“Ich denke nach dem Closing am 28.1. wird es für mich mit Sicherheit extrem deprimierend”
Die Corona Pandemie gilt hierzulande mittlerweile als überstanden. Das im Rahmen der Pandemie oft prophezeite Klubsterben blieb (wohl vor allem durch die staatlichen Zuschüsse) glücklicherweise größtenteils aus. Für das Düsseldorfer Golzheim steht jedoch gleich die nächste existenzielle Bedrohung vor der Tür. Die Rheinbrücke in dessen Brückenpfeiler das Golzheim untergebracht ist, muss saniert werden. Wie und ob es mit dem Klub weitergeht ist unklar.
Ein Gespräch mit Klubbetreiber Daniel Fritschi.
Hallo Daniel, nachdem Du deinen Klub über Jahre hinweg in Eigenleistung und mit der Unterstürzung einiger Freunde aufgebaut hast, steht dir jetzt die unvermeidliche Schließung ins Haus. Wie geht es Dir gerade?
Daniel Fritschi: Meine konstante Überlastungssituation durch den Veranstaltungsbetrieb lässt mir im Moment kaum Zeit in aller Konsequenz zu realisieren, dass alles, was ich über die Jahre unter dem Einsatz von unzähligen Arbeitsstunden geschaffen habe, nun praktisch ausgelöscht wird. Auch finanziell hab ich ja alle Mittel herangeschafft und jeden Euro den ich verdient habe in den Klub investiert. Ich denke nach dem Closing am 28.1. und dem Monat der mir danach zum Abbau bleibt, wird es für mich mit Sicherheit extrem deprimierend. Ich habe im Golzheim ja auch einen Teil meiner Plattensammlung stehen, mache die Visuals, kümmere mich um alles und kenne hier jeden Knopf und Schalter. Erst vor kurzem habe ich realisiert, dass das Golzheim für mich sowas wie mein Musikinstrument ist. Ich spiele sozusagen jedes Wochenende meinen Club. Daher fühlt es sich gerade so an, als ob einem Musiker sein Instrument genommen wird.
Kannst du vielleicht einmal kurz Umreißen was genau für Bauarbeiten anstehen und was diese für das Golzheim bedeuten?
Die Brückenrampe, in der sich das Golzheim befindet, muss von der Stadt in zwei Bauabschnitten saniert werden. Schon der erste Teil der Sanierung erfordert den Abriss von gut 98% des Klubs. Nur mein Keller-Lager kann vorerst bestehen bleiben. Praktisch alle Einbauten, Wände, Elektrik, Sanitär, Holzboden, Brandmeldeanlage, Lüftungsanlage sowie die PA muss von mir restlos entfernt werden. Nach dieser Sanierung soll voraussichtlich innerhalb von 3 Jahren eine weiterer Baumaßnahme erfolgen, die noch einschneidender sein wird. Ein Wiederaufbau des Klubs wäre falls überhaupt, erst nach Abschluss des zweiten Bauabschnitts denkbar. Inklusive Wiederaufbau würde das eine Pause von mindestens vier Jahren bedeuten.
Welche Rolle spielt die Politik? Hast du das Gefühl dass es Verständnis dafür gibt, was für eine Bedeutung das Golzheim für die Stadt Düsseldorf hat?
Es freut mich das aktuell fraktionsübergreifend eine Bereitschaft zu bestehend scheint, eine alternative Räumlichkeit für das Golzheim zu finden. Bei meinem letzten Klub dem „Foyer“ war das noch anders. Dort musste ich 2013 durch eine willkürlich geänderte Bewertung der Genehmigungssituation schließen. Es scheint sich also etwas verändert zu haben. Daher bin ich vorsichtig optimistisch. Es gibt bereits ein paar interessante Ideen, aber ohne die Unterstützung der Politik bei der Erschließung werden sich diese Pläne nicht umsetzen lassen.
Welche Lösung der Situation wäre denn für dich am besten?
Sowohl bei einem Neustart an neuem Standort als auch bei einem Wiederaufbau, würde es mindestens drei bis vier Jahren bis zur Eröffnung dauern. Also ein unglaublich langer Zeitabschnitt ohne feste Homebase für das Golzheim. Allerdings ist ja noch überhaupt nicht entschieden, ob die Brücke wo sich der Klub jetzt befindet, komplett durch einen Neubau ersetzt werden soll. Die sicherste Variante wäre für mich daher ein Neustart in einer anderen Location. Bis es soweit ist, hoffe ich jedoch gelegentlich Veranstaltungen in anderen Räumlichkeiten machen zu können.
Ich begleite dich ja schon eine Weile und du hast mir viel von den Schwierigkeiten berichtet die es mit sich bringt, einen Klub zu betreiben. Hand aufs Herz, denkst du manchmal ans Aufhören?
Leider ist es schon so, dass der Anteil der Freude macht, zu einem verschwindend kleinen Bruchteil geschrumpft ist. Das liegt auch daran, dass ich einen Großteil der Aufgaben, wie die teils sehr komplizierte Abrechnung der Coronahilfen, selbst erledigen muss. Doch auch wenn der konstante zeitliche und finanzielle Druck schon eine massive Beeinträchtigung meiner Lebensqualität darstellt, denke ich, dass ein Verlust der geschaffenen Plattform für mich und viele andere eine große Lücke im kulturellen Leben hinterlassen würde. Denn leider sehe ich zur Zeit keinen Ort in der Düsseldorfer Musikszene, wo der künstlerische Ansatz des Golzheims adäquat fortgeführt werden könnte. Daher habe ich mich bisher immer fürs Durchhalten entschieden.
Das Golzheim ist jetzt noch bis Ende Januar geöffnet. Was können die Leute bis dahin noch erwarten?
Den letzten Monat wollen wir natürlich noch so gut wie möglich auskosten. Im Januar haben wir dafür unter anderem André Kronert, Tadeo und Markus Suckut zu Gast. Das Closing möchte ich dann über zwei lange Nächte primär mit den Golzheim Residents bestreiten. Zusätzlich werde ich in der letzten Nacht noch mit zwei Freunden unser neues Projekt „Logarhythm“ performen. Eine Kombination von einem 3-Deck Vinyl-Set, massig Hardware-Synths, Drummaschines und Live Vocals. Das ist für mich aktuell eines der spannendsten Projekte, welches wir im kommenden Jahr mit einer Vinyl Veröffentlichung eigener Stücke und weiteren Auftritten fortführen werden.