Thank Me Later w/ Fotos
„Wie aus einer Leuchtpistole schieß’ ich aus der Gegenwart“. Ein Eintritt in neue Sphären, Veränderungen der Perspektive, Erweiterung des Bewusstseins – die Erleuchtung, pathetisch gesagt. Das ist nichts für nebenher; das muss man schon wollen. Ähnliches lässt sich auch über das neue Album der Fotos sagen. Mit dem bisherigen Schaffen der Hamburger hat das hier nichts mehr zu tun, es ist kein Indie-Pop und auch kein Shoegaze mehr und es verlangt von Anfang bis Ende ungeteilte Aufmerksamkeit: „Auf zur Illumination!“ fließt und fliegt durch einen ganz eigenen Kosmos, löst Raum und Zeit und alles Gewohnte auf. Songstrukturen verschwinden, das kleine Einmaleins aus Strophe-Bridge-Refrain scheint in diesem spacigen Fiebertraum geradezu lächerlich banal und ganz weit weg.
Fotos machen jetzt Psychedelic Space Rock?
Ja und nein. Der Geist der späten 60er und früher 70er umweht dieses Album und manifestiert sich irgendwo zwischen Can und Gong, allerdings mit angezogener Handbremse und das ist alles andere als despektierlich gemeint. Im Gegenteil, denn in der Entschleunigung dieser Songs liegt ihre besondere Kraft. Das permanent gegenwärtige aber nie eingelöste Versprechen auf die finale, ekstatische Explosion erzeugt eine Spannung, die im Verlauf des Albums stetig zunimmt und beinah greifbar wird. Reduktion und Verweigerung sind wesentliche Elemente des Albums – und ein mutiges Statement. „Es war uns erst fremd, doch dann wurde es unser Begleiter“ heißt es im großartigen Opener „Rauschen“ und überschreibt damit das gesamte Album, das mit jedem Durchlauf weiter ans Herz wächst.
Die neuen Songs entstanden während des Lockdowns in Heimarbeit, ohne großes Studio-Equipment, und genau dieser Lo-Fi-Charme lässt sie so sehr strahlen. Tom Hessler singt zu den warmen, analogen Klängen eines Serge Moduar Systems von Galaxien und Walen, Nachtschatten und Opalen, und wirft sich mit einer Innbrunst in seine dieser Welt entrückten und mit Zitaten gespickten Zeilen, dass man Timothy Leary vor Freude jauchzen hört. Hier gelang mit kleinen Mitteln ein großer Wurf; „Auf zur Illumination“ ist ein Album wie ein guter Trip: Hinterher ist man ein wenig irritiert, fühlt sich aber auf jeden Fall besser.
Kurz vor dem Release baten wir Tom um eine Playlist und erhielten knapp drei Stunden feinste Auslese: Beak, Jimi Tenor, Suicide, Q Lazzarus, The Notwist, Al Pagoda und mehr: „Eine erleuchtende Musikmeditation mit meinen Inspirationen, Wegbegleitern, Kollegen und Freunden“. So feiert man einen Release. Wir sagen Danke, gratulieren Tom, Deniz, Benedikt und Friedrich zum famosen Album und schließen meditativ mit einem heiligen OHM. Nada Brahma, quasi. Die Welt ist Klang.
Wir verlosen ein Exemplar von “Auf zur Illumination!” auf Vinyl!
Mail mit dem Betreff FOTOS an daniel.ibald@kaput-mag.com