Linus Volkmann

Warum hasst man eigentlich die Streberband OK Go so sehr?

Es war einmal … eine Zeit, als auch ich noch dachte, ich könne oder würde sicher bald Fan von OK Go werden. Warum auch nicht? Ihr von Weezer abgeschabter Poprock besaß durchaus Potenzial und unvermittelt waren sie mit ihrem Choreo-Video „Here It Goes“ im frühen Web 2.0 sichtbar wie kaum eine Band je zuvor. Jener Clip zeigt sie ohne Schnitt auf vier Laufbändern unglaublich versiert und tight abliefern. Respekt!
Seit „Here It Goes“ sind nun 10 Jahre vergangen und die eigene Realität bezüglich der Band aus Chicago ist mittlerweile Folgende: Wenn wieder mal wo aufpoppt, „Ein irres OK-Go-Video, wie haben sie das gemacht? So genial!“, dann denkt man unwillkürlich: „Irgendwie habe ich eine schlechte Zeit im Internet. Ich sollte mehr spazieren gehen, Freunde treffen…“

Schuld an solch unheilvollen Gedanken ist die Band aus Chicago. Dieser diffusen Abneigung habe ich in langen Jahren in einem geschlossenen Raum auf den Grund zu gehen versucht. Meine Notizen teile ich nun hier auf Kaput.

Das Offensichtliche
Die Musik ist scheiße! Beim Betrachten einer ihrer Clips mag danach sicherlich etwas hängen bleiben, aber bestimmt nicht der Song. Dieser Umstand lässt das Seh-Erlebnis unangenehm wirken. Eigentlich ist man mit diesem digitalen Choreo-Pomp nur einer Werbekampagne aufgesessen. Und zwar für ein schlechtes Produkt.

Die Berichterstattung
Dass OK-Go-Videos virale Power besitzen, ist mittlerweile zu einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung geworden. Fast so leer wie ihre Hintergrundmusik. Da jeder gelernt hat, OK-Go-Clips bringen Klicks, werden sie verbreitet und geteilt. Pflichtschuldigkeit statt Faszination. Und so lesen sich dann auch die Antexter der unzähligen OK-Go-Putzerfische. Ich wollte hier mal einen ausstellen, aber alle, die ich fand, waren so öde, dass es schon wieder öde war.

Der Ausverkauf
Der Schritt ist so naheliegend wie trist. Wenn man lediglich Oberfläche ist und in einer aufmerksamkeitserzeugenden Werbeästhetik agiert, warum sollte man sich dann nicht gleich kaufen, sponsoren oder branden lassen? So kaufte sich Chevrolet die Band und ließ sie vor drei Jahren Reklame fahren mit ihrem Wagen – aber vor allem mit einem Hybriden aus Autowerbespot und Song. „Needing / Getting“ sein treffender Name.

Die Sauerei
Im Mittelalter war der sense of wonder noch fester Bestandteil des Denkens. Die Welt ein Rätsel und bestenfalls Gottes schlechterdings des Teufels Plan. Doch im dritten Jahrtausend haben wir keinen Bock mehr auf Geheimnisse – ausgenommen religiöse Irre natürlich, no homo! Und OK Go verkörpern mit ihren Videos den ultimativen Tease. Wie habt ihr das gemacht? Keine Antwort. Das mag ein paar Mal die Spannung halten können. Auf Dauer bereitet dieser Zustand körperliche Schmerzen. „Entweder der Magier verrät endlichen seine Tricks,  oder ich lasse ihn hinrichten!“

Die Erlösung
OK Go werden zumindest einen Makel nicht los: Trotz ihrer Akrobatik, trotz ihrer vielbeschworenen „Genialität“ wird man sie auf ewig als unglaublich kunstlose Band wahrnehmen. Als Streber, als affirmativ, als der Inbegriff von FDP-Pop … aber eben nie als wirklich geil. Nun, das zumindest beruhigt sehr.

(Der Service
Falls es einen glücklichen User gibt, der die Band und ihr Tun tatsächlich nicht kennen sollte, sei der hier doch auch mal mit Anschauungsunterricht gequält. Und bei 31 Millionen views auf youtube (!) ist es jetzt ja auch eh schon alles egal…)

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