei, weil irgendjemand irgendwas falsch verstanden hat wegen Aussprache – und dann geht man mit offener Hose und blauem Auge nach Hause, zerrt das Kind aus dem Bett und lallt jenem mit nassem Alkohol-Atem etwas Sentimentales in die Nase, bevor man beim Schuhe ausziehen im Flur zusammenbricht und dort liegen bleibt. Aber wie eingangs erwähnt: Es handelt sich hierbei um Väter! Wenn sich da so ein 16-iger Pickelfred einzuschleichen versuchte – es hätte gleich mal eine Backpfeife gegeben und mit Arschtritt runter vom Bock, marsch marsch nach Hause, Hausaufgaben machen!
Aber egal – auch scheiße.
Als wenn es etwas Besonderes wäre, in seinem Leben mal abgespritzt zu haben. Hurra, ich habe gefickt! Na, da sage ich: „Bravo!“.
Jetzt hängen an den Bahnhöfen (weil in die Kneipe darf man noch nicht), in den Parks und auf Plätzen teils noch nicht einmal 14-jährige Vollassis, trinken fucking Bitburger-Grapefruit, pissen alles voll und sind der festen Ansicht, Mädchen, Frauen oder sonst alles, was weiblich ist, anzugrabschen, vollzunöhlen, hinterher zu pfeifen, zu beurteilen oder sonst wie zu belästigen. Und zwar nochmal eine Spur härter, als man es eh schon das ganze Jahr ertragen darf. Weil: is‘ ja Herrentag!
Ich sag Euch jetzt mal was. Ich, so wahr ich hier spamme, werde ich einen ebensolchen Frauentag ins Leben rufen! Der Muttertag wird Euch nur noch als drollige Erinnerung bleiben.
Die hochverehrte Frau Sybille Berg hatte vor mehreren Jahren bereits eine ähnliche Idee, warum wurde das eigentlich nie umgesetzt? Und dann werden WIR besoffen in den Hecken hängen, Euch mit unseren High-Heels und Gummi-Clogs auf die Hinterköpfe hauen, an den Schwänzen ziehen, in Eure Cabrios kotzen, uns auf der Straße wälzen, Bier klauen, Drogen nehmen und mit unseren Bands die Stadt beschallen.
Und zwar auch mit Deiner Mutti!
Deine Mutti, die um 5:00 Uhr wieder zu Hause ist und ihre drei Flaschen Rotkäppchen Sekt über Deine guten Turnschuhe pinkelt und die dämlichen Kuchen und verfickten Blumensträuße aus dem Fenster wirft. Horden von randalieren, wütenden, ekstatischen Frauen, Omas und Mädchen werden durch die Häuserschluchten toben und Euch das Leben für einen Tag zur Hölle machen, als kleines „Danke sehr“ dafür, dass wir das ganze Jahr beleidigen, schlechter bezahlen, anmachen, belästigen, runterputzen und bodychecken lassen durften. Und Montag hat Mutti Kopfweh, dann bitte mal die Schnauze halten.
Dieser ganze reaktionäre 50er Jahre Scheißdreck mit Muttertag und Vatertag, ach pardon: Herrentag, ist ein Fehler im System – und wird in seiner ganzen Dummheit von Generation zu Generation weiter gegeben. Väter, Pardon: Männer = Party, Saufi, Ficki, Freiheit! Und zwar an einem Feiertag! Und danach is‘ Wochenende! Frauen, Pardon, Mütter = Kuchen, Familie, Blümchen, selbstgemalte Bilder, Backen, Putzen, Aufräumen. Und zwar an einem fucking Sonntag! See the difference? Boykottiert diesen Scheiß doch einfach! Fickt das Patriarchat, dann fickt Ihr das System! Feminism is the only way, Mann.