Jubiläum und Wahnsinn

20 Jahre Mutter halt

Diesen November im Jahre 2018 wurde die sehr gute Gaststätte MUTTER 20 Jahre alt. Da mich dieser Geburtstag mehr begeisterte und am Herzen lag, als mein einiger weniger Tage zuvor, bestieg ich kurzer Hand einen Zug und bin ohne Zwischenstopps nach Hamburg gefahren, um mal zu schauen, was da „so geht“ bei den alten Damen und Herren Indie-Kneipe, deren Festivitäten im Knust stattfanden. Ein Huldigung inklusive Abfahrt von Saskia Timm.

20 Jahre Mutter – da greift einem beim Aussprechen der Wörter der Sensenmann schon gefühlt von hinten in den Nacken. Was war denn die letzten zwanzig Jahren geschehen, oder besser, woran erinnert man sich überhaupt noch wenn frau von erwähnten 20 gefühlt 17 dort verbracht hat? Heißt für mich zum Beispiel 3 Umzüge, 3 lange Beziehungen, 4 Jobs, mehrere Beerdigungen. Freunde kamen und gingen, das Leben war schön und war schwer, Bestand jedoch versprach nur eines: das Souterrain Stresemannstraße 11, 22767 Hamburg. Knut, Eike, Fynn, Kiki, Matze, Robert, Diana, Tobi, Conny, und viele anderen deren Namen mir jetzt leider kurzfristig entfallen sind, alles solide Nachtmenschen die einem durch die Jahre und so manche Krise halfen, Schnaps schenkten, Tränen trockneten, einen aufweckten, ins Taxi steckten, Lieblingsmusik reinpackten damit man aufhörte zu nerven, anschreiben ließen, vergessene Schlüssel, Handys und Portmonees bunkerten bis man wieder nüchtern war und das eine oder andere Leben retteten (ich erinnere ich an einige spektakuläre Unfälle oder ungeile Situationen in und vor dem Laden, deren glimpflicher Ausgang nur dem wachen Barpersonal zu verdanke war). Auch ich muss hier eben Danke! sagen wegen zu ziemlich allem da oben. Man mag jetzt denken: ja nu? Normal geile Kneipe halt, ne? Dagegen muss ich jedoch ein klares JEIN einwerfen. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass jeder halbwegs kulturell interessierte Mensch in etwa weiß, für was die Mutter auch steht (Spoiler: geile Bands, kuck einfach mal in Deinen Plattenschrank unter (Neue) Hamburger Schule, so ziemlich jede/r hat dort schon 20 Kisten Bier getrunken), und schließlich soll das hier kein Roman werden.

Erster Schreck bereits vorm Betreten des Knust: WIE NICHT DRINNE RAUCHEN?! Ungläubige Blicke streifen ratlos umher, Tränen laufen, irgendwo schreit jemand. Aber nun gut, die Fascho-Nichtraucher werden uns nicht ewig knechten können, denn wir sind mehr. Nach Eintritt und Begrüßungsspalier schlendern wir in aggressiver Rauchlaune zum Merch. Dort sofort ein Lichtblick, denn es gibt Merch beim Merch. Merchboy-Conny winkt! Ja, komm gib her, zwei Shirts bitte, ja Beutel auch. Danke! Von ein paar Meter weiter hinten dringen Stimmen aus dem Backstage. Und kommt da nicht Qualm raus? Da die Kneipe Mutter wie eine sehr gute Band ist und die Nähe zu Ihrem Publikum sucht, ist die Tür natürlich offen. Hallo Krausi, Hallo Patrick, Hallo Joachim, Hallo Kiki, Hallo Hallo Hallo! Feuerzeige klicken, Bier klirrt – Home! Dort fällt unser Blick auf die Running Order, die ich „amtlich“ nennen würde, hätte einen Penis und würde für das Burger King Magazin schreiben. Ich mache ein Foto davon und schicke es Linus, der zurück schreibt, er schnalle ab. Soll ich mal sagen? Bitte: Frau Kraushaar, Patrick Siegfried Zimmer & Ruth May, Stella Sommer, Herrenmagazin, Der Bürgermeister der Nacht, Sport, Knarf Rellöm & DJ Pattex just to name a few. Das Rahmenprogramm bilden Diashows mit eingereichten Fotos des Personals und der Gäste aus yours truly ich, viele bunte DJs und Bilder der wunderbaren Kasia Kandel.

Ich habe versucht alle Konzerte anzusehen oder wenigstens reinzuschauen, was aber anhand der Massen an Menschen mit denen ca. alle 3 Meter ins Gespräch kam, nicht immer machbar war.

