Records of the Week

Wesley Joseph  & Gruff Rhys

Wesley Joseph  
„Glow”
(Secretly Canadian)

Es ist sicherlich kein Zufall, dass – Kunst- und Musikhistorisch gesprochen – es oft jene Künstler:innen sind, die am eigenwilligsten mit den Paradigmen ihrer Gattung umzugehen wissen, die erst im Verlauf ihrer künstlerischen Genese zu dieser gefunden haben: Musiker:innen, die plötzlich die Kunst für sich entdeckt haben, oder eben Künstler:innen, die es magisch zur Musik zog.

Wesley Joseph, der in einer kleinen Stadt in Großbritannien ohne größere künstlerische Anbindung aufgewachsen ist, zog ursprünglich für ein Filmstudium nach London, doch über das Hineinschlittern in eine Clique aus hochtalentierten Musiker:innen, zu der unter anderen Joy Orbison und Leon Vynehall gehörten, sprach plötzlich eine andere Muse zu ihm. Und wie sie sprach, bereits die Debütsingle „Ghostin“ positionierte Joseph als vielversprechende neue Stimme des britischen Future-R´n´B.

Nach dem selbstveröffentlichten Album „Ultramarine“ ist er mit „Glow“ nun auf Secretly Canadian gelandet, also bei jenem Label, auf dem sich auch Antony and the Johnsons einst als Signature Voice etabliert hat. Beide eint die Ehrlichkeit, mit der sie die eigene Welt teilen, und auch das Talent für die Geschichten menschlicher Gefühlswelten eine eigene poetische Sprache zu finden, die voller outerworldly Momente ist, im Fall von Joseph gebettet auf elektronischen Produktionen, oft smooth-verlockend, aber mindestens genauso oft auch düster-bedrohlich.

Gruff Rhys
„The Almond & the Seahorse“
(Rough Trade Records)


Es ist nicht ungefährlich für einen Musiker, wenn er gleich mit dem zweiten Album seine Musik in den Dienst ein anderen Kunst stellt. Das gesagt hegte ich eine gewisse Skepsis, ob das gut gehen kann, dass Gruff Rhys auf sein Debütalbum “Seeking New Gods” mit „The Almond & the Seahorse“ einen aus 22 Songs bestehenden Soundtrack folgen lässt. Eine Skepsis, die sich genau über die 1:22 Minuten Länge des Eröffnungstracks „Skyward“ hält, der eben mehr Streicherunterlegung für eine Filmsequenz als Song mit eigenem Autorenanspruch ist, doch schon mit der darauf folgenden Klangcollage „The Brain And The Body“ sind derartige Bedenken passe.

Im Gegensatz zu den Befürchtungen arbeitet das Format Soundtrack Rhys zu, eröffnet es ihm einen unendlichen Spielraum für kleinere und größere Soundexperimente kosmischer Natur, die wunderbar mit seinem klassischen Songwriting in der Tradition der Beatles (für den Soundtrack verstärkt durch den Einsatz eines Mellotron-Synthesizer, wie diese ihn auf „Strawberry Fields“ verwendet haben, eine klangliche Referenz an den Filmhandlungsort Liverpool)) oder Badly Drawn Boy harmonieren.

Der Film zum Album kommt dieser Tage übrigens auch in die Kinos und erzählt die Geschichte zwei Frauen (gespielt von Charlotte Gainsbourg und Rebel Wilson, deren Partner jeweils an Gedächtnisverlust leiden.

 

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