Furcht und Elend in der Berliner Republik
Am 12. April 2018 wurde in Berlin der Echo, der wichtigste deutsche Musikpreis vergeben. In der Kategorie „HipHop Urban National“ siegte Kollegah (aka Felix Blume) mit seinem Buddy Farid Bang. Glückwunsch für diesen Riesen-Erfolg ihres gemeinsamen Kollaboalbums „Jung brutal gutaussehend“! Oder doch, ungleich besser: Glückwunsch für diesen Erfolg? Denn immerhin enthielt das prämierte Album ja die von Farid Bang gerappte Punch-Line „Mein Körper, definierter als von Auschwitz-Insassen.“. Trotzdem hielt es von all den Preisträgern und geladenen Gästen nur Campino, Frontmann der Band Die Toten Hosen, für geboten, wenigstens etwas dagegen zu halten. Gut, einige der anderen Anwesenden buhten, als Kollegah und sein Kollegah anschließend mal eben durch eine auf der Bühne präsentierte Karikatur zeigten, dass sie inhaltliche Kritik auch als Teil ihres martialisch inszenierten Battle-Geposes betrachten und dementsprechend jederzeit bereit sind, den Kritiker zeitnah als Person, hier wohl eher als ,heulende Pussy’ zu dissen.
Schon vor der Verleihung hatte es, leider längst nicht überall, kritische Pressestimmen gegeben und der Ethikrat des Echos fand die äußerst zynische Verhöhnung der Opfer der ,Endlösung der Judenfrage’ nicht wirklich endgeil. Aber einzig Uta Losem, die Vertreterin der gerne als ,Moralapostel’ bezeichneten, ja ebenfalls des Öfteren verhöhnten Katholischen Kirche in diesem Gremium, tat das einzig Richtige: gegen die Zulassung des Albums bei der Verleihung von Deutschlands höchstem Musikpreis zu stimmen.
In diesem Essay wird es um Antisemitismus und den Musikpreis Echo gehen, um Furcht und Elend der Berliner Republik, um die politische Dimension des Skandals, aber auch um Fragen der Moral, sowie allzu einfache und stereotype Feindbilder. Auch wenn der Echo mittlerweile Geschichte geworden ist, bedarf die diesjährige Verleihung dieses Preises einer gründlichen Aufarbeitung, eines Echos der Schande. Das nachfolgende Essay versteht sich als ein engagierter und sicherlich pointierter Beitrag zu diesem absolut geboten erscheinenden Prozess.
Vom Schulhof auf die ganz große Bühne
Meine Kindheit und Jugend habe ich noch in der Bonner Republik verbringen dürfen, die, zumindest im Rückblick, in vielem eher beschaulich bieder gewesen war und noch durch Wachstum und Fortschritt verwöhnt. Allerdings waren von älteren Mitbürgern in dieser Zeit Sprüche wie etwa „Das hätte es beim Führer nicht gegeben!“ recht häufig zu hören gewesen, ebenso Kriegserinnerungen. Der jüdischstämmige Comedian und Autor Oliver Polack forderte unlängst in seinem sehr lesenswerten Beitrag „Echocaust- die Endlösung der Moralfrage“ völlig zurecht auch die Empörung derjenigen über die Echo-Vergabe an Kollegah, die mindestens einen Nazi-Opa haben und, um es gleich vorab zu sagen: mein familiärer Background qualifiziert mich diesbezüglich zweifelsohne bestens.
Die früheste bewusste Erfahrung mit Antisemitismus machte ich allerdings nicht im Kreise der Familie, sondern auf dem Schulhof. Nicht etwa, dass es bei uns Juden an den Schulen gegeben hätte, dafür hatten die Nazis und all ihre willigen Helfer ja leider gründlichst gesorgt. Es gab sogar nur recht wenige Kinder von „Gastarbeitern“, die gerne mal, je nach Herkunft, als „Spaghettifresser“ oder „Kümmeltürke“ bezeichnet wurden, die alltägliche Fremdenfeindlichkeit eben, gelegentlich mit einer Prise Rassismus versehen. Eine, im nachhinein inhaltliche Qualität deutlich bedenklicherer Art hatte dann jedoch eine, in meiner Schule kursierende Umdichtung des ersten großen Hits der Gruppe Kraftwerk: „Fahr’n, fahr’n, fahr’n auf der Autobahn, mit nem Juden hintendran!“. Besonders bemerkenswert erscheint mir daran aus heutiger Sicht, dass in einer Zeit, als das Thema Holocaust, wenn überhaupt, erst ansatzweise Eingang in die Lehrpläne oberer Klassen gefunden hatte, noch immer eher unbekannte Details des NS-Vernichtungsprogramms, in besagter, vermeintlich kindlich naiver und lustiger Form, selbst auf den Schulhöfen kursierten. Dies war übrigens die zynische Kehrseite der sich besser wissend wähnenden Behauptung, dass “früher (oder auch beim ,Führer’) schließlich nicht alles schlecht gewesen sei“, wobei dann recht regelmäßig unter anderem auch der Hinweis auf die Autobahnen des Dritten Reiches folgte. Im weiteren Verlauf meiner Schullaufbahn begegnete mir dann am Gymnasium folgendes Crossover zweier geschmackloser, aber gleichwohl recht beliebter Genres von Witzen: „Was ist der Unterschied zwischen Türken und Juden?“, Achselzucken, „Die einen haben es hinter sich, die anderen vor sich!“, allgemeines Lachen- wer wagt es, hier auf dem Schulhof, die Spaßbremse, den moralinsauren Nörgler zu spielen?
