Emily A. Sprague „Water Memory / Mount Vision“ (RVNG Intl.)

Emily A. Sprague
„Water Memory / Mount Vision“
(RVNG Intl.)

Es ist kein klassisches Doppelalbum, was Emily A. Sprague für das New Yorker Label RVNG Intl. hier in Doppel-Lp- und Cd-Form vorlegt, sondern die Zusammenführung (und Ergänzung um neue Stücke) von zwei bis dato nur als Kassette veröffentlichen Alben, liebevoll von Taylor Deupree für diesen Zweck neu gemastert. Wobei sich das Wissen um diesen Hintergrund nicht zwingend aus der Musik ableitet, da die Stücke beider Alben in einen stimmigen Dialog treten, nicht zuletzt getragen von dem identischen Spiel mit Settingvorgaben in Form von Naturbezügen („Water“ und „Mount“) und Tracktiteln (von „Water Memory Poem“, „A Lake“ und „Your Pond“ zu „Mount Vision Poem“, „Synth 1“ und „Piano 2 (Mount Vision)“).

Das große Talent von Sprague liegt in den multiplen Ausdrucksformen ihrer Musik, die nicht nur über ihre Stimme und die poetischen Texte kommunziert, sondern eben auch über die Klangschwingungen. Man versteht sofort, was die Künstlerin meint, wenn in den Linernotes von Phasen der Selbstheilung die Rede ist, die in die Alben eingeflossen sind. Den warmen, lebendigen Stücken beider Alben haftet in der Tat etwas meditatives an, sie öffnen nicht nur irdische Assoziationswelten, sondern auch Klangräume, die im Inneren der Hörenden liegen. Dementsprechend vergisst man oft, dass die Musik läuft. Wenn man am Ende, erweckt durch die Stille dann urplötzlich aufwacht, hat man analog einer Hypnosesitzung aber trotzdem nicht das Gefühl wirklich weg gewesen zu sein, nein, gerade das Gegenteil ist der Fall, es ist einem, als ob man in die Musik eingetaucht sei. Was auch den zeitlosen Charakter der Musik von Emily Sprague erklärt. Sie entstammt einer anderen Welt, einer, in der die Linearitäten unseres Alltags keine Rolle mehr spielen.
Thomas Venker