Jubiläumsparty von Electronic Beats

Fuffifufzich „Ich wünsche mir, dass ich Leute mit meiner Musik erreiche, die ich gut finde“

Fuffifufzich at EB, Neukölln (Photo: Natalie Mayroth)

 

CANK goes Electronic Beats (Photo: Natalie Mayroth)

Unten dröhnt der Bass. Im Erdgeschoss des ehemaligen Kaufhauses CANK in Neukölln findet die Jubiläumsparty von Electronic Beats statt – irgendwo zwischen stillgelegter Rolltreppe und schimmernden Posterwänden. Später am Abend wird hier auch Fuffifufzich mit ihrer Band auftreten. Kurz vor dem Auftritt sitzt sie eine Etage höher im Backstagebereich.

Sie trägt Sonnenbrille, ist Mitte dreißig, etwa 1,60 Meter groß und strahlt eine coole Gelassenheit aus.
Die Künstlerin, die hinter Fuffifufzich steckt, hat bereits eine beachtliche Karriere zurückblicken. Doch heute geht es um Musik. Genauer gesagt um „Heartbreakerei“ – so heißt nicht nur einer ihrer Songs, sondern auch das Debütalbum, mit dem sie sich 2022 als deutschsprachiges Pop-Phänomen etablierte. In diesem Jahr folgte das zweite Album „Feel zu spät“.

„Mein Fachgebiet ist die Liebe, fast alle meine Lieder handeln davon”, sagt Fuffifufzich auf der Bühne. Zwischen Retro-Synths, 90er-Referenzen und elektronischem Lo-Fi-Pop verhandelt sie alltägliche Gedanken, Unsicherheiten und das große Thema Liebe. Nicht kitschig, dafür mal ironisch, mal ernst mit eingängigen Melodien. „Nichts ist for the Ewigkeit”, singt sie und klingt dabei wie die Tochter, die der Sänger Falco nie hatte.

Fuffifufzich lebt den Moment. Sie macht Herzschmerz glamourös. Seit einigen Jahren mischt sie nun schon die deutsche Pop-Landschaft auf. Sie spielt zudem Klavier und Gitarre, doch als Fuffifufzich auf der Bühne fokussiert sie sich auf Gesang, Texte und Haltung. Die Musik als auch die Figur entstand unabhängig vom Theaterstück „Don’t Be Evil, das 2019 an der Berliner Volksbühne aufgeführt wurde, heißt es. Da beides perfekt zusammen passte, wurde die Rolle der Fuffifufzich samt zweier Songs „Life is scheiße / Du bist nicht dumm“ Teil der Inszenierung – und trat von dort aus ihr Eigenleben an.

Fuffifufzich, was war zuerst für dich da, die Liebe zur Theaterbühne oder zur Musik?

Fuffifufzich: Die Liebe zur Musik. Schon seitdem ich geboren wurde – jetzt muss ich kurz rechnen – vor sieben Jahren.

Welche:r Künstler:in würdest du gerne eine Platte von dir in die Hand geben und warum?

Ich würde Cher gerne eine Platte von uns in die Hand drücken, einfach weil sie so eine bemerkenswerte Musikerin ist. Sie ist ja jetzt auch schon älter, und ich fände es schön, wenn sie unsere Musik noch hört – bevor es sie vielleicht irgendwann nicht mehr gibt

Und sie ist zudem eine sehr beeindruckende Frau.

Die gerade ein Buch rausgebracht hat – ihre Biografie. Ziemlich toll.

Cher steht für verschiedene Genres. Euer Sound klingt nach Synthie-Pop, aber er denkt auch in der Gegenwart. Man hört viel Pop, der belanglos wirkt. Das Gefühl habe ich nicht bei euch.

Ich will mir nicht anmaßen zu sagen, dass andere Musik belanglos wäre. Ich glaube, alles hat irgendwie seine Berechtigung. Aber ich würde mich jetzt auch nicht auf ein Genre festlegen. Das ist vielleicht auch der Grund, warum unsere Musik relativ großen Anklang findet. Es ist ein Mix an verschiedenen Genres. Da ist vielleicht für jeden und jede was dabei.

