Videopremiere

Joachim Franz Büchner Band “Geheime Macht“

Still aus “Geheime Macht“ von Joachim Franz Büchner Band

 

Joachim Franz Büchner, den Kaput-Leser:innen sicherlich als Gitarrist und Songwriter der Hamburger Band Der Bürgermeister der Nacht bekannt, begibt sich heuer auf Solopfade – wobei solo eigentlich falsch ist, denn er hat mit Pola Lia Schulten (Jens Friebe, Zucker), Philipp Wulf (Messer, Station 17), und Christian Heerdt (Botschaft, Scharping) ja eine echte Allstar-Backing-Band verpflichtet.
Kaput freut sich sehr das Video zu “Geheime Macht“
heute vorstellen zu dürfen.

Wer sind die „Wir“ von dem im Song die Rede ist?
Das ist ein radikal inklusives Wir, zu dem sich letztlich alle zählen können, die für eine gewisse Zeit gemeinsam eine rauschhaft-sinnliche Erfahrung teilen. In der Entstehungsgeschichte des Songs waren das zunächst Tellavision, meine Duett-Partnerin, ein paar Freunde und ich während einer Ausgehnacht in Berlin. Der Song erzählt von einem ausgelassenen Moment, zum Beispiel auf der Tanzfläche, wo man Potenziale der Überschreitung erahnt. Man darf sich eine Art dionysische Weltverschwörung vorstellen – ich bin da in einen poetischen Swag gekommen.

Was ist der Ort, der aktuell für dich am meisten „vibriert“?
In Corona-Zeiten ist das für mich eindeutig mein Schreibtisch zu Hause, wo ich zu mir komme und Ideen entwickle, aber auch unser Proberaum in Altona, wo das zum Leben erweckt wird.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Regisseurin Juno Meinecke für den Videoclip?
Juno ist eine Freundin von Pola Lia Schulten und Philipp Wulf aus meiner Band. Ich hatte schon ihre Arbeiten zum Beispiel für FSK und Candelilla beobachtet und fand daher den Vorschlag der beiden, mit dem Song auf Juno zuzugehen, großartig. Und es ist jetzt ja auch dank ihrer genialen Idee mit dem Rückgriff auf Zombiefilm-Klassiker wie „Night of the Living Dead“ etwas Fantastisches herausgekommen, das gut in die Zeit passt.

Der Clip erinnert in der Tat – wie wahrscheinlich jeder in schwarzweiß gedrehter Film mit Zombiebezug – an „Night of the living Dead” von Romero. Die Idee dazu kam von Juno oder dir oder Euch beiden?
Das war Junos Idee, die dem ganzen nochmal eine ganz neue Bedeutungsebene gibt, die ich sofort reizvoll fand. Ich kannte mich mit Zombiefilmen noch nicht so aus, habe mir den Film dann aber sofort angeschaut.

Hast du einen Lieblings-Zombiefilm mittlerweile?
Ich kann mich erinnern, dass mir ein (vergleichsweise) neuer Film – „28 Days“ (2003) von Danny Boyle – damals ganz gut gefallen hat, der sich vermutlich auch auf Romero zurück bezieht, aber das Thema visuell erweitert mit beinahe paradiesisch anmutenden menschenleeren englischen Landschaften. Dort geht es aber nicht um eine übernatürliche Bedrohung, sondern um ein Virus…

Natürlich muss man Textzeilen wie „wir sind die, die niemals gehen“, „und auch das Ende überstehen“ und auch „wir sind die geheime Macht“ in Bezug auf die Pandemie lesen und die lange Phase, in denen das kulturelle Biotop seine Orte nicht mehr so kultivieren konnte wie wir es lange für selbstverständlich erachtet hatten. Ist der Song genau vor diesem Hintergrund entstanden? Kommt dem Song in gewisser Weise auch eine Art Selbstvergewisserungsfunktion zu?
Ja, das ist faszinierend. Der Song ist paradoxerweise eben vor Corona, während einer gemeinsamen Ausgehnacht mit Duett-Partnerin Tellavision entstanden. Auch wenn der Song jetzt auf die prekäre Situation der Kunstschaffenden und ihre trotzige Beharrlichkeit bezogen werden kann, stand am Anfang eigentlich die Idee einer emphatischen Feier des ästhetischen Zustands: also den rauschhaften Zügen des Kunstschaffens und -genusses ein Denkmal zu setzen.
Umso interessanter, dass man das Stück jetzt in Bezug auf die Pandemie liest. Dadurch wird es quasi zu einem Bedeutungsmonster. Ich glaube, das passiert oft, wenn ein Song wirklich etwas sagt und eine zeitlose Qualität hat, dass er einen auch in einer veränderten Realität begleitet und da ein bisher verstecktes Potenzial entfaltet. Selbstvergewisserung in dem Sinn „Ich bin wach, ich kann alles tun, ich glaube an die Kraft der Imagination und dass Ideen etwas zwischen Menschen verändern können“ – ok! 
Ich persönlich war wegen einer Operation letztes Jahr ziemlich auf mich zurückgeworfen, habe aber das Ausgehen und Entdecken oder auch meine Stammkneipen wie die Mutter in Hamburg sehr vermisst.

Eine Frage noch zum Albumtitel: „Ich bin nicht Joachim Franz Büchner“ – wer bist du denn wenn du nicht Joachim Franz Büchner bist?
Ich bin die Entwicklung, die die Kunstfigur in der Erzählung der Platte durchgemacht hat – „Ich wechsle auf ein anderes Instrument / Ich werd zum Sunnyboy.“ Oder ein universeller Chor, der singt „Wir sind nicht Joachim Franz Büchner“. 
Es ist ein Spiel mit Ambivalenz, Selbst-Reflexion, ein surrealist joke und auch eine Entlastungsphantasie, die dem ganzen pseudo-authentischen Befindlichkeitsrock entgegensetzt: „Selbstfindung ist ein delikates Unterfangen, wenn man sich selbst über hat.“ Wie herrlich nicht ich selbst sein zu müssen! Je ne suis pas une pipe. Ich bin keine Pfeife. Und es geht bei Kunst nicht darum (oder nur in Ausnahmen) eins zu eins sich selbst zu zeigen. „Ich“ sagen heißt da eher: „so jemand wie ich“. Die Kunst besteht also vielmehr darin, eine interessante Persona zu erschaffen, die Gefühle, Energie und Ideen transportiert und aufrichtig in den Dialog mit dem Publikum geht. Gerne auch unterhält.

 

 

 

Live:

22.09. – Hamburg – Reeperbahn Festival (MOPO Akustik-Session, 20:30 Uhr)
25.09. – Hamburg – Reeperbahn Festival (Grüner Jäger, 21:30 Uhr)
28.09. – Düsseldorf – Zakk (Special Guest: Butter)
29.09. -– Oberhausen – Gdanska (Special Guest: Performance)
30.09. – Berlin – Badehaus (Special Guest: Kristof Schreuf)
01.10. – Leipzig – Noch besser Leben (Special Guest: Frau Lehmann)

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