Der Bürgermeister der Nacht

Die Gruppe Sport

Herrenmagazin

Stella Sommer (Die Heiterkeit) und Stefanie Hochmuth (ehemals Die Heiterkeit)

Haku San

Der Abend startete ruhig mit Frau Kraushaar (solo, obwohl anders geplant) mit einem kleinen, feinen, ambientigen, klingelnden Set, gefolgt von Patrick Siegfried Zimmer (check out das neue Album pls), der von Künstlerin Ruth May auf der Violine begleitet wurde. Traurig und wunderschön. Bei den ersten beiden Acts wurde zudem meine Meinung manifestiert, dass man Menschen, die außer wegen eine Getränkebestellung bei ruhigen Songs lauthals labern, durchaus mal Backpfeifen geben darf. Rücksichtslose Schweine, verpisst Euch zu Spotify! Bei Stella Sommer, die ebenfalls ein wunderbarer Tearjerker war (insbesondere die Coversion von “Unchained Melody” der Righteous Brothers zusammen mit Ex-Heiterkeit, now mother of Übel & Gefährlich Stefanie Hochmuth) sah das ganze schon etwas besser aus, vermutlich einfach aus Ehrfurcht und Angst vor Stellas strafenden Blick oder weil er schon mal ein paar auf die Fresse gab. Recht so.

Die Gruppe Sport

Den Großteil des Abends bestimmten rawkende Herren um die Dreißig – Fünfzig, zum Beispiel, die Mutter Supergroup „Die Gäste“ mit u.a. Tobias Levin und Carsten Hellberg, sowie die Emily Brothers, die als Abschlussact in fast Dinosaur-Jr.-hafter Manier den Laden zerkoppelten, bis alle sich halbtaub und glücklich betrunken zur Bar schoben.

Als Geheimgast wurde Die Gruppe Sport um 23:20 auf die Bühne gerufen und er wird gemunkelt, dies sei der erste Auftritt seit 6 Jahren gewesen. Der kurze Slot von 15 Minuten für jede/n KünsterlerIn tat Sport sehr gut, die ausschließlich „20 Jahre alte Songs“ (Felix) spielten und mal wieder zeigten, dass „männliche“ Rockmusik mit Wumms auch einfach sehr sehr gut und unklischeehaft sein kann und Sport definitiv zu den spannendsten, lauteren, nicht-Hamburger Schule Bands die in den 90’gern gegründet wurden gehören und heute einfach fehlen.

Swearing at Motorists mit Dave Doughman und Martin Boeters wie immer Rocksport (!), Exstase und Duracellhase in einem, kurzweilig, geil, bockt.

Estrellas de Carla

Persönliches Highlight jedoch die wunderbare, kinky, burlesque-y Show von Estrellas De Carla. Federn, Pailletten, Tijuana-Style, Striptease und Bling-Bling kulminiert zu einer unfassbar sexy, glitzernden, schwoofenden, groovy (ja, echt) Performance mit der strahlenden Carla als Übermutter, die machte, dass jede/r der festen Meinung war: auch ich kann Rumba tanzen. Besonders nach 100 Jever. Und wollte ich nicht schon immer mal da mit meiner Nachbarin knutschen? Und treffen wird uns mal zum schminken, Jörg? Herrlich! Der AfD gefällt das nicht.

Bevor der Abend begann hatte ich die Weltidee, einzelne KünsterInnen im Portrait zu fotografieren und mir dazu zwei Statements einzuholen („Was ist dein Lieblingsgetränk in der Mutter?“, „Warum gehst Du hin?“). Aber um einen ehemaligen Mutter-Gast frei zu rezitieren: Die Idee war gut,doch die Welt noch nicht bereit. Denn nachdem ich mein erstes Foto im Handy hatte und die sehr gute Musikgruppe Der Bürgermeister der Nacht befragte und die Antworten per Stichwort notieren wollte, gab mir Ihre Hoheit Joachim Franz Büchner den Tipp: „kennst du nicht Sprachnotizen beim iPhone? Ich mach das auch oft!“. Hab ich gemacht, dann aber nie weiter nach den Befragungen draufgeguckt, da der Test 1A verlief. Hätte ich mal! Ich habe heute leider absolut, bis auf einige wenige Ausnahmen, keine Ahnung mehr, was da erzählt wurde, kann aber anhand der Uhrzeit der Sprachnotizen und des Fotos den Personen zuordnen. Liebe Leserin, lieber Leser: so ist das wenn Print tot ist. Ich möchte mich bei allen KünsterInnen und Gästen / Mitarbeitern der Mutter für die nette Beantwortung der Fragen beantworten, wenn Ihr Zeit habt, postet diese doch nochmal in die Kommis, lel! Ich belasse diese einfach in Ihrer ORIGINALVERSION (Klagen bitte an Sprachnotizen von Apple!)


