Roskilde Festival 2025

Orange Stage (Post Malone) (Photo: Flemming Bo Jensen)
Vom 28. Juni bis zum 05. Juli findet die diesjährige Ausgabe des Roskilde Festivals statt. Im Westen Dänemarks – in der Nähe von Kopenhagen – hat sich mit dem Roskilde Festival eines der angesehensten Musikevents im europäischen Raum etabliert; für jedes Jahr wird dort ein weitreichendes und vor allem zeitgemäßes Line-Up zusammengestellt. Auf diese zehn Acts freut sich Kaput-Autor Lennart Brauers besonders.
Fontaines D.C. (Mittwoch, 02.07, 20:30)
Als das britische Post-Punk-Revival gegen Ende der Zehner- bzw. Anfang der Zwanzigerjahre endgültig explodiert ist, hätte ich nicht gedacht, dass Fontaines D.C. mal die größte Band dieser Welle – und eine der relevantesten Rockbands der Welt – werden würde. But here we are! Wo sich die Bandmitglieder früher noch als Gedichte lesende Irland-Puristen gaben, präsentieren sie sich nun als retrofuturistische Alt-Rock-Superstars mit einem Oasis-mäßigen Level an Ambition. Sie werden von Leuten verehrt, die sonst absolut gar nichts mit dieser Art von Musik zu tun haben und drohen dadurch schon fast, uncool zu werden; jeder Dulli mit Gitarre kann nun das Riff zu „Boys in the Better Land spielen“. Doch so zu denken ist natürlich Schwachsinn. Bin froh, dass es Fontaines D.C. gibt – und dass ich sie auf dem Roskilde Festival 2025 zum mittlerweile vierten Mal live sehen darf!
Charli XCX (Mittwoch, 02.07, 22:45)
In letzter Zeit hab ich verschiedene Leuten sagen hören, dass „BRAT“ – der relevanteste Pop-Blockbuster dieses Jahrzehnts, ein perfektes All-Killer-No-Filler-Meisterwerk, jede Sekunde darauf ist ein Genuss aus hüpfender Clubproduktion und leuchtenden Popmelodien – nicht gut altern würde; irgendwann würden wir voller Schamgefühle darauf zurückblicken, meinten sie. So ein Quatsch! Gestern schmiss ich das Album nach längerer Zeit wieder auf den Plattenteller und hatte immens viel Spaß. Wie soll das denn werden, wenn Charli XCX diese großartigen Songs dann auf der Bühne performen wird? Ich werde schmelzen, Freunde. Turn Up. Kann mir nichts Besseres vorstellen.
Jessica Pratt (Donnerstag, 03.07, 13:00)
Es ist ein schmaler Grad, ein schwer zu perfektionierender Balanceakt: Nostalgische Retro-Musik zu machen, die nicht ausgelutscht, sondern erfrischend klingt – bei der man nicht ständig denkt, dass man lieber ‚the real deal‘ von früher hören würde. Jessica Pratt ist seit Anfang der Zehnerjahre eine Meisterin darin, den verträumten Folksound von Legenden wie Joni Mitchell in lynchige Tagträume zu verwandeln; auf ihrem 2024 veröffentlichten Opus Magnum „Here in the Pitch“ hat sie ihre Kunst des hypnotisierenden Verzaubern sogar noch verbessert. Innerhalb dieses Genres ist niemand besser als Jessica Pratt.
Bright Eyes (Donnerstag, 03.07, 21:00)
Dass Conor Oberst, Frontmann von Bright Eyes, zu den talentiertesten Indie-Songwritern seiner Zeit gehört, ist common knowledge. Einflussreich ist er auch: Seine detaillierten First-Person-Lyrics stecken in den Texten aller drei Boygenius-Mitglieder – mit Phoebe Bridgers bildet Oberst sogar das gemeinsame Duo Better Oblivion Community Center –, im herzausschüttenden Gebrabbel des ehemaligen BCNR-Frontmanns Isaac Wood, in Japanese Breakfast und sämtlichen Emo-Bands und schlag mich tot. Ihn auf dem Roskilde Festival zu sehen, bedeutet also, eine wahre Legende zu sehen. Wir haben ihm viel zu verdanken! Und aus der Diskographie von Bright Eyes lässt sich bestimmt eine ganz wunderbare Setlist basteln!
