Wie ich einmal fast dein doofes Ikea-Regal gekauft hätte
Zuletzt hätte unsere Heldin der urbanen Wohn-Tristesse beinah den Hausmeister gekillt, nun sucht sie eine neue Bleibe. Was in Großstädten eigentlich kaum mehr möglich ist. Außer man ist sehr reich oder Gustav Gans. Die Wohnungsportale quellen zwar über vor Bedürftigen aber eben nicht vor Angeboten. Und wenn doch mal was auf dem Markt kommt, dann ist man mittlerweile nicht mehr nur dem Vermieter ausgeliefert – sondern auch dem Vormieter. Meike Molch erzählt von der großen Post-Makler-Pest: Abstand für Schrottmöbel zahlen.
Ah, Umziehen. Klar, nervig und teuer und so. Aber eine leere Wohnung, so viel neuer Raum mit Platz für neue Ideen und neue Möbel und neue Dinge, schon schön. Gleich mal bei etsy gucken, was ich da… Ach nee, stimmt ja, das lässt der Wohnungsmarkt ja mittlerweile gar nicht mehr zu. Obwohl es eigentlich aussah, als würde jetzt alles besser werden – endlich keine leidigen Makler-Gebühren mehr, weil Bestellerprinzip, hurra, zwei Monatsmieten gespart für dieses halsabschneiderische Geschäftsgebahren! Nun bin ich nach 13 Umzügen zwar eine Veteranin, stehe jetzt aber doch sehr unvermittelt vor Nummer 14. Aber gut, wird schon kein Problem sein. Okay, Wohnungen gibt es in erster Linie für solvente Studierende (20qm für 580 Euro kalt) und für solvente Kleinfamilien (70qm für 1650 kalt). Und sicher, heißt man mit Nachnamen Khwakhuzi statt Müller oder Molch oder ist Inhaberin von mehr als einem Kind oder Hund, kann man es eh vergessen (gibt ja auch schöne Wohnungen im Vorort, muss ja nicht jedermann in Ehrenfeld wohnen). Wird schon gut gehen, ich hab mir schließlich brav alle Unterlagen zusammengesucht – eine Kopie des Arbeitsvertrags, eine Kopie des Personalausweises (Vorder- und Rückseite), eine aktuelle Schufa-Auskunft, eine Kopie der letzten drei Gehaltsabrechnungen, eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung meines aktuellen Mieters, eine ausgefüllte Selbstauskunft (Spiele ich ein Instrument? Rauche ich? Wie lautet die Telefonnummer meines aktuellen Vermieters? Seit wann bin ich bei meinem Arbeitgeber beschäftigt? Plane ich, mir ein Tier anzuschaffen? Besitze ich Vermögen in Geldwerten oder gar Immobilien?). Okay, das System ist zwar unmenschlich, aber berechenbar. Womit ich nicht gerechnet hatte: die verfickten Möbeldrücker! Was ist denn da los? Und wann ist das passiert? Und wem kann ich dafür aufs Maul hauen?
Ich zitiere aus einer beliebigen Anzeige: Lisa und Paul suchen „einen Nachmieter, der einen Großteil unserer Möbel übernehmen möchte. Für die Möbel möchten wir 3.500 Euro haben“ Beigefügt eine Liste, viel Ikea (Expedit und Pax), benutzte Teppiche und Badezimmerunterschränke, eine hochwertige Einbauküche. Die glücklichen Mieter einer Altbauwohnung im Agnesviertel wollen gleich 5.000 Euro von mir, dafür soll ich ihren ganzen alten Schrott entsorgen, äh, abkaufen (inklusive einer weiteren hochwertigen Einbauküche). Bei manchen Besichtigungen bekomme ich sofort eine praktische Liste ausgehändigt mit allen zu übernehmenden Möbeln: Vorhänge 50 Euro, Wohnzimmertisch 70 Euro, Ledersofa 100 Euro, Hochbett mit Matratze 1.500 Euro. Die Liste soll ich unterschreiben, und nur dann werden meine Daten dem Vermieter weitergeleitet. Und wenn ich nicht zahle, kommt der Anwalt, weil ist ja VERTRAG! Zieht denn niemand mehr mit seinem eigenen Scheiß um? Also, ich zum Beispiel möchte weder in einer hochwertigen Einbauküche, noch in einer weißen MDF-Ikea-Landschaft wohnen. Hätte ich 5000 Euro übrig, um sie auf dem Sperrmüll zu verbraten, könnte ich ja gleich in meiner alten Wohnung bleiben, die ist wenigstens nicht mit weißem Plastikzeugs gefüllt. Ach, ich wünsche mir fast die Makler zurück! Mit zwei Monatsmieten kann ich leben, muss ich immerhin die nächsten Jahre nicht auf einer ranzigen Ikea-Matratze fristen, die schon von Dutzenden Fremder eingepupt wurde. Boah, bin ich wütend! Und welchen Schrott musstet ihr so euren Vormietern „abkaufen“?
PS: Wer weiß eine schöne Zweizimmerwohnung mit Balkon in Köln für mich? Euren Pax-Schrank könnt ihr gerne behalten.
Eure Meike Molch