Dies alles sind, wohlgemerkt, persönliche Erinnerungen aus der Zeit vor der Ausstrahlung der Fernsehserie „Holocaust“, welche dann 1979 zumindest den westlichen Teil der Nation völlig zu recht schockierte, bestürzte, ja, betroffen machte, allerdings wohl aber kaum das erste Mal über Details der NS-Verbrechen in Kenntnis gesetzt haben dürfte. Immerhin setzte im Anschluss daran eine verstärkte Beschäftigung mit dem Holocaust ein, nachfolgend auch mit anderen Verbrechen, die während der NS-Zeit verübt worden waren. Im wiedervereinigten Deutschland fingen Neonazis später dann tatsächlich an, die im oben genannten ,Witz’ enthaltene ideologische Programmatik in eine Serie terroristischer Anschläge umzusetzen und gezielt Menschen türkischer Herkunft umzubringen oder solche, die sie dafür hielten. Zu erwähnen wäre in diesem Zusammenhang noch, dass rechte Rassisten jeglicher Couleur und Radikalität in der Zwischenzeit in zunehmenden Maße islamophob argumentierten und agierten.
Der Schock, welche die Serie „Holocaust“ in den späten 1970ern in deutschen Wohnzimmern, aber auch der breiteren Öffentlichkeit auslöste, erschien als äußerst heilsam. Das, was man früher unter anderem mit dem völlig unpassenden Begriff „Vergangenheitsbewältigung“ bezeichnete, kam immer mehr in Gang und wurde dann mit der Berliner Republik zum Teil offizieller staatlicher und staatlich geförderter Erinnerungskultur. Gleichwohl erinnert mich das Geschehen bei der diesjährigen Echoverleihung fatal an das, was ich vor der angeblichen Bewältigung der Vergangenheit, dem immer wieder beschworenen Lernen aus ihr, erleben musste. Einer, der die ,Eier’ dazu hat, bringt einen geschmacklosen ,Witz’, der kein bisschen witzig ist, sondern in seinem Zynismus in etwa so ,lustig’ ist wie „Arbeit macht frei!“ oder auch „Jedem das seine“ oder eben auch das Bekennervideo der Rechtsterroristen des NSU. Das fanden und finden Nazis lustig, aber leider längst nicht nur die. Andere ,witzig’ menschenverachtende Lines werden heute im Kontext der Battles des Rap goutiert, was bekanntlich nicht nur auf den deutsprachigen Gangsta-Rap beschränkt ist, aber scheinbar stets durch die Gepflogenheiten des Genres und die Freiheit der Kunst gedeckt ist.
Aber es geht an dieser Stelle zunächst nicht um die Grenzen der Kunstfreiheit oder gar die Frage, warum Battle-Rap funktioniert, wie er eben funktioniert, sondern um die deutsche Echo-Verleihung an das in Deutschland bestverkaufte Deutsch-Rap-Album, die in der deutschen Hauptstadt stattfand und im deutschen Fernsehen bundesweit ausgestrahlt worden war. All das hat dann, trotz gegebener US-Amerikanischer Vorbilder und einer völlig zu recht hoch angesetzten Kunstfreiheit, zunächst etwas mit Deutschland und der bundesdeutschen Gesellschaft zu tun. Denn der Festsaal dieser Prämierung ist zum Schulhof gemacht worden. Einer machte, was an Orten wie diesen, zumindest öffentlich, völlig zurecht geächtet ist: er haut nen antisemitisch konnotierten ,Witz’ heraus, der in diesem Fall gar noch bis in den letzten Winkel der Republik mediale Verbreitung fand und im Netz weiterhin abrufbar bleibt. Immerhin sah man keinen der vor Ort Anwesenden lachen, denn die haben wohl zumeist das Gymnasium durchlaufen und wissen dementsprechend, zumindest weitgehend, wie man sich am Orten wie diesem zu verhalten hat: im günstigsten Falle empört. Aber nur einer wagte es, vor laufender Kamera wenigstens nicht nur den Spielverderber zu spielen, sondern auch, an dieser Stelle die völlig uncoole Rolle des ,Moralapostel’ zu übernehmen und seine Kriterien für Grenzen der Kunstfreiheit zu benennen.
