Blick zurück nach vorn

Autorenhonorar und Kirmesgeld – Von Popkultur leben 2024

27. Dezember 2024,

Ich schreib’s noch mal, weil ich es so gern lese: „Linus Volkmann verbrennt Goldbarren und ihr friert!“ Das sei Einleitung genug für die jährliche Inventur meines Schaffens als freiberuflicher Popkultur-Pacemaker. Was sagt das Finanzamt, wie groß sind die persönlichen (Un)zufriedenheitswerte und was waren die Hits?

Musikexpress

„Über die Mühen der Konsensbildung geht diese Blödelei einfach drüber weg. Das ist ein Stück schlechter Fernsehunterhaltung, die Politikverdrossenheit und Populismus vorweggenommen hat.“
(Jürgen Trittin über den „Steuer-Song“ von der Gerd-Show)

Ich habe dieses Jahr für die Print-Ausgabe des Musikexpress gefühlt mehrere Dutzend Interviews geführt, alle selbst gewählt. Das ist natürlich ein großes Privileg. Exemplarisch herausheben möchte ich dann mal dieses hier. Mit einem ehemaligen Bundesminister rede ich als Popkultur-Prinzessin dann ja doch eher weniger. Bei diesem Blind Date (man spielt jemand Musik vor und spricht dann darüber) war es aber der Fall. Jürgen Trittin legte dieses Jahr all seine politischen Ämter nieder und landete sanft in meinen Armen.

Musikexpress.de

„Als wäre es ein Erfolg, linke Ort zu zerstören“
(Interviewreihe über Boykotte alternativer Konzertlocations)

Alle zwei Wochen erscheint eine Online-Kolumne auf dieser Plattform – und ich versuche jedes Mal etwas aufzustellen, was irgendwie von Interesse ist oder knallt oder beides. Dementsprechend hoch her ging es hier imho. Es ging um Stefan Raabs neue Show, Autogrammkult, abwegiges Bandmerch, die EM-Übertragung oder das Pumuckl-Comeback. Ein paar Mal habe ich die Kolumne auch genutzt, um die Verwahrlosung der Popszene einzufangen. Der Nahost-Konflikt leistet einem immer weiter durchbrechenden Antisemitismus auch in Europa Vorschub. Allein das Hinschauen ist eine Qual – aber sich Abwenden wäre noch fataler. Ich führte unter anderem drei Interviews von verdienten linken Auftrittsorten, die von islamistischen Initiativen und unzähligen Acts massiv angefeindet werden für ihr Engagement gegen Antisemitismus.

Drunter & Drüber

„So erfährt man heute also vom Tod eines verdienten Musikers. Zwischen random Essensbilder und sponsored Posts auf Instagram taucht ein paar Mal sein Bild auf in Schwarz/Weiß. Das war’s dann. Zu Tode gescrollt.“ (RIP in Peace – Pietät auf Social Media)
Dieses Heft ist für mich die Entdeckung der Saison. Was eine interessantes Sammlung an Beiträgen unter dem Oberbegriff „Heimat und Tod“. Dass ich selbst noch was beisteuern durfte, hat mich natürlich erst recht gefreut.

#nichtgesellschaftsfähig. Musik, Psyche, Identität und Gesellschaft

Noch mal Tod und Vergänglichkeit. Für dieses unglaubliche Kompendium (Buch wiegt so viel wie ein Labrador) voller interessanter Leute und Beiträge habe ich noch mal mein großes Interview mit Torsun in seinem Todesjahr aufbereitet und es in Kontext gesetzt mit der Begegnung mit Almut Klotz (Lassie Singers), die ich kurz vor ihrem Tod im Jahre 2013 ebenfalls noch einem sprechen konnte. 

Köln ist Kaput

Mit Thomas Venker und unter dem Banner unseres mächtigen Kaput-Magazins gab es dieses Jahr auch wieder drei Termine „Talking Kaput“ im Stadtgarten zu Köln. Auf die von mir kuratierten Abende konnte ich Jenny Thiele, Julia Pustet, Stefanie Schrank und Pogendroblem einladen. Es ging dementsprechend hoch her.

Kaput-Mag

„Mein Anspruch ist, dass ich offen mit der Krankheit und ihren Folgen umgehen will – und nicht einfach den Schein wahren möchte. Ich muss aber nicht der taffe Typ sein, dem der Krebs am Arsch vorbeigeht und der noch lachend in den Tod rennt.“ („Nachruf: Torsun Burkhardt – Lustprinzip für immer“)

 

Am liebsten würde ich noch viel mehr beim kaput-mag stattfinden. Aber da wir uns hier keine Honorare ausschütten können, ist es schwer, sich regelmäßig Arbeitszeit zu blocken. Doch ohne Beiträge von mir lasse ich unseren Blog sicher nicht durchs Jahr gehen. Sehr zentral für mich auf jeden Fall der Nachruf auf Torsun Burkhardt. Still be missed. Habe seine Stimme jederzeit im Ohr. Ach, ach!

