Kevin Spacey als Frank Underwood
Auch in der dritten Staffel von „House of Cards“ bleibt sich Frank Underwood, der Mann mit den Fuck-You-Initialen FU, treu. Gleich zu Beginn steht er – wir erinnern uns: mittlerweile als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika – vor dem Grab seines Vaters und holt seine FNOTUS (First Noodel of the US) raus und pisst.
In den zwei vorangegangenen Staffeln konnte man Kevin Spacey dabei beobachten und bewundern, wie er sich als Frank Underwood durch den Kongress hochgearbeitet hat und es über die Rolle des Vize-Präsidenten schließlich auf den heiligen Gral der US-amerikanischen Politik geschafft hat. Am Ende der zweiten Staffel stand die Frage im Raum, was denn jetzt noch kommen mag?
Ja, was haben David Fincher, Kevin Spacey und der Rest der Crew in Petto? Die Antwort: wenig!
Doch auch wenn diese Serie selbst dann wunderbar funktioniert, wenn man etwaige Wege und Umwege schon kennt, liegt es in meiner Fürsorgepflicht nicht zu viel zu erzählen.
Das Spiel von Spacey ist nach wie vor beeindruckend. Es ist ihm gelungen, für die Rolle quasi die Abgefucktheit von Lester Burnham (den er in „American Beauty“ gab) nicht nur beizubehalten, sondern mit Kraft, Wahnsinn, Skrupellosigkeit und Potenz noch anzureichern. Anders als der (Möchtegern-)Naturalist der amerikanischen Politikserien Aaron Sorkin, der in seiner nunmehr zehn Jahre alten Serie „The West Wing“ die Präsidentschaft sehr gutgläubig verarbeitet hat, wird sich hier dem Politikdschungel in Washington wirklich angenommen. Der Präsident in „The West Wing“ ist ein gänzlich anderer: ein Kämpfer für das Gerechte – und somit auch ein Kind seiner Zeit, da er ganz offensichtlich einen notwendigen Gegenentwurf zur Bush-Jr.-Ära repräsentiert.
Beau Willimon, der Hauptautor von „House of Cards“, hat in Zusammenarbeit mit Fincher und Spacey hingegen einen gänzlich unterschiedlich aufgestellten Typen erschaffen. Einen für unsere Zeit der Politikverdrossenheit. Keine der Handlungen von Frank Underwood ist in dem Sinne politisch, als dass er eine politische Agenda neben der eigenen Macht verfolgen würde – Macht und Machterhalt sind die einzigen Ziele, die Underwood kennt. Und dies seltsamerweise ohne dass – von einem paar wenigen Journalistenrollen mal abgesehen – jemand intervenieren würde.
Ein Präsident für unsere Zeit also? Das darf und muss sogar bezweifelt werden. Underwood ist eher der Alptraum, den einige schon träumen. Das ist gemachte Apolitik, die all jenen in die Karten spielt, die glauben, dass Washington (Berlin, Paris, Brüssel, etc.) ein Haufen sei, der im besten Falle sich selbst zerfetzt und Steuergelder auffrisst – und im schlechteren (welt-)verschwörerisch auftritt. (Sowohl die amerikanische Tea-Party als auch Pegida lassen hier grüßen.)
Während den Verhandlungen zur EU-Osterweiterung 2003 trug Anders Fogh Rasmussen, ehemaliger Regierungschef Dänemarks und heutiger Nato-Generalsekretär, ein kleines Mikrofon. Dieser „Lauschangriff“, der dann später auch in der Dokumentation mit dem dämlichen Titel „Alles Banditen“ benutzt wurde, prägt das Bild einer EU, die von den Selbstinszenierungen der verschiedenen Länder und deren Politiker bestimmt wird. Für einige Beobachter war dies das fehlende Puzzlestück: So sieht doch keine Politik aus. Schaut und hört man genauer hin, so lässt sich jedoch feststellen, dass mit harten Bandagen (und dem eigenen Klientel im Hinterkopf) um Gelder, Sitze und Ansprüche gekämpft wird und insofern dann eben doch reale Politik betrieben wird.
Frank Underwood kennt das nicht. Sein Kampf ist ein anderer, ein Politik zersetzender.