Danke Campino- ich denke, dass dafür ebenso Respekt gebührt, wie für das bereits erwähnte „Nein“ von Frau Losem. Wenn man sich ein wenig mit den Texten des Sängers der Toten Hosen beschäftigt, wird übrigens relativ schnell klar, dass er eine katholisch geprägte Kinderstube hatte. Diese stellt allerdings keine notwendige, ja noch nicht einmal generell eine hinreichende Bedingung für seinen Einspruch beim Echo dar.
Symbole der Schande
Die Musiker des Notos-Quartetts waren die ersten einer ganzen Reihe von Künstlern, die ihren Echo-Preis aufgrund des Skandals mittlerweile zurückgegeben haben. Und diese Klassiker fanden auch gleich die richtigen, wenn auch antiquiert moralisierend klingenden Worte und bezeichneten den Musikpreis aufgrund des skandalösen Vorfalls als „Symbol der Schande“. Interessanterweise korrespondiert dies, vielleicht sogar nicht ganz unbeabsichtigt, mit der Rede vom „Denkmal der Schande“ des AfD Rechtsaußen Björn Höcke. Diese Bezeichnung, für sich allein genommen, ist eigentlich höchst treffend. Das Mahnmal für die ermordeten Juden Europas im Zentrum der bundesdeutschen Hauptstadt stellt wahrlich ein Denkmal der Schande dar. Zu ergänzen wäre sogar, dass es in der unmittelbaren Umgebung gleich drei weitere Denkmäler der Schande für andere Opfer der NS-Terrorherrschaft gibt. Entgegen der bekanntlich nachgeschobenen, dann tatsächlich höchst skandalösen Forderung Höckes nach einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“, bedarf es im Falle aller vier Berliner Denkmale- und weit darüber hinaus- allemal der konkretisierenden Erinnerung an die mit den jeweiligen NS-Verbrechen verbundene Schande.
Auf bundesdeutschen Schulhöfen hört man heutzutage Schimpfwörter wie etwa „Du Spast!“, „Du Schwuchtel!“, „Du Kanake!“, „Du Pole!“, „Du Jude!“ oder „Du Zigi!“. Dies stellt zweifelsohne ein Problem dar, allerdings zunächst ein pädagogisches. Wichtiger- und hoffentlich auch wirkungsvoller- als der in der Situation sicherlich gebotene Zeigefinger ist die historisch-politische Aufklärung darüber, dass, neben rund sechs Millionen Juden, sowohl Menschen mit Behinderung, Polen und andere Osteuropäer und Homosexuelle Opfer des rassistisch motivierten Mordens der NS-Täter geworden sind und es heute auch Mordanschläge von Neonazis auf Menschen aus der Türkei und anderen muslimisch geprägten Ländern gibt. Ungleich schlimmer als Beleidigungen ist es allerdings, wenn sich Juden auf bundesdeutschen Schulhöfen und anderen öffentlichen Orten nicht mehr als Juden sicher fühlen können.
Hinter den diffamierenden Bezeichnungen auf den Schulhöfen stehen verschiedene Motive und seltenst schon manifeste ideologische Denkmuster, zumal die Beleidigten bekanntlich längst nicht immer der jeweilig gemeinten Gruppe angehören. Allerdings weist die Häufung derartiger Beleidigungen und auch eine allenthalben stattfindende Ethnisierungen auf eine erhöhte Virulenz von Ideologien hin, und gerade die Diskriminierungen und die erfolgten Übergriffe auf jüdische Schüler indizieren eine Radikalisierung. Der diesjährige Gewinner des Echos in dem Genre HipHop wird durch seine Beliebtheit auf den Schulhöfen leider seinen Beitrag dazu leisten, zumal er ja auch ansonsten im Rahmen seiner Rap- und Battle-Künste inhaltlich häufig die Sprache der Schulhöfe spricht. Diejenigen, die sich mehr oder weniger zurecht im Ghetto sehen, oder auch sich auch nur bewusst als ehemalige Ghettobewohner inszenieren, um ihre Karriere als Gangsta-Rapper zu befördern, sorgen dafür, dass Juden in Deutschland sich erneut ins sicherer erscheinende Ghetto von eigener Wohnungen oder, je nach eigener Religiosität, auch der Synagoge zurückziehen müssen.
