Das Leben der Anderen (I)

Jule Müller / Carsten Meyer / Golf / Abel Gebhardt

Was die anderen alles so machen. Man kann es schweigend bestaunen, es bei der Polizei anzeigen oder ein paar Worte verlieren. Etwas davon geschehe nun hier.

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Foto: Andi Weiland

JULE MÜLLER
aus Berlin
Als bei Jule Müller vor etlichen Jahren über ihrem Kopf die Idee, ein Buch zu schreiben, aufleuchtete, sagte ich spontan: Nein! „Nein, Jule. Das Boot ist voll mit halbgeiler Popliteratur – und zwar vornehmlich von mir und meinen Büchern beim Ventil Verlag.“ Darauf sie: „Nee, ich dachte an eine erfolgreiche, interessante Sache.“
Ab da war klar, okay, wir kommen uns doch nicht in die Quere. Nun ist ihr Debüt „Früher war ich unentschlossen, jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher“ erscheinen bei Knaur. Einzelne Storys mit der Klammer der Twen-Zeit, der Untertitel bringt es an den Tag: „Wie ich meine 20er überlebte“. Viele „landmarks“, die Jule beschreibt, kann jeder nachvollziehen (Sex, Saufen, Berghain, Mutter, Katze), doch sie hält sich nicht mit konsensbeladenem Abhaken auf, sondern gibt auch viel Persönliches preis (In die Umkleide kacken, heroinsüchtiger Freund, Bustourreiseleiterin, Analverkehr, Waxing und Jesus). Unmöglich, in diese Sammlung nicht sofort reinzukommen und der Humor und die Selbstironie halten einen noch zusätzlich und durchgehend bei Laune.

CARSTEN MEYER als Babyman
aus Münster / Hamburg
Immer wenn ich bei „Tatorreiniger“ in den Credits sehe, dass die Musik von Carsten Meyer stammt, denke ich, der Alte hat es geschafft. Bei unserem Fanzine „Komm Küssen“ war er noch so halb mein Gegenspieler, meine ich mich zu erinnern. Das ist aber längst aufgelöst – von der Säure des Lebens. Und wenn er im Stromberg-Film eine echte Comedy-Sprechrolle als der abgefuckte Alleinunterhalter bekleidet, bin ich wie alle anderen einfach begeistert. Zuletzt kam dann dieses Video auf. „Iron Man“ von Black Sabbath in einer VHS-Kassetten-70er-Disko-Version. Inklusive unfassbaren Kostümen und so einer Erzählung drumrum, dass das gar nicht von ihm sein sondern irgendwie Found Footage („Blair Witch“, oder was?). Wie dem auch sein, den Song musst du hören und den Clip dazu gucken!

 

10858386_10205415146729049_3851760969491258823_nLARS „ABEL“ GEBHARDT
aus Hamburg
Anfänglich dachte ich, ich halte diese sorglose, metaphern-belastete Sprache nicht aus. Zu unpräzise, viel zu viel abgegriffene Sprachbilder (Unter aller Kanone, auf Vordermann bringen, in der Pfanne verrückt werden – so Kram halt). Doch nach wenigen Kapiteln war ich drin, wusste auch die uneitle Sprache zu schätzen, ja, mochte sie zum Schluss richtig gern, weil sie eben so casual rüberkommt.
Bei „Ein Goldfisch in der Grube“ handelt es sich um eine unaufgeregte Selbstfindungs-Sauf-Coming-Of-Age-Geschichte. Drogen, Aussteigen, Vögeln, Bier, Berlin und Hamburg. Sehr schön gelesen vom Autor, das ist Punkliteratur, die einen nicht ankotzt, sondern die tatsächlich durch ihre Genre-Prämisse einen Mehrwert zu erzeugen im Stande ist.

GOLF
aus Köln / Essen
Sie spielen Tischtennis, sie haben noch nie von Wolke oder Angelika Express gehört, sie teilen ihren Tabak nicht mit den Armen, sie kommen aus Köln und machen zusammen Musik.
Kurzum: die Band Golf steht für alles, was ich verachte!
Dennoch komme ich nicht drumrum, ihnen große Hits und beste Aussichten zu bescheinigen. So zu lesen auch in unserem Interview bei noisey.

 

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