Ein Morgen mit Gerd Janson – und Narciss
Eine Nacht mit Gerd Janson – und Narciss
Panorama Bar Berlin im Februar 2024
von Ginger Güttler
Eine Running Back Label Night bringt Space Dimension Controller (live), die finnische DJ und Producerin Katerina, Gerd Janson, Narciss und das Berliner Duo DJ Heartstring zusammen. Remixe und Releases auf Janson’s Label verbinden die scheinbar ungleiche Gang, in der die Chemie aber so sehr stimmt, dass der Funke auch auf Kaput-Jungautorin Ginger Güttler überspringt und Gerd Janson eine neue Befürworterin aus der Gen Z gewinnen konnte, „ein knuddeliger, sympathischer Typ, ungefähr im Alter von meiner Mama, ein bisschen jünger vielleicht.“ Ein Mehr-Generationen-Party-Bericht.
Zum ersten Mal alleine ausgehen, aufregend. Wirklich viel war ich noch nicht in Clubs unterwegs, denn als ich nach der Schule für ein erstes Praktikum nach Berlin gezogen war und es endlich hätte losgehen können, kam eine Pandemie dazwischen. Im Sommer zuvor war ich noch auf der Fusion, mein erster Festivalbesuch. Doch dann ging das Leben online weiter, was für Menschen wie mich – Digital Natives, Gamer und in der Online-Community groß geworden – nichts besonderes war, wir sind einfach vor dem Computer sitzengeblieben. Wenn auch schleppend, ging danach das Offline-Leben wieder los, obwohl sich viele in meinem Alter (23) noch nicht ganz bereit fühlten, bis heute noch nervös werden, wenn sie unter Menschen gehen, auch ich kenne das.
Aber im Februar 2024 konnte mich nichts mehr aufhalten: Narciss in der Panorama Bar! Als ich endlich auf dem Weg war, klingelte ich sogar meine Mutter an, so übertrieben aufgeregt war ich. »Mach dir keinen Kopf, wegen Kindern wie dir werden solche Läden doch gemacht,« machte sie mir Mut. Aber meine Knie schlotterten dann doch, als ich vor dem Türsteher stand. Dann ging plötzlich alles ganz schnell, eine Stimme sagte kurz, bestimmt und sehr freundlich „Viel Spaß“ und nur wenige Augenblicke später empfing mich der Bunker mit Bässen und einem Wummern, das ich bis in meine Knochen spürte. Und ich wusste, warum ich hier war.
Der Dancefloor war zu Beginn noch relativ leer, viele unterhielten sich und wippten dabei zur Musik. Weder Katerina noch der Liveact konnten – zumindest mich – besonders beeindrucken, es hat zwar ordentlich gewummst, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ich etwas besonders bedeutungsvolles höre. Trotzdem hab ich mich mitten auf den Floor begeben, um eine bessere Akustik zu genießen, und mich einfach fallen lassen zu können. Mir wurde wohlig und mein Körper immer lockerer, und ich merkte, dass ich alleine, aber nicht einsam war. Bis zwei Uhr wurde sich warm getanzt.
Bei Gerd Janson wurde es immer voller und der Dancefloor wuchs und breitete sich aus, bis überall getanzt wurde. Sein classy House Set hatte eine harmonische Selektion und schönen Aufbau, Struktur und Flow. Die Musik riss mich mit und ich tanzte beinahe bis zum Umfallen, zu einer Pause musste ich mich regelrecht zwingen. Als die Musik einen Höhepunkt erreichte, klatschten sich Gerd Janson und Narciss mit einem High-Five ab und die zwei DJs strahlten sich an, die Aufrichtigkeit zwischen den beiden und die Freude über den gemeinsamen Abend waren spürbar. Applaus brach aus.
Als Narciss von Gerd Janson übernimmt, wechselt auch die Crowd in Windeseile die Plätze, Team Narciss löst Team Janson auf der Tanzfläche ab. Es ist deutlich zu merken, dass sich die Musik- und Spielstile der unterschiedlichen Acts wie Katzen ihre Menschen suchen. An der Bar oder im Raucherbereich trifft sich, wer gerade nicht tanzt. So geht das wieder und wieder, alle kreisen umeinander und miteinander, mal zusammen tanzend, mal aneinander vorbeigehend, mal nebeneinander an der Bar stehend. Neue Freunde finden sich.
Narciss war unglaublich toll anzuschauen. Deren Energie und Ausstrahlung, das Outfit, Makeup und die manikürten, krallenförmigen Nägeln – alles war in sich stimmig. Deren Spielfreude ist ansteckend. Die Musik bounced sich durch den Raum und durch die Herzen, dass man meint, Farben zu sehen. Alles fließt vor Bewegung und egal wo man sich hintreiben ließ, nie konnte man sich der mitreißenden Mischung aus Upbeat, Vocals und Melodien entziehen.
Narciss auflegen zu hören und dey dabei zu sehen, war inspirierend. Die Auswahl der Tracks zeigt, dass Narciss ein großes Musikwissen mitbringt, und der daraus entstehende Sound bringt eine unverwechselbare Handschrift hervor. Nicht nur in DJ-Mixen, auch in einzelnen Tracks erkennt man Narciss sofort wieder. Außerdem macht deren authentische Ausstrahlung, die nebenbei noch traditionell maskuline Klischees auseinandernimmt, dey zu etwas besonderem. Aus Perspektive einer Gen Z, die zu viel Zeit im Internet verbringt, ist Narciss eine erfrischende, positive Persönlichkeit, die dich mit deren Energie mitnimmt. Man wird inspiriert, seinen eigenen Stil zu finden, ganz egal, mit welchen Gender-Stereotypen man groß geworden ist.
Aktuelle Gigs:
19.05. PollerWiesen Dortmund
12.07. Stone Techno Festival Dortmund