“Na, Bravo”

Am meisten Aufwand und Adrenalin schüttete ein weiteres Live-Event aus. Ich habe 16 mal mein Programm „Na, Bravo! Linus Volkmann liest aus Jugendmagazinen der letzten 30 Jahre“ auf die Bühne gebracht. Das war mir sehr wichtig – gerade auch im Rahmen meiner Selbständigkeit. Denn das ist ein Job für den ich keine Auftraggeber brauche. Das ziehe ich aus mir. Umso mehr habe ich mich beim Kartenverkaufen über Monate reingehangen. Vornehmlich durch das Nadelöhr Social Media (lies: Instagram). Dass es tatsächlich funktioniert hat, hat mich schon sehr stolz gemacht. Auch dass ich die September-Dates schaffte, ohne krank zu werden, ließ mich arg Aufatmen. Nächstes Jahr mache ich auf jeden Fall keine Bühnenshow. Da freue ich mich bereits drauf!

Die Information

Als Musikjourno wird man immer auch mal wieder gefragt, ob man Infotexte zu kommenden Platten schreiben könne. Meine Antwort: Ghosting. Haha, nee, so schlimm ist es nicht, aber das ist nicht meine liebste Textsorte. Denn wenn man spleenig oder kritisch abliefert, tut man dem Produkt, um das es geht keinen Gefallen. Also muss man brav schreiben und dabei aber interessant klingen. Anstrengend! Das mache ich nur bei Acts, die ich sehr schätze. Dann rinnt das Empfehlungsschreiben auch irgendwie selbstverständlich aus der Tastatur. Auf die drei Infos meines Jahres bin ich diesmal besonders stolz. Ich schrieb für CALI, Thees Uhlmann und Kettcar.

Goethe Institut

Wenn das Goethe Institut zweimal klingelt. Ich habe vier Texte zu deutschsprachigen Songs geschrieben, die ihre Zeit überdauerten: Cindy & Bert „Der Hund von Baskerville“, Die Ärzte „Schrei nach Liebe“, Lucilectric „Mädchen“ und Milky Chance mit „Stolen Dance“. Liebe Grüße!

Auf den Bühnen

Auch wenn Thomas Gottschalk um’s (nicht) Verrecken die Bühnen noch nicht freigibt, hat mich die Rolle als Moderator auch dieses Jahr wieder bewegt. Ich durfte unter anderem den wunderbaren Reverend Christian Dabeler durch seinen Abend führen und auch dafür Sorgen tragen, dass Meme-Mogul ruth__lol im vornehmen Frankfurter Mousonturm in gutem Licht erscheint. Gern moderiert hätte ich erneut das Popsofa im Rahmen des Clubfestivals „Nürnberg Pop“ – mit unter anderem International Music und Remote Bondage. Doch ich musste wegen Corona absagen. Fucking ärgerlich. Aber eine krankheitsbedingte Absage bei so vielen Dates, das ist schon noch eine stabile Quote.

@Music Meet-Up vom Pop Office Bremen

Podcasts / Komm Küssen / Ausnahme der Rose

Ich war zu Gast in Podcasts (u.a. bei „Und dann kam Punk“) und habe auch meine eigenen weiter gepflegt. Für den Hörspiel-Podcast „Ausnahme der Rose“ war das Jahr etwas angespannt. Felix und ich waren uns nicht immer einig über den Fortgang des Projekts. Tbh ich war schon auf dem Absprung. Doch nach einem „klärenden Gespräch“ hat sich alles überraschend wieder gefunden. Der Podcast erscheint allerdings nur noch einmal im Monat. Eigentlich zu wenig, um was zu reißen (meine Meinung), aber andererseits trägt die terminliche Entzerrung wirklich dazu bei, dass sich das Ganze nicht nur als Belastung in den eh sehr gestauten Alltag reinzeckt. Wer noch mehr persönlichen beziehungsweise ungeschönteren Content mitbekommen möchte, der*die kann sich gern bei uns im Komm Küssen Hinterzimmer auf Patreon einfinden. Ab 3 Euro pro Monat gibt es hier zweiwöchentliche Podcast-Episoden – ich im Gespräch mit der mächtigen Kwittiseeds. Und noch ein wöchentliches Videotagebuch.

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