30 minus 5 = Existenzgefährdung
Zum 1. Juli schafft die DHL die internationale Warenpost in ihrer bisherigen Form ab. Das klingt erstmal belanglos, hat jedoch zur Folge, dass der Versand von Schallplatten um ein vielfaches teurer wird. Besonders betroffen sind davon Kleinunternehmer:innen und private Verkäufer:innen, so wird beispielsweise die Discogs-Community extrem negativ davon tangiert werden.
Wollte man bislang eine Schallplatte im 12“-Format international verschicken, fiel das in die Kategorie „Standardformat Warenpost international 30 mal 30 Zentimeter“ – bis zu einem Gewicht von 500 Gramm kostete der Versand 5 €(mit Tracking 7,35€). Ab Juli kann man nun aus Deutschland in die Welt außerhalb der Europäischen Union nur noch in Form eines Päckchens oder Paket versenden, wobei der Preis für das kleinste Päckchen bei der DHL 15,89€, mehr als das dreifache der bislang günstigsten Versandart. Und das alles nur wegen 5 Zentimetern – denn die Warensendung verschwindet bei der DHL keineswegs komplett aus dem Format-Angebot, ihre maximale Breite wird nur auf 25 Zentimeter reduziert.
Für Andy Vaz, Kölner DJ, Produzent und Betreiber des Yore-Store hat das fatale Auswirkungen auf seinen gerade erst während der Pandemie etablierten Schallplattenversand mit Schwerpunkt auf House-Releases aus Detroit und Chicago. „Mehr als die Hälfte meiner Kunden bestellen lediglich eine ein oder zwei Platten“, führt Vaz aus. „Die neuen Preise bedeutet, dass ich sie dazu anhalten, größere Bestellungen vorzunehmen, damit sich mein Geschäft lohnt – oder ich kann den Laden dicht machen.“ Denn eins-zu-eins weitergeben kann er die Postkosten an seine Kund:innen aus aller Welt nicht, beziehungsweise dann bestellt eben niemand mehr. Vaz klagt: „Den meisten ist die Tragweite des Problems gar nicht bewusst, dabei betrifft es wirklich alle. Allen voran wir kleinen Händler:innen.“
In der Tat kann man die dunklen Wolken, die über Discogs und Bandcamp (wo auch zumeist einzelne Platten bestellt werden) aufziehen, gar nicht düster genug zeichnen angesichts des existenziellen Risikos, die die Umstellung bedeutet. „Das zieht sich durch die ganze Wertschöpfungskette“, kommentiert Vaz. „Die Entscheidung hat einen immensen Rattenschwanz.“
Aufgeben ist deshalb keine Option für Vaz, der sich stark um Pressberichterstattung und Solidaritätsaktionen bemüht. „Es ist an den Betroffenen aus der gesamten Musik-Branche, sich gegen die anstehenden Veränderungen zu wehren und dem Thema eine gewisse Öffentlichkeit zu geben“, gibt er kämpferisch zu verstehen. „Wir müssen alle an einem Strang ziehen, um DHL und der Politik, die große Teile der Versand-Logistik immer weiter dereguliert hat, zu zeigen, wie sehr wir betroffen sind.“
Ein Anfang ist gemacht: Auf Change.org setzt sich eine Petition für den Erhalt der „Warenpost International“ mit den bisherigen Maßen ein – die für das Erreichen der ersten Marke notwendigen 7.500 Unterzeichner:innen sind derzeit fast gefunden, insofern zählt jede Stimme.
Mehr Informationen zu Yore Records.
Wer sich für das Vinyl-Angebot von Andy Vaz’s YORE STORE interessiert, kann seinen Newsletter subskribieren, indem er subscribe in die Betreffzeile einer Mail schreibt und diese an info@yore-records.com sendet.
Top 10 Andy Vaz (Yore Store, Köln)
1. Vick Lavender / Fragile – Live At Sonotheque Chicago (Sophisticado Recordings)
2. Roberta – What i wants to do EP (PoEM)
3. Gene Hunt – Feel My Soul (Contrafact-003)
4. INSANE WHO SANE – Come Back To Me (WDJT001)
5. Andres – Sunday Kinda Love EP (MCWR012) WHITELABEL
6. JUJU – EMANUEL PIPPIN PRESENTS: JUJU “DISCO” (L.A. CLUB RESOURCE LACR 034)
7. Kyle Hall – Polycronic EP
8. Steve Crawford Arctic Vibration (Upstairs Asylum Recordings)
9. Fred P – Unofficial Covers Interpretations (not on Label)
10.Keith Tucker (KT 19941) – Face Your Fate (Puzzlebox, PBX003)
Text: Malte Scheibe