Phillip Sollmann - Include me Out

Klopapier und Bento Box

Dass ich eines Tages noch mal dazu gezwungen sein würde, in der Bloggerszene tätig zu werden, hätte ich mir nicht träumen lassen. Der Betreiber dieser Online-Gazette hat es vermocht, mich in eine Abhängigkeit zu bringen, aus der heraus ich nicht anders kann, als “ts,ts” durch die Zahnlücke zischend zum Wischbrett zu greifen und die gewünschte Fotostrecke + Kommentare zusammen zu stellen.
Da ich, wie es sich vielleicht herumgesprochen hat, am liebsten ins ferne Japan reise, lag es nahe, dort zu beginnen. Hier ein paar Alltagsszenen und Beobachtungen aus dem Land, das schon Bruno Taut so faszinierte und in dem ich im Herbst 2012 für drei Monate leben durfte.

Der Einfluss der Yankees auf das japanische Leben ist omnipräsent. Wie die meisten fremden Dinge, die Japaner in ihre Kultur aufnehmen, haben sie auch im Falles des Klopapiers eine Optimierung vorgenommen. Ich behaupte: Japaner können nicht nur besseren Kaffee kochen als Italiener – sie haben auch das beste Klopapier der Welt.

Ich kann mich nicht entscheiden, welches ich bevorzuge: Shutlle 130 hat zwar 20m weniger auf der Rolle als Pinguin, ist dafür allerdings von einer unbeschreiblichen Seitigkeit, dass ich gerne öfter mal eine neue Rolle aufmache als zu sparen. Beide Produkte finden sich auf der Halbinsel Wakayama, die nicht nur des Toilettenpapiers wegen eine Reise wert ist, sondern auch die besten Umeboshi (in Salz und roten Shiso-Blätter eingelegte japanische „Ume“-Früchte) erzeugt.

Der Tempel Saiho-ji in Kyoto wird auch Kokedera genannt, was so viel wie Moostempel bedeutet. Der Zutritt ist dem gemeinen Touristen nur möglich, wenn er rechtzeitig eine nur in Japan erhältliche Rückantwort-Postkarte an den Tempelvorstand schickt (mindestens vier Wochen im Voraus) und um einen Besuchstermin bittet. Der wird dann schriftlich mitgeteilt. Ist man zu genannten Zeitpunkt pünktlich am Tor, wird der Einlass gegen ein geradezu halsabschneiderisches Entgelt gewährt. Bevor man in den einzigartigen Moosgarten darf, muss man sich noch in Kalligraphie üben, was glücklicherweise auf sehr hübschen Stühlen vonstattengeht. Der Moosgarten macht später jeglichen Sarkasmus in sattem Grün zunichte.

Dieses Bild ist unheimlich Japanisch. Es zeigt Menschen in einer Gruppe bei der Besichtigung von etwas. Schön.

Sehr gut gefällt mir dieses Bild, das Japaner zeigt, die andere Japaner fotografieren.
Dies ist ein Strand auf der Insel Yakumshima – einem der schönsten Orte der Welt.

Ich fahre unheimlich gerne Taxi in Japan. Dieses Bild zeigt warum. Die Geborgenheit könnte nicht größer sein.

Wenn man sich länger in Japan aufhält, kann man den Eindruck gewinnen, dass es nicht nur unheimlich viele Menschen gibt, sondern auch viele Berufe, die bei uns längst wegrationalisiert worden sind. Wird beispielsweise ein Kanaldeckel inspiziert, stehen mindestens vier Sicherheitsmenschen herum, die mit Leuchtstäben Fuchteln und darauf achten, dass niemand hineinfällt. Polizisten tauchen auch meist in Clustern auf und reden ohne Unterlass durch ihre Megafone auf die Menge ein, die davon keine Notiz zu nehmen scheint. Es ist mehr als irre. Dafür sehen Sie allerdings toll aus und leuchten im Dunkeln.

Sehr beeindruckt haben uns diese Damen, die nicht nur Atomkraft-Gegnerinnen sind, sondern auch sehr weitsichtig gegen das leider später verabschiedete Geheimhaltungsgesetz von Shinzo Abe demonstrieren.

Der eben erwähnte Abe hängt im ganzen Land dauerhaft auf fest installierten Plakaten und macht klar, wer jetzt das Land führt. Definitiv jemand, vor dem man Angst haben sollte. Leider erst kürzlich wiedergewählt.


Zum Abschluss eine sehr schöne Begebenheit: Hier kaufe ich gerade eine Bento-Box von einem sehr freudllichen Verkäufer, der täglich zum Wasserfall auf Yakushima radelt und kurz vor dem verhungern stehende Touristen rettet. Oishi desu!

 

In der nächsten Folge geht es um Fermentation und das Geheimniss des Nukadoko.

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