Zur Hölle mit allen, die bremsen wollen: Japandroids „Celebration Rock“

„Ich empfinde keinerlei Scham beim Aussprechen der Tatsache, dass ich bei den besten Momenten der letzten 25 Jahre –definitiv nicht nüchtern war“ (Lennart Brauwers)
Japandroids
„Celebration Rock“
(Polyvinyl Record)
„Gimme that night you were already in bed, said ’fuck it’, got up to drink with me instead.“
(Japandroids in „Younger Us“)
Dass er Alben nicht nur aufnehmen, sondern selbst eins sein möchte, hat Thurston Moore (von Sonic Youth) mal gesagt. Empfinde ich ähnlich – und so begann mein Kopf zu rattern: Welches Album wäre ich gerne? Was für eine Platte könnte mich repräsentieren? Wie möchte ich wahrgenommen werden?
Nach einem intensiven Ausschlussverfahren – kein uraltes Album, nichts Glattgebügeltes oder gar Verkopftes – klickte es irgendwann: Am geilsten wäre es natürlich, „Celebration Rock“ von den Japandroids zu sein. Völlig klar! Das großartige Zweitwerk des kanadischen Rockduos trägt seine Genrebeschreibung schon im Titel, so handelt es sich hierbei um Rock’n’Roll zum Feiern – oder halt um Rock’n’Roll, der selber abfeiert, was dieser Genrebegriff (und Lebensstil) eigentlich bedeutet.
Mit anderen Alben, die 2012 herausgekommen sind, hat „Celebration Rock“ also nichts zu tun. Absolut gar nichts. Stattdessen haben Brian King (Gitarre) und David Prowse (Drums), die beiden Classic-Rock-Experten in Japandroids, den ästhetischen Geist ihrer Helden eingefangen; und zwar auf eine Weise, die völlig authentisch rüberkam. Denn die energiegeladene Platte klingt so, als hätten sie die Essenz von Bruce Springsteens „Born to Run“ – also: zusammen können wir alles schaffen, solange wir schnurstracks auf den Horizont zufahren und niemals aufhören – in ultrasimple/-direkte Rockhymnen destilliert, dabei jeglichen Schnickschnack weggeworfen und die pure Mentalität des Rock’n’Roll offengelegt. Schmeiß deine Ängste aus dem Fenster, die braucht eh niemand! Zur Hölle mit allen, die mich bremsen wollen! Alkohol und Kippen sind zwar schlecht für einen, aber eigentlich auch nicht! Dieses Album enthält insgesamt acht Songs, und theoretisch könnten sie alle auch ‚Party Rock Anthem‘ heißen.
Das ist Musik, zu der man vor Glück die Fäuste gen Himmel wirft. Nein, im klassischen Sinne cool ist das keineswegs: Die Platte startet und endet mit Feuerwerksgeräuschen, immer wieder gibt’s grölende „Oh! Oh! Oh!”-Refrains, ein Song heißt „Adrenaline Nightshift”, „Arm in arm with me tonight, singing out loud ’Yeah! Yeah! Yeah!’“, heißt es im epischen Closer „Continous Thunder“. Diese Worte rüberzubringen, ohne dabei peinlich zu wirken, ist ein nicht zu unterschätzender Meisterakt.
Ich empfinde keinerlei Scham beim Aussprechen der Tatsache, dass ich bei den besten Momenten der letzten 25 Jahre – also meines gesamten Lebens, ich bin 2000 geboren – definitiv nicht nüchtern war. Von den euphorischen, lebensbejahenden und daher denkwürdigen Momenten, die Japandroids auf „Celebration Rock“ beschreiben, hatte ich sehr viele. Natürlich hat man auch viel Scheiße erlebt, doch wenn ich dieses Album auflege, bleiben nur die guten Stunden übrig. Es bleiben nur die besten Rockklassiker erhalten, der Rest fällt weg; nur Positivität erfüllt mein Herz, alles Negative verpufft.
„It’s a lifeless life, with no fixed address to give. But you’re not mine to die for anymore, so I must live.“ (Japandroids in „The House That Heaven Built“)
Lennart Brauwers







