Weltfrauentag – Revisited
Es ist ja nicht so, dass ich mir immer bewusst wäre, was morgen für ein Tag ist – oft genug weiß ich ja nicht mal, welche Stunde mir gerade geschlagen hat. Insofern war es erstmal nur eine schöne Sache, dass auf Arte vergangenen Samstag eine Dokumentation über Riot Grrrls lief. Auch wenn sie unter den üblichen Formulierungsschwächen und Duktusklischees des deutschsprachigen Kulturfernsehen litt, ließ ich mich gerne mitnehmen an der Seite von Kathleen Hanna von Bikini Kill und Beth Ditto von The Gossip und all den anderen wegweisenden Protagonistinnen dieser so wichtigen Szene und freute mich über Artes Programmplanung.
Die Freude hatte allerdings ein abruptes Ende, als ich am nächsten Morgen feststellte, dass Weltfrauentag war – plötzlich wirkte die Dokumentation wie eine Quotenplatzierung. Nicht schön so ein Eindruck. Aber vielleicht auch ein blöder Reflex von mir, denn letztlich zählt angesichts des noch immer sehr unbefriedigenden Status Quo der Gleichberechtigung jedes Momentum.
Das gesagt, müssen sich auch die Techno-Lieblinge Underground Resistance, auf die ich nun wirklich nichts kommen lasse, etwas Kritik gefallen lassen. Sie posteten eine Coverversion ihres Klassikers „Transition“, die von einer Gruppe Produzentinnen aufgenommen wurde, zu der A.M.O.R., Nightwave, Nancy Whang, Mamacita und Coco Solide gehören. An sich super: aber muss die Single denn wirklich in pink erscheinen? Und musste das sein, dass man nur den Frauen dankt, die einen direkt unterstützt haben und nicht einfach ein allgemeines Signal hinausschickt? – „Shout outs to all the women who have supported us individually and collectively, as friends, family, and fans who may have been both.”
Props ohne wenn und aber gehen an meinen Buddy Linus Volkmann, an 365 Tagen im Jahr ein Kämpfer für die Gleichberechtigung auf der Welt, der auf der Internetplattform Arte Creative, eine Folge seiner „Pop & andere Katastrophen“-Reihe den Klischees widmete, denen sich Frauen im Pop immer begegnet sehen müssen. Das schlimme daran: genau so bekommt man diese Sprüche immer wieder auf Frauen gemünzt zu hören.
Die deutsch-schweizerische Autorin Sibylle Berg ist für ihren derben Humor bekannt – und so twitterte sie zum Weltfrauentag, dass ihr ein Buddy zum Geschlechtsteil gratuliert habe. Angriff ist schließlich noch immer die beste Reaktion.
Die Musikerin und Monika Enterprises Labelchefin Gudrun Gut nutze den Tag, um auf den neuen (die Booking Agentur flankierenden) Female Pressure Blog hinzuweisen, den ich tatsächlich noch nicht wahrgenommen hatte, und ein Video von sich zu posten. Beides toll.
In den ganz normalen Alltag hat mich dann ein Post der Autorin Anne Philippi zurückgeholt, die auf ein Interview hinwies, das sie mit Mike D. von den Beastie Boys geführt hat und das bei PS Welt erschienen ist, einem mir bis dato unbekannten Printbeileger und Webportal von Die Welt, das, wie der Header kommuniziert, von Autos und Kultur handelt und von Ulf Poschardt und Freunden mit Inhalten befüllt wird. Hier ist die Machowelt noch in Ordnung und man darf Frauen neben neuen Automodellen abgebildet sehen.
Es ist eben nicht leicht, sich richtig zu verhalten. Oder vielleicht doch. Wie sagt Slim Moon, der Gründer von Kill Rock Stars, einem der wenigen Labels, auf dem in den letzten 25 Jahren im gleichen Ausmaß Musik von Frauen und Männern erschienen ist, am Ende der Rrrt Girl Dokumentation auf Arte so schön: Er versuche ja gar nicht sich explizit feministisch zu verhalten, sondern einfach kein Arschloch zu sein.