Linus Volkmann

Mitleid mit Printmedien … Die 1000 Null-Stories zu Star Wars

Alle Infokanäle sind verstopft. Der Grund dafür ist ein neuer Teil der „Star Wars“-Reihe. Uh, magic! Allerdings gab es bis zum Filmstart jetzt – abseits von hysterischer Vorfreude und einem Trailer – gar nichts zu berichten. Disney hielt komplett dicht. Das spürt man vor allem bei all den Printtiteln, die sich mit dem Riesen-Event schmücken möchten – aber letztlich weder Infos noch Zugang anzubieten hatten. Print wirkte selten so abgeschnitten wie während dieser Kampagne.

Seit diesem Jahr bin ich off bezüglich Fernsehzeitungen. Früher, ja früher kaufte ich regelmäßig die HörZu meiner Generation, also die TV Spielfilm. Doch deren Umfang wurde immer kleiner, das Papier immer durchsichtiger und der Anspruch an die Inhalte abseits des Fernsehprogramms sukzessive geringer.
Wobei ich mit diesem Regress vielleicht hätte leben können. TV Spielfilm als Metapher für die Welt oder zumindest den eigenen Wohlstand: Alles wie immer – nur noch viel schlimmer.
Allerdings habe ich mich 2015 überraschend zügig und nachhaltig vom Kernsegement der Zeitschrift getrennt. Seit ich Netflix habe, schaue ich quasi kein fern mehr. Und wenn ich das schreibe, klingt da keine Weh- sondern Unmut mit. Unmut, warum ich es solange an der vertrockneten Zitze des analogen Programms ausgehalten habe.
Doch passend zur versöhnlichen Weihnachtszeit habe ich mir nun den Kollateralschaden dieser Trennung noch mal ins Haus, noch mal an den warmen Ofen geholt… und mir für Weihnachten mal wieder eine TV Spielfilm gegönnt. Scheiß auf die Kohle. Was kostet die Welt!

20151215_115353_resized_1TV Spielfilm
Und was soll ich sagen, alles noch wie immer: „Das letzte Einhorn“ hat nur einen Daumen zur Seite, ich bin wieder total wütend darüber – und blättere schnell zu den ohnehin interessantesten Seiten: Dem Filmteil. Immerhin verheißt der Umschlag… „Alles über Star Wars Episode 7“.
Diese Lüge möchte ich enttarnen, doch dass es so bitter ist, hatte ich nicht geahnt.
Man muss vielleicht noch vorausschicken, was eh jeder weiß: Der neue Film ist gerade der Mittelpunkt popkulturellen Welt und wie seit Jahren bei Blockbustern üblich wird vom Verleih gar kein Wert mehr darauf gelegt, der Kritik vorab die Werke zugänglich zu machen.
Das bedeutet letztlich: Du, ich und der TV-Spielfilm-Redakteur besitzen dieselben Informationen zu „Star Wars“. Bloß müssen wir beide nicht so tun, als wäre es anders.
In besagtem Artikel, der „alles“ über die neue Episode weiß, gibt es neben paar zusammengegoogelten Infos vor allem eins: Eine Kurzbeschreibung zu den bisherigen sechs Teilen.
Wie viel deutlicher will man nackte Verzweiflung und das eigene Überflüssigwerden noch ausstellen? Klar, vielleicht hört der ein oder andere Leser erstmalig von der seit 40 Jahren existierenden und regelmäßig versendeten Weltraum-Saga.
„Ach, dies ist ‚Star Wars‘? Edeltraut, komm doch mal. Ich lese hier einen interessanten Artikel. Das hat eventuell was mit diesen Stickern zu tun, die wir gestern im REWE bekommen haben!“

20151214_201909_resized_1Lest her! Eine Frau in Hollywood!
Sorry übrigens, liebe TV Spielfilm. Dieses Beispiel der Berichterstattung ohne Bericht hinsichtlich „Star Wars“ sei wirklich nur exemplarisch an dir aufgehangen. Natürlich ist das all over the place, das Kiosk ist voll mit diesen Storys gerade.
Selbst Die Zeit titelt ihr Feuilleton mit dem Thema und nutzt markig Fotos aus dem Disney-Presseserver. Das völlig aseptische Interview mit einer der Produzentinnen des Films versagt sich ebenfalls jede Hinweise auf den Film selbst, auf „Das Erwachen der Macht“ – und verkauft das Geschlecht seiner Protagonistin bereits als größten Newswert. „Eine Frau in Hollywood! Das müssen sie gelesen haben. Und am besten findet sie Prinzessin Leia. Was ein turnup, liebe Zeit-Ultras!“

20151215_125849_resizedDer Mangel als Thema
Meine Freunde von Intro haben den äußerst undankbaren Umstand der Nullinformation immerhin bewusst gleich mitgedacht. Und titeln in ihrem Centerpiece zur „Star Wars“-Ausgabe mit dem Slogan „Das Imperium schweigt sich aus“. Clever. Aber lenkt natürlich auch nicht gerade von der Tatsache ab, dass man infomäßig blank bleibt. Okay, immerhin ist man bei einem Roundtable-Interview mit den neuen Darstellern dabei – und für mich stellt der tatsächlich einen Erkenntnisgewinn dar. In diesem Gruppengespräch sind nicht nur wie sonst private Fragen tabu, sondern auch noch all jene über die Filmhandlung und die Rolle der von ihnen gespielten Figuren. Das ist echt mal eine Ansage für ein Interview zu einem Film.

Armes Print
hhhArmes Print! Arme Filmzeitschriften! Was wird sich bloß die Cinema (gibt’s die überhaupt noch?) in ihrer diesmonatigen Ausgabe aus den Fingern gesaugt haben müssen? Ach, man möchte es gar nicht wissen. Beziehungsweise man kann es sich ja denken.
Währenddessen funktioniert die Kampagne im Internet perfekt. Alle sehen zeitgleich den Trailer, diskutieren darüber, rätseln darüber, warum Mark Hamill (also Luke Skywalker) nicht auftaucht und wer wirklich kreativ werden möchte, bastelt ein Fan- oder Verarschungs-Meme/Video aus den verfügbaren visuellen Informationen jenes Trailers.
Währenddessen muss Print weinen. Zu Recht, denn es ist ja auch schon mehr als lächerlich, mehr als bisschen traurig. Da doch kein Zweifel besteht, dass dies kein singuläres Tief darstellt, sondern die Realität und Zukunft von Eventfilm-Berichterstattung. Auf dem Eisplaneten Hoth zu leben, wirkt dagegen ja noch rosig.
Vorschlag zur Güte: Filmberichterstattung einzig auf das “Philosophie Magazin” zu übertragen. Dort wirkt es irgendwie noch fresh.

 

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