Record of the Week

Lucrecia Dalt „No era sólida“

Lucrecia Dalt
„No era sólida“
(RVNG Intl.)

Es gibt zwei Arten, sich der Kolumbianischen Klangkünstlerin Lucrecia Dalt zu nähern. Die eine betont die Hartnäckigkeit und das Durchhaltevermögen, mit dem sich Dalt seit 2005 und auf sechs Alben langsam künstlerisch positionierte – die ersten Jahre noch unter dem verkürzten Signet Lucrecia –, bevor sie 2018 mit RVNG Intl. endlich den richtigen Ort zum andocken fand und es plötzlich schnell ging, nicht zuletzt da ihr Debut für das New Yorker Label, „Anticlines“, eine fantastische Melange aus geologischen Field Trip und Klangkunst war.

Oder man betont die künstlerische Unberechenbarkeit der Wahlberlinerin. Es fallen einem nicht viele Musiker_innen ein, die derart frei agieren und sich für jede Performance immer wieder neu erfinden statt das einmal gefundene Erfolgsprogramm abzuspulen. Wer Lucrecia Dalt in den letzten Jahren live gesehen hat, weiß, wovon ich spreche. Während sie beispielsweise im Alten Feuerwehrhaus in Köln das Album-Material sehr klassisch und im Rahmen eines ON-Workshops passend aufführte (und erklärte), diente es im Pavelló Mies van der Rohe in Barcelona im Rahmen des letztjährigen Sonar Festivals lediglich als Ausgangsbasis für eine elegante Performance und Soundreise mit Tänzer_innen; beim diesjährigen CTM Festival nahm sie sich dann als Person völlig zurück und entwarf mit „You Will Go Away One Day But I Will Not“ eine Klanginstallation im Botanischen Garten der Freien Universität Berlin, bei der die Besucher_innen den Ort mit Kopfhörern selbst erkunden konnten und sich die Sounds je nach Position veränderten.

„No era sólida“ rückt nun Dalt als sprechende und singende Protagonistin wieder näher an uns heran. Wobei der Titel den fließenden und zugleich kammerspielartigen Charakter der zehn Stücke betont – jedes für sich repräsentiert eine neue Welt, aber immer in unmittelbarer Nachbarschaft gelegen, ganz so, als ob man die Songs von einem geteilten Mittelterritorium her betritt. Der Spanischen Sprache geschuldet versteht wohlmöglich nicht jeder per se die Wortbedeutungen – und doch ist das Narrativ spür- und verstehbar. Die Welt, die Lucrecia Dalt uns so eröffnet, sie klingt geheimnisvoll, ja auch fremd, doch immer einladend. Ihre zischenden, pluckernden und schwebenden Klangwelten wecken die Neugierde der Hörer_innen und locken einen so in die magisch aufgeladene Flora und Fauna von „No era sólida“.

Wenn alles gut geht und uns Corona nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht, wird Lucrecia Dalt am 4. November in der Kölner Philharmonie auftreten.

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