Das Versagen unserer staatlichen Institutionen, aber auch unserer Gesellschaft in Sachen Antisemitismus ist eine Schande! Eine Schande, für die unlängst der Echo zum Symbol geworden ist und die im Zusammenhang mit dem „Denkmal der Schande“ steht, das den ermordeten Juden Europas gewidmet ist. Diese fielen dem rassistisch motivierten Antisemitismus der Nazis zum Opfer zu dessen Symbol Auschwitz geworden ist. Auch wenn unter den rund eine Millionen Opfern dieses Vernichtungslagers nicht nur Juden waren, liegt es auf der Hand, dass sich die Textzeile „Mein Körper ist definierter als von Auschwitz-Insassen“ auf diese größte und bekannteste Gruppe von Opfern bezog. Eine gesellschaftlich etablierte Erinnerungskultur, die zurecht völlig für zuwenig Aufklärung und zu viel „gefühlte Opfer“ (Jureit/ Schneider) kritisiert worden ist, kann wohl kaum alleine verhindern, dass die Opfer an die erinnert werden soll, zumal jüdische, verhöhnt werden. Bezeichnenderweise hört man denn auch auf den Schulhöfen, noch vor allen anderen genannten Begrifflichkeiten, „Du Opfer!“. Dem ist dort, in den Klassenzimmern und im sonstigen öffentlichen Raum entgegenzuwirken, vor allem aber in den Köpfen. Wenn man jedoch das Schulhof-Gepose beim Echo nicht nur durchwinkt, sondern sogar noch prämiert, darf man sich über die absehbaren Folgen für die Schulhöfe und die Gesellschaft nicht wundern. Allerdings- und genau dieses, auch in der jetzt durch den Echo ausgelösten Diskussion allzu gerne übersehene Detail ist entscheidend- hat das Schulhof-Gepose des Kollegah (wie auch manches anderen) einen manifesten Hintergrund. Dieser besteht in der höchst unheiligen Allianz von Islamismus und Antisemitismus, die sich allzu gerne unter dem Deckmantel von „Pro Palestine“ und Antizionismus versteckt.
Die Urheberschaft der Textzeile ist geklärt, Verantwortlichkeit ist gegeben. Angesichts der Produktions- und Promotionsprozesse dürfte diese aber wohl kaum nur bei Farid Bang und Kollegah zu suchen sein. Die gegebene moralische Schande der Echo-Verleihung wird jetzt allzu gerne voll und ganz auf den Ethikrat delegiert, liegt aber zweifelsohne auch bei der Plattenfirma BMG, bei der Kollegah unter Vertrag steht. Die hat, nachdem das Album nach der Echo-Verleihung auf Platin gegangen ist, Spenden für Projekte gegen Antisemitismus an Schulen angekündigt. Ich meine, diese sollten dann wohl am besten der „Wiedergutmachung“ für künftige jüdische Opfer auf Schulhöfen gewidmet werden. Allerdings ist der entstandene moralische, politische und gesellschaftliche Schaden nicht mal eben „wieder gut zu machen“ und diese gönnerische Geste erscheint nur als medienwirksame Makulatur, die wohl kaum wirklicher Einsicht geschuldet sein dürfte, zumal man Kollegah und Farid Bang jeweils gleich den ,Persilschein’ des Nicht-Antisemiten ausstellte.
Auch Herr Stein, wesentlicher Initiator des Echo-Preises, zeigte nach dem Skandal keinerlei öffentliche Reue. Das Album, so meint er weiterhin, habe den Preis verdient, weil es die höchsten Verkaufszahlen erzielt habe. Angesichts des Primats der Ökonomie zählen angeblich keine anderen Kriterien, keine moralischen und keine politischen. Aber warum verweigerte man dann vor einigen Jahren Freiwild den Echo und die ganz große Bühne wegen rechtsradikaler Tendenzen und bot sie jetzt Kollegah und Kollgah Farid trotz des gegebenen antisemitischen Kontextes? Dieser schwingt in der Textzeile lediglich explizit mit, offenbart sich aber in anderen Tracks und ihren Videos recht schnell und vor allem eindeutig. Die Verlautbarungen anlässlich des Aus des Echos in bisheriger Form machten jedoch erneut deutlich, dass man auch nach dem Skandal nicht den offensichtlich gegebenen Inhalt an sich für bedenklich hält, sondern lediglich den durch ihn ausgelösten Schaden der „Marke Echo“.
Furcht und Elend in der Berliner Republik
Mit der Wiedervereinigung des Jahres 1990 ist das Gedenken und Erinnern an die NS-Opfer zur ritualisierten Staatsräson geworden. Dass dies nicht unumstößlich ist, machte der AfD-Abgeordnete Hansjörg Müller unter anderem dadurch deutlich, dass er nach einer Rede der Holocaust-Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch im Rahmen einer Feierstunde des Deutschen Bundestages offensichtlich Schwierigkeiten hatte zu applaudieren und sich am Ende zu erheben. Das ist kein Verhöhnen des Opfers, allerdings ein respektloses Verhalten gegenüber diesem. Vor allem aber behauptete Müller später, dass Frau Lasker-Wallfisch im Rahmen einer „Art des Gedenkens“, die er nicht „als aufrichtig“ empfinde „instrumentalisiert“ worden sei, obwohl die Dame doch selbst ausdrücklich das Verhalten der Bundesregierung bei der Aufnahme von Flüchtlingen aufgrund ihrer eigenen geschichtlichen Erfahrungen lobte. Die Rechtspopulisten der AfD wahren, wenn auch teilweise mühsam und wenig überzeugend, zumindest den Grundkonsens, antisemitische Einstellungen und Unterstellungen nicht (allzu) öffentlich zu machen.