Beim Hören eurer Songs musste ich an Bilderbuch denken, obwohl ihr eigentlich anders klingt.

Bilderbuch, das ist ein Kompliment.

Absolut. Ihr klingt nicht nach Eurovision Song Contest.

Dabei hatten wir uns für den ESC angemeldet – aber wir wurden nicht genommen. Was vielleicht auch besser ist so.

Wie wichtig ist dir der Raum, wo deine Musik gespielt wird?

Der ist mir wichtig, weil ich mir natürlich wünsche, dass ich Leute mit meiner Musik erreiche, die ich gut finde. Mein Publikum ist eher FLINTA* und queer und – die halten sich ja meistens eh in Räumen auf, die auf der richtigen Seite stehen. Ich würde nicht bei einem AfD-Auftakt spielen.

Sie würden dich wahrscheinlich auch nicht einladen.

Ja, zum Glück nicht.

Elektronische Musik war mal Underground. Heute ist sie überall. Wo siehst du dich in der Entwicklung – nutzt du die große Bühne oder tanzt du lieber in der Nische?

Unterschiedlich. Ich finde es schön, dass wir gewachsen sind und inzwischen auf größeren Bühnen spielen – dafür bin ich total dankbar. Trotzdem erinnere ich mich auch gern an die Zeit zurück, wo man in kleinen, schwitzigen Clubs gespielt hat. Das bedeutet noch nicht, dass es vorbei ist, aber ich finde, beides hat ein Für und Wider. Aber im Club ist man natürlich näher an Menschen – und das ist mir schon wichtig – eine Verbindung zu meinem Publikum zu haben. Das funktioniert natürlich auch auf einer großen Bühne, aber trotzdem ist man dann irgendwie weiter weg, es gibt Barrieren. Früher bin ich bei Shows noch ins Publikum gelaufen. Jetzt nicht mehr.

Du bist hier in Neukölln zuhause. Wie ist es, quasi im Wohnzimmer zu spielen?

Entspannt. Ich konnte mit dem Fahrrad hinfahren. Das war irgendwie schön. Und es ist natürlich auch schön, weil ich hier viele Friends habe, die dann vorbeikommen können und ich weiß, ich habe nicht so einen langen Nachhauseweg. Und ich konnte heute ausschlafen.

Wen würdest du lieber zum Kaffee, Andreas Dorau oder Caroline Polachek (von Chairlift)?

Im Zweifel würde ich die weiblich gelesene Person treffen. Wobei – bei Andreas Dorau würde ich auch nicht nein sagen.

Fuffifufzich (Photo: Natalie Mayroth)

Woher kommt deine musikalische Inspiration?

Querbeet. Ich höre frühe Synth-Pop-Sachen, aber auch Christiane Rösinger – ihre Texte beeindrucken mich total. Und dann halt Grönemeyer, Hip-Hop, Cardi B. Also ich kann dir konkrete Personen sagen. Ich glaube, das ist unterbewusst, man hört ja einfach viel Musik, jetzt auch natürlich, durch Streaming-Dienste wird man kreuz und quer durchgeballert.

Christiane Rösinger ist schon sehr Berlin. Ich erinnere mich da an die Flittchenbar im Südblock, die eine Institution des Kreuzberger Nachtlebens war …

Ja, sehr. Ist das schlimm?

Nein, überhaupt nicht! [Beide lachen] Es ist aber schon eine Nische für sich.

Meine frühen Einflüsse waren Modern Talking. Aber Dieter Bohlen und Thomas Anders – da bin ich raus. Aber Synthie-Sounds aus den 80ern, das taugt mir schon. Und auch 90er volle Kanne. Ich hab eigentlich auf alles Bock – außer auf Heavy Metal. Deshalb gibt’s bei mir auch keinen Heavy-Metal-Song. Tut mir leid. Aber ich hab nix gegen Metaller.

Deswegen trägst du schwarz?

Genau!

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