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Jede Woche ein Rant. Heute… (Hetero-)Sex und Gesellschaft 

Wer in Bezug auf Internet-Humor nicht aufpasst, bleibt irgendwann vielleicht doch bei Willy Nachdenklich, oder Tattoofrei oder – WLAN, bewahre – bei dem moralischen Postkarten-Opa Barbara hängen. Um möglichst vielen dieses Schicksal zu ersparen, haben wir bei kaput keine Mühen gescheut und das Autorinnen-Kollektiv des geilsten Facebook-Portal überzeugt, uns regelmäßig Content zu überweisen. Konkret dreht es sich hierbei um Feelgood-Hass unter dem Banner “Jeden Tag ein Rant”. Bei uns läuft die Nummer allerdings nur einmal die Woche, für mehr sind wir zu alt. Heutiges Thema: (Hetero-)Sex und Gesellschaft.

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Es ist das Jahr 2018, wir (jt1r) sind und ihr seid alle nicht mehr 17, sondern eher jenseits der 20 (sry aber das sagen unsere *Insights*, zwinker) und trotzdem stresst uns das Thema SEX beziehungsweise die gesellschaftlich produzierten Vorstellungen davon gefühlt wie beim ersten Mal.

In der Werbung, in Filmen, allen Medien: Wir werden vollgeballert mit Sex. Obwohl, nee: Wir werden mit nackten Menschen, die Sex suggerieren sollen, vollgeballert. Auch was wir in den internetüblichen Pornos sehen ist meistens kein Sex. Solchen Sex hat keiner, wir bei unserem aber meist eines im Kopf: Die Bilder aus Pornos und Werbung und die gefühlten Erwartungen, die an uns gestellt werden.

Ein (durchaus aufgeklärter, feministischer und linker) Freund meinte letztens: „Ja, ich habe auch oft das Gefühl ich muss es bringen, ich muss abliefern und wenn es dann mal nicht klappt, ist das schon so‘n Männlichkeitsding, auch wenn ich das selber albern finde.“ Und „es bringen“ ist dann = Penetration weil nur das ist = „richtiger“ Sex. Da habe ich news für euch: It’s not.

Es ist (leider immer noch oft) so: Wenn Frauen mal nicht wollen sind sie prüde, wenn Männer nicht können, ein Schlappschwanz. Genau: Frauen wollen nicht und man muss sie irgendwie rumkriegen, man muss sie erobern und dazu bringen und Männer wollen ja prinzipiell IMMER, das ist so ihre Natur, ihr Trieb, sie können nicht anders und wenn sie mal nicht wollen muss mit ihnen irgendwas ~wrong~ sein.

Diese Argumentation eignet sich dann auch wunderbar zum Abmildern und Rechtfertigen von sexualisierter Gewalt („das ist halt deren krasser Trieb einfach, so sind Männer“) bzw. zum Slutshaming bei Frauen („mit wie vielen Typen schläft DIE denn, voll unnormal“). Wow, Sexismus auf der Höhe im 21. Jahrhundert.

Genauso wie Beziehungen ist Sex aber meistens dann ziemlich gut, wenn er keinem Skript folgt. Bei beidem überlegt man irgendwie krampfhaft, was als Nächstes kommt und was (jetzt) schon darf und was nicht. Kommunikation mit der anderen Person darüber ist natürlich Beste, Konsens halt, aber Konsens mit der Gesellschaft: No thx.

Sowieso dass Sex son Ding ist: Yawn. Klar, Sex ist schon ziemlich gut, laut Werbung ja sogar „die schönste Nebensache der Welt“, denn normal, die schönste Sache ist immer noch Arbeit und bei beidem geht’s halt nicht ohne Leistung, da muss man performen. Aber mir fallen spontan auch noch ein paar andere Sachen ein, die ich ähnlich gut finde wie Geschlechtsverkehr und eine Bindung zwischen Menschen intensivieren kann: Saufen, über dieselben Dinge abranten oder auch ganz classic: Liebe.

Bevor jetzt wieder jemand sagt: ‚Mit was für Leuten hängt ihr denn ab?! Meine Freunde und ich sind nicht so!‘ Ja, wir sind oder wollen auch nicht so ein, aber mir fällt es schwer zu glauben, dass es Menschen gibt, die von diesem industrialisierten Sex-Imperativ gänzlich unberührt bleiben. Ist halt auch leider nicht möglich.
An der Klotür einer relativ bekannten Berliner Kneipe (ja ok, im Laidak lol) steht: „There is no free love/sex as long as there’s patriarchy.“ Das ist einer der klügeren Sachen, die ich an diesem Ort mal mitgeschnitten habe.

Und jetzt kann ich nicht einmal sagen „Fickt euch gesellschaftlich konstruierte Sex- und Beziehungserwartungen“ denn sich ficken ist ja eigentlich was ziemlich Schönes. Fuck.

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