Mit Migranten aus muslimisch geprägten Ländern wird von ihnen ein neues Feindbild propagiert, jedoch erinnert diese Islamophobie ihrem Wesen und ihrer Funktion nach an den Antisemitismus. Dementsprechend heißt denn auch in einem Tweet der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel in Reaktion auf den Echo: „Farid Bang: Nichts weiter als ein asozialer Marokkaner! Staatsbürgerschaft aberkennen und abschieben“ Damit hat man den tatsächlich nicht unschuldigen, aber eben längst nicht alleinigen, Sündenbock gefunden. Dessen Karriere als Rapper und Künstler wird ebenso negiert wie sein deutscher Geburtsort und seine nun mal gegebene deutsche Staatsbürgerschaft. Bei dementsprechender Betonung wird sogar noch darauf hingewiesen, dass man ihn nur als einen von vielen asozialen Marokkanern, sonstigen ,Nafris’ oder, noch pauschaler, ,Ausländern’ sieht- so funktioniert rassistische Propaganda! Und sie funktioniert durch bewusste Auslassungen, denn es hätte ja ebenso gut auch heißen können: „Kollegah: nur ein deutscher Antisemit!“ oder aber auch „Farid Bang: nur ein deutscher Antisemit mit marokkanischem Migrationshintergrund!“.
Wolfgang Niedecken, sich links positionierender Vorzeige-Deutschrocker in Sachen politisches Engagement gegen Rechts war bei der Echo-Verleihung als musikalischer Begleiter von Klaus Vormann dabei. Im Nachhinein will Niedecken von der gesamten vorhergegangenen Debatte nichts gewusst haben, spricht von Respektlosigkeit, delegiert die Verantwortung voll und ganz auf den Ethikrat, obwohl er unmittelbar nach den beiden Deutsch-Rappern auf der Bühne stand. Einige Tage später befand er im Interview mit Cicero:„Über den Fall der antisemitischen Pöbeleien hat man offenbar nicht genügend nachgedacht.“. Vor allem hat man aber nicht genügend nachgedacht, wenn man, auch nach ausreichender Bedenkzeit, lediglich von einem Fall „antisemitischer Pöbelei“ ausgeht. Im politisch linken Spektrum ist es selbstverständlich gegen Rechte und deren Antisemitismus zu sein und in großen Teilen fast ebenso selbstverständlich letztere ideologische Ausrichtung bei Menschen mit muslimischem Migrationshintergrund nicht wahrhaben zu wollen. Zum einen weil man diese, völlig zurecht, als Opfer der Rechten sieht und, darüber hinausgehend, schon im Kontext von antiimperialistischem Befreiungskampf und Kaltem Krieg häufig vehement Partei für die Sache der Palästinenser ergriffen hatte. Die Trias dieser mehr oder weniger Linken, die, nach vollendetem Marsch in die Institutionen, vielfach zur ,Mitte’ gehören, lautet: Antiamerikanismus, Antikapitalismus (oder auch gleich Antiliberalismus) und Antizionismus.
Bei all der antizionistischen Verve wurde und wird jedoch übersehen, dass antizionistische Akteure wie Hamas und Hisbollah sich nach wie vor die Vernichtung Israels, des Staats der Juden, auf ihre sunnitisch oder schiitisch islamistischen Fahnen geschrieben haben. Spätestens dort, wo dies billigend in Kauf genommen wird, schlägt das, was sich als Antizionismus wähnt, in Antisemitismus um.
(Es sollen an dieser Stelle keinesfalls historische Problematiken im Zusammenhang der israelischen Staatsgründung sowie politische der aktuellen Besatzungspolitik und Siedlungspolitik geleugnet werden, zumal dies im demokratisch verfassten Israel auch immer wieder kritisch thematisiert wird. Gleichwohl kann, gerade auch aus deutscher Sicht, das Existenzrecht des Staates Israel grundsätzlich nicht zur Disposition stehen. Bei nüchterner historischer Betrachtung unterscheidet sich im übrigen die jüdische Staatsgründung nicht wesentlich von manch anderem Prozess dieser Art, wobei das den Palästinensern völlig zweifellos angetane Unrecht schon seit Jahrzehnten aber interessanterweise ungleich mehr Aufmerksamkeit erhält, als ebenfalls schlimme Schicksale anderer Ethnien. Daran haben, neben den Palästinensern und ihren Organisationen, vor allem die despotischen Machthaber der Nachbarstaaten Israels höchstes Interesse, seit der ,islamischen’ Revolution im Iran auch verstärkt radikal islamistische Akteure und neuerdings der türkische Autokrat Erdogan.).
Denn Israel ist die Konsequenz aus Jahrhunderten der Judenverfolgung, die im Holocaust gipfelten und die konsequente Verteidigung des eigenen Staat erscheint letztendlich als die einzige Garantie gegen die Möglichkeit einer Wiederholung. Allzu oft wird hier die Beweislast umgedreht. Das moderne Israel ist jedoch weder die hinreichende, noch die notwendige Bedingung für die Persistenz des Antisemitismus, sondern vielmehr dessen Folge.