Knocked Loose (Donnerstag, 03.07, 22:15)
Hardcore feiert momentan eine Art Renaissance, was nicht zuletzt an dem gigantischen Erfolg von Turnstile liegt. Doch das, was Turnstile machen, ist ja nur noch im entferntesten Sinne Hardcore und geht vielmehr in Richtung Alternative-Rock. Also braucht es Bands wie Knocked Loose, die ebenfalls erfolgreich sind – wenn auch nicht ganz so wie Turnstile – und sich dabei enger am Kern des Hardcore bewegen: Brutale Breakdowns, Palm-Muted-Gitarrenriffs und, ähm, Geschrei. Letztens ist die Band bei Jimmy Kimmel aufgetreten; einige Zuschauer*innen haben sich beschwert, weil Knocked Loose scheinbar ihre Kinder zum Weinen gebracht hätten. Ich freu mich schon!
Magdalena Bay (Freitag, 04.07, 19:00)
Auf dem 2024 veröffentlichten Album „Imaginal Disk“ sind Magdalena Bay endgültig zu Popgenies von unverschämt guter Qualität geworden, ihre Synth-Songs sind ausproduziert und ultradetailliert – auf geradezu yachtige Sophisti-Pop-Art –, ohne ihre aneckenden Qualitäten aufs Spiel zu setzen. Vor allem in Online-Kreisen (siehe Musikforen wie ‚RateYourMusic‘) sind Magdalena Bay zu kultigen Helden geworden, für viele Leute aus meinem studentischen Umfeld gehört „Imagainal Disk“ zu den besten Platten der letzten Jahre. Wir sind extrem gespannt, wie Magdalena Bay die Feinheiten ihrer Tracks auf der Bühne umsetzen werden. Bin da guter Dinge!
Schoolboy Q (Freitag, 04.07, 23:30)
Letztes Jahr veröffentlichte der – ja, man kann mittlerweile sagen: legendäre Rapper Schoolboy Q sein neusten Album „Blue Lips“, das zwar gute Kritiken bekam, ingesamt aber etwas unterging. Sehr schade ist das, weil die Platte wirklich toll ist! In meiner Albumrezension für das Hip-Hop-Magazin ALL GOOD schrieb ich, dass sein positives Mindest darauf gut funktioniert, weil sein Selbstbewusstsein mit einer angenehm Lockerheit rüberkommt und er sich für nichts zu schade ist. Der zerstückelte All-Over-The-Place-Charakter von „Blue Lips“ darf sich gerne auch auf die Bühnenshow übertragen!
Anohni and the Johnsons (Samstag, 05.07, 16:00)
Ich heule, wenn die „Fistful of Love“ spielen…
Nine Inch Nails (Samstag, 05.07, 21:45)
Ich war nie besonders tief drin bei Nine Inch Nails – war keine bewusste Entscheidung, hat sich einfach nicht ergeben –, doch als die Band vor ein paar Monaten ihre Europatournee ankündigte, wollte ich plötzlich unbedingt dahin. Diesen fetten Industrial-Synths im Bauch spüren, dazu eine gewaltige Lichtshow sehen und so einen Einstieg in den NIN-Katalog bekommen… ich hab da übelst Bock drauf! Auch, weil ich Frontmann Trent Reznor für seine Filmmusik-Arbeit vergöttere (Shoutout David Fincher). Bin ich froh, dass Nine Inch Nails beim diesjährigen Roskilde Festival auftreten werden; weil bei ihrem Auftritt in Köln hab ich keine Zeit, hehe 🙂
This Is Lorelei (Samstag, 05.07, 21:45)
Wem das industrielle Noise-Geballer von Nine Inch Nails zu intensiv ist, kann sich alternativ Nate Amos aka This Is Lorelei anschauen, der zur selben Zeit auf der Gaia-Stage spielen wird. Jedes Jahr gibt’s für mich dieses eine Album, das ich erst im darauffolgenden Jahr entdecke – und das deshalb nicht in meiner Jahresendliste auftaucht. Diesmal war’s „Box for Buddy, Box for Star“ von This Is Lorelei: Mittlerweile ist es mein Lieblingsalbum aus 2024, es reicht von schunkelndem Alternative-Country („Angel’s Eye“) über treibenden Indie-Rock („I’m All Fucked Up“) und Elliott-Smith-Cosplay („Two Legs“) bis zu Autotune-lastigem Pop-Punk („Dancing in the Club“). Eine beeindruckende Diversität, die darüber hinaus durch die Tatsache erweitert wird, dass Name Amos auch eine Hälfte es herausragenden Experimental-Duos Water From Your Eyes ist. Geiler Typ.