DER BÜRGERMEISTER DER NACHT
Lieblingsgetränk Joachim: Bayreuther Helles, Fynn: Gin Tonic
Sprachnotiz (23:54 Uhr): ja ich muss sagen dass das nicht sein ich muss sagen dass das bei WhatsApp ja das ist in der Mutter gibt wirklich vortreffliches und mein absolutes Lieblings ihr ich habe sogar schon ein Werbevideo in der Mutter dafür gemacht also es ist folgendermaßen ich bin schon seit ich in Hamburg da also eine halbe Ewigkeit eine Ewigkeit an meine Mutter nämlich in meiner Mutter ja am Anfang hatte ich das Gefühl dass Knut immer grimmig zu mir war aber das legt sich dann auch als ich dann immer so nett an der Kasse meinte Freundesgruppe damals auch mit der Heiterkeit und so und ja muss damit Knut alles bestens verstanden und dann hat er mich irgendwann gefragt ob ich Anfang wenn der Mutter zu arbeiten aber dann meinte ich nie da habe ich zwei linke Hände früher habe ich Kinder jemanden und das war mein lieber Fynn mein bester Freund und wenn Kollege Band Kollege genau der hat dann da angefangen und eine lange Karriere dort hingelegt.
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SWEARING AT MOTORISTS
Lieblingsgetränk Dave: Jever, Lieblingsgetränk Martin: Jever
Sprachnotiz (0:49 Uhr): Eiskalt Jever Astra Bier nein als Karriereeis kaltes Jever eiskalt das jeweilige auf Deutsch sagen sag das mal rechnen bitte jetzt hast du schon alles verraten ich bin immer sehr gerne eine Mutter gegangen weil sie immer sehr lange auf hatte und immer sehr kaltes Bier lecker lecker lecker aber es gab ein Moment da wurde renovieren und dann wurden wir von den Wänden genommen und man muss sich plötzlich bei der ganze Klang der ganzen.
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MELIKE BILIR
Lieblingsgetränk: Gin Tonic (gemixt von Fynn Steiner Superstar)
Sprachnotiz 00:52 Uhr): Weil er sich selbst 2009 hast haben wir ja das wegen sagst es immer da unterweger wir alle sind zwar.
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CARSTEN HELLBERG (Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs)
Lieblingsgetränk: Bier
Sprachnotiz (1:06 Uhr): ich hoffe immer noch, dass ich das Recht hat auf das eine ist und will nicht alleine sein, dass die Leute die Familie haben, gehen wir ok also ist alles…
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PATRICK SIEGFRIED ZIMMER
Lieblingsgetränk: Wodka Halligalli
Sprachnotiz (1:27 Uhr): Um anzukommen
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CONNY WINTER
Lieblingsgetränk: Mate oder Cola mit Gurke
Sparchnotiz (1:29 Uhr): Am Beispiel von vielen Leuten gefragt ob ich da nicht bald mal anfragen sein möchte unser musikvideo mitgespielt habe haltbar man merkt die mutter.
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CHRISTIAN „KIKI“ WEISS
Lieblingsgetränk: Sambuca ohne Bohnen, langsam getrunken
Sprachnotiz (1:33 Uhr): ist der beste Ort der welt das ist definitiv der beste.
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KASIA KANDEL
Lieblingsgetränk: Mittlerweile bin ich eher bei Jever Fun, sonst war es Jägermeister
Sprachnotiz (1:41 Uhr): weil alle meine Freunde da sind ich kann den woanders hingehen.
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CHARLOTTE ARNHOLD
Lieblingsgetränk:
Sprachnotiz (2:46 Uhr): weil ich schon gegangen bin als ich 16 war und einer und er hat einen mann zu mir gesagt aber es ist die wahrheit ich war 16 jahre alt ja klar und es war nicht der beginn einer wunderbaren liebe es war einfach nur weil mich woanders immer nur hässliche männer anlaberten.
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FELIX MÜLLER
Lieblingsgetränk (4:18 Uhr): das ist das große Glas Leitungswasser wenn man endlich fertig ist mit dem ganzen Anderen.
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Abschluss Sprachnotiz, Urheber unbekannt (4:38 Uhr):
ich wünschte carsten sandkämper hätte diese veranstaltung gesehen danke.

Hiermit möchte ich schließen und denke: JAOK.
Beim 25 Geburtstag werden wir alle explodieren.
PS: Fabio Papais ist übrigens der Kevin Kuhn Hamburgs.

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