Innenpolitisch ist in Deutschland – durchaus in gewisser Weise analog zum skizzierten Phänomen des solidarischen Engagements für die Palästinenser – eine oft allzu gnädige, gelegentlich blinde Sichtweise im Hinblick auf wenig wünschenswerte Denk- und Verhaltensweisen von manchen Migrant_innen mit muslimischen Migrationshintergrund zu konstatieren; bloß kein ,Nazi’ oder auch nur ,Spießer’ sein! Die 1950er-Jahre mit ihrer kulturellen Enge und Piefigkeit sowie vielfach gegebenen Kontinuitäten zur NS-Zeit bildeten den, zunächst durchaus verständlichen, Hintergrund dieser Haltung. Gerade populäre Musik, Swing, Rock’n’Roll und Beat fungierten als individuelles und kollektives Zeichen von Dissidenz gegenüber den Älteren, als lustbetonte Variante individueller und kollektiver ‚Entnazifizierung’. Das Fremde kam da gerade zupass und wurde eklektizistisch in die eigene, betont gegenkulturelle Praxis integriert. Dies war in der Tat eine ungeheure Bereicherung, allerdings übersah man, dass sich die Integration von Menschen aus fremden Ländern aus verschiedensten Gründen als viel schwieriger gestaltete und diese keineswegs lediglich aus der fraglos gegebenen Ausländerfeindlichkeit und dem Rassismus der Mehrheitsgesellschaft bestanden. Dementsprechend wird heutzutage der Generalverdacht islamophober Rechter oftmals, zumindest tendenziell in einen islamophilen Generalfreispruch gewendet. Letzterer ist seinem Wesen nach, nebenbei bemerkt, ebenfalls rassistisch ist, nur eben unter positiven Vorzeichen.
Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen ging ein Strang immer der angenommenen engen Verbindung von den Deutschen, dem deutschem Staat und dem Nationalsozialismus nach. Historisch argumentierend macht die Diskussion darüber Sinn, warum die deutsche Variante des europäischen, teilweise internationalen Phänomens Faschismus eine extrem rassistische und fatal dynamische Obsession für ,den Juden’ entwickelte und in ein industrielles Völkermordprogramm umsetzte. Die Voraussetzungen dafür im ,deutschen Wesen’ zu suchen, ist essentialisierend, im Grunde genommen wiederum rassistisch und entspricht bei näherer Betrachtung gar der NS-Lehre von der Determination durch ,Blut‘ und angebliche ,Rassenseele’. Das Deutsch-Sein an sich (was immer das sein mag), ist allerdings, anders, als gerade häufig von Linken angenommen, weder hinreichende noch notwendige Bedingung für die unheilvolle Kombination von Faschismus und radikalem Antisemitismus. Dies gilt sogar für Deutschland im Allgemeinen, aber eben nicht für das Deutschland und die deutsche Gesellschaft der Jahre 1919-1945- denn dort waren sie leider offensichtlich gegeben, die hinreichenden Bedingungen für die Entstehung der nationalsozialistischen Ideologie, deren Terror und eliminatorische Praxis. Die daraus resultierende Schande sollte uns heute hier lebenden Menschen Mahnmale wert sein, die nicht Ausdruck individueller Schuld sein können, sondern vielmehr Zeichen gemeinsamer historischer Erinnerung und daraus resultierender Verantwortung sind. Allerdings gilt es auch immer wieder aufs neue dieser Verantwortung gerecht zu werden und dabei hat man, unter anderem, bei der diesjährigen Vergabe des Musikpreises Echo gründlich versagt.
Leider führte die berechtigte Furcht vor der Wiederholung der NS-Vergangenheit in der Berliner Republik zu dem Elend politischer Art, mit dem radikalen Islamismus einem neuen Feind der Offenen und pluralistischen Gesellschaft mit allzu viel und vor allem falsch verstandener Toleranz zu begegnen. Die allgemein intoleranten und eben gerne auch spezifisch antisemitischen Propaganda-Predigten von Islamisten erfolgen mittlerweile aber längst nicht mehr nur in so mancher entsprechend ideologisch ausgerichteter Moschee (die angeblich stets „im Hinterhof“ liegen), sondern im verstärkten Maße als global verbreitete YouTube-Videos oder eben als Subtext von anderen, explizit popkulturellen und hippen Formaten.
Popkultur im Spagat
Bereits in Campinos Reaktion am Abend der Echo-Verleihung ist ein mehrfacher Spagat der Popkultur deutlich geworden. Der Sänger der Toten Hosen bekannte sich zum Prinzip der Provokation, benannte aber Sexismus, Homophobie und Antisemitismus als deren Grenzen. Zwischen diesen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind teilweise auch ideologische Zusammenhänge zu konstatieren, vor allem treten sie als Phänomene, längst nicht nur im Deutsch-Rap, häufig gemeinsam auf. Die Frage wäre allerdings, ob Kollegah und Farid Bang wirklich provozieren wollen, oder ob sie nicht vielmehr das Spiel ihrer Szene, wirklich davon überzeugt oder auch nicht, ganz einfach mitspielen. Das mindert nicht ihre Verantwortlichkeit als Künstler, aber, wie bereits ausgeführt, haben andere diesem subkulturellen Phänomen die große Bühne bereitet. Mit Macho-Inszenierungen und eben auch antisemitischen Anspielungen und Inhalten lässt sich große Kasse machen, wenn man nur skrupellos genug ist. Mit Provokation hat das ökonomische Kalkül der BMG allerdings rein gar nichts zu tun.
Aber auch Campino ist in dem kommerziellen Spiel der Musikindustrie involviert und es ist wohl diesem Umstand geschuldet, dass er zwar gegen den Echo-Preis von seinem Kollegen Kollegah protestierte, aber seinen trotzdem angenommen hat. Darüber hinaus ist seine punkig linke Revoluzzer-Pose schon lange genauso zum merkantilen Produkt geworden, wie jetzt Deutsch-Rap in Gangsta-Variante oder beispielsweise auch jene grenzwertige Form identitärer Heimattümelei, die Freiwild pflegt. Die stets gegebene kommerzielle Dimension macht ästhetische und inhaltliche Analysen jedoch keineswegs obsolet- wichtige und bedenkenswerte Inhalte können in ästhetisch uninteressanten Formen transportiert werden, Bedenkliches in ästhetisch interessantem Gewand auftreten.
Auch diese gegebene Ambivalenz popkultureller Genres wird erstaunlicherweise immer wieder gerne übersehen. Die Popkultur wähnt sich allzu oft prinzipiell auf der guten Seite, obwohl selbst der Rock seine gegenkulturellen Wurzeln bereits spätestens in der ersten Hälfte der 1970er Jahre verloren hatte und auch fortan mit diesem Genre teilweise Inhalte transportiert wurden, die alles andere als ,fortschrittlich’ genannt werden konnten. Aktuell macht man es sich daher deutlich zu einfach, wenn man den Deutsch Rap pauschalisierend oder gar kulturkritisch als das eigentliche Problem ansieht. Zunächst ist hier zu betonen, dass es hinsichtlich der genannten problematischen Inhalte vor allem um das Subgenre Gangsta geht, das allerdings zweifelsohne derzeit das kommerziell erfolgreichste ist. Aber auch dieses Genre, mit seinem Sexismus, seiner Homophobie und seinem latenten Antisemitismus, ist Spiegel gesellschaftlicher Problematiken. Und diese sind auch keineswegs auf jene Milieus beschränkt sind, denen das Erlangen gesellschaftlicher Teilhabe durch ihre ethnische oder auch lediglich soziale Herkunft schwerer gemacht wird, als es einer Gesellschaft gebührt, die ein Diskriminierungsverbot in ihrer Verfassung verankert hat. Allerdings begünstigt die häufig gegebene marginale Stellung von Menschen mit muslimischem Migrationshintergrund sicherlich den gestiegenen Einfluss fundamentalistischer und islamistischer Ideologien, was sich denn auch in der Rap-Szene widerspiegelt.
Aufgrund seiner afro-amerikanischen Ursprünge des HipHop fungiert dieses Genre bereits seit den 1990er Jahren in zunehmendem Maße für hier lebende Menschen mit Migrationshintergrund als ideales Mittel zur Artikulation der eigenen Lage oder auch Projektionsfläche. Entsprechend der Vorbilder geriet zunehmend der tatsächliche, öfters jedoch auch der vermeintliche Gangsta zum ebenso omnipotenten wie omnipräsenten Rollenmodel. Man mag diese Übertragung der Verhältnisse US-Amerikanischer Ghettos auf bundesdeutsche kritisch sehen, dass sie stattfindet, ist jedoch zu konstatieren. Gleiches gilt für die Tatsache, dass diejenigen, die Opfer von mehr oder weniger diskriminierenden Praxen werden, offensichtlich ihrerseits wiederum ausgrenzen. Untersuchungen, wie etwa die des Soziologen Wilhelm Heitmayer, weisen sogar schon lange darauf hin, das gerade die Segregierten besonders anfällig für Strukturen und damit teilweise einhergehende Ideologien sind, die Identitäten, Zugehörigkeit, Stärke und Gefühle sonstiger Überlegenheit, aber stets auch klare Feindbilder bieten – wenn man ansonsten wenig hat, ist all dies schon eine ganze Menge und ein verlockendes Angebot.
Auch der deutsche Gangsta Rap transportiert Botschaften dieser Art. Auf den Schulhöfen der Republik wird gerade der Einspruch der Älteren, der Bildungsbürger, der Rockfans und aller anderen ,Spießer’ gegen den Echo als Symbol der Schande das Genre noch populärer werden lassen. Dieses wird dadurch leider gefährlicher, als es Rechts-Rock jemals gewesen war. Zunächst für Juden und alle anderen potentiellen ,Opfer’, aber eben auch für die Offene Gesellschaft, die im Wesentlichen auf gegenseitiger Toleranz, besser noch Anerkennung basiert, aber auch auf dem Gewaltmonopol des säkularen Staates. Im gegenwärtigen Gangsta Rap scheint merkwürdigerweise ,Respect’ als zentraler Begriff der HipHop-Kultur vielfach falsch interpretiert zu werden. Denn Respekt kann nur wirklich derjenige einfordern, der ihn auch zu geben bereit ist. Der Respekt, den derjenige erhält, der „Jung, brutal und gut aussehend“ ist, wird jedoch niemals ein echt verdienter sein.
Der Echo ist inzwischen berechtigterweise Geschichte, weil er zum „Symbol der Schande“ geworden ist. Einer Schande die darin besteht, einer gerade in Deutschland gegebenen historischen Verantwortung, deren symbolischer Ausdruck das „Denkmal der Schande“ ist, nicht gerecht geworden zu sein. Am 12. April des Jahres 2018, an dem Tag an dem Israel, das Land der Opfer und ihrer Nachkommen, des Holocausts gedachte, wurde in Deutschland, dem Land der Täter und ihrer Nachfahren, ein popmusikalisches Produkt geehrt, das die Opfer des Holocausts äußerst zynisch verhöhnt und einen reimportierten Antisemitismus propagandistisch befördert, der ,die Juden’ als ,das’ Übel der Welt ansieht- Dieses moralische und politische Totalversagen aller beteiligten Entscheidungsträger ist wahrlich eine Schande! Erfreulich ist, dass diesen Entscheidungsträgern von der kritischen Öffentlichkeit, mutigen KünstlerInnen und der Presse mittlerweile deutlich gemacht worden ist, dass man eben doch nicht alles produzieren, verkaufen und ehren kann, nur weil es sich gut verkaufen lässt.
Kollegah und all seine Kollegahs dürften das Aus des Echos hingegen als einen weiteren Battle-Sieg feiern und in Zukunft zur Not auch ohne ihre Plattenfirma BMG bestens über die Runden kommen. Dieser Triumph ist vermutlich noch gar nicht mal ein Triumph des Willens im Sinne manifester antisemitischer Ideologie, aber auf jeden Fall ein Triumph des Posens mit antisemitischen Ideologemen. Wie dem auch sei, den Propagandaabteilungen von Hamas und Hisbollah und anderen radikal islamistische Akteuren wird derartiges auch ohne Differenzierungen mehr als recht sein, zumal Differenzierungen ja eh nie die Sache von Ideologen sind. Wohl auch deshalb stören diese radikalen muslimischen Antisemiten ,die Juden’ längst nicht nur auf dem Jerusalemer Tempelberg, in der Westbank oder in Israel, sondern grundsätzlich, allein durch ihre Existenz. So wurde etwa in Paris vor wenigen Wochen die Holocaust-Überlebende Mireille Knoll, wohl aus antisemitischen Motiven heraus, von einem Nachbarn maghrebinischer Herkunft ermordet, der so das grausame Werk der SS vollendete. In einem, ähnlich gelagerten, vorhergegangenen Mordfall hatte ein aus Mali stammender Attentäter, laut Zeugenaussagen, „Allahu akbar“ gerufen, als er die 65-jährige Jüdin Sarah Attal Halimi vom Balkon hinabstürzte.
Der Islam und seine heilige Schrift, der Koran, bilden zwar prinzipiell die notwendige Bedingung für den radikalen Islamismus und seine zahlreichen und zunehmend individualisierten Terrorakte, hinreichende Bedingungen sind dann allerdings eine strikt fundamentalistische und bewusst selektive Lesart sowie mehr als fragwürdige Auslegungen der heiligen Texte des Islam. Wir, als Akteur*innen der bundesdeutschen Gesellschaft, inklusive der Mehrheit (ebenfalls gefährdeter) moderaterer Muslim*innen sind aufgefordert auch hier (und nicht etwa nur gegen alte und neue Rechte) dagegenzuhalten. Denn der Anspruch des radikalen Islamismus ist innerhalb der eigenen Reihen totalitär, sein religiös-politisches Sendungsbewusstsein, aber auch sein Antisemitismus ist universal. In diesen radikalen Kreisen und deren viel zu großen Sympathisantensumpf mag sich nun manch einer, angesichts der leider gegebenen propagandistischen Schützenhilfe des Kollaboalbums von Kollegah und Farid Bang sowie des grob fahrlässigen Verhaltens seiner Plattenfirma und der Echo-Macher, voll klammheimlicher Freude die Hände reiben und größenwahnsinnig denken: „Heute gehört uns der Schulhof und morgen die ganze Welt!“