Foals - Videospecial

The Making of “What Went Down”

Nicht viele Musiker in ihren Zwanzigern würden das wilde Leben Londons gegen die wohl temperierte Grundstimmung Kölns eintauschen. Doch Jimmy Smith, Gitarrist und Keyboarder der britischen Indierock-Band Foals hadert mit dem Entschluss, den er der Liebe wegen nun bereits vor einigen Jahren gefasst hat, keine Sekunde. „Im Gegenteil, Köln ist eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen haben“, führt er aus. „Es ist eine Parallelwelt für mich. Hier kann ich in Ruhe auf der Terrasse sitzen, ohne viel Aufmerksamkeit abends ausgehen, und bin generell sehr weit von all dem Zirkus in London entfernt – zumal ich jederzeit wieder eintreten kann.“

Der Rest seiner Band hat den Standortwechsel gelassen zur Kenntnis genommen. Nach drei Alben und den intensiven Touren dazu, und nach vielen gemeinsamen und exzessiven Bandjahren in Oxford und London, fühlten auch die anderen 4 Foals Mitglieder, dass eine gewisse private Separierung der weiteren Entwicklung nur zuträglich sein kann. Schließlich plagen den gemeinen Popstar von heute dieselben Burn-Out-Ängste wie den Rest der Arbeiterschaft.

Es ist Anfang Juni und Smith und ich sitzen vor einer Pizzeria in der Kölner Nordstadt. Er spielt mir die noch ungemasterten Songs des neuen Foals-Albums „What Went Down“ vor. Ich kann ihm diese Freundlichkeit nicht hoch genug anrechnen, denn als nächstes wird er mir erzählen, wie unangenehm es sei, da zu sitzen und jemand anderen, zumal einem Journalisten, beim Hören zuzuschauen. „Ich achte dann auf jede Bewegung – was natürlich Blödsinn ist, wie soll denn jemand ein Album einmal hören und einornden. Das ist doch eine Überforderung. Man muss es 10, 15 Mal gehört haben, um es zu verstehen.“

Womit er absolut recht hat, gerade bei einem Album wie „What Went Down“, auf dem die Foals einmal mehr Ambient, Techno und Rock zusammenbringen wie sonst niemand anderes derzeit. Es ist nicht nur auf dem Papier eine aberwitzige Idee, die sie da als Basis zu ihrer Band auserkoren haben: absolute Ordnung und völlige Freiheit. Angefangen hat das einst auf dem Debüt „Antidotes“ noch sehr studentisch, streng und konstruiert. Mit dem zweiten Album „Total Life Forever“, beeinflusst von Krautrock und Kölner Pop-Ambient, beides Genres, die im Tourbus der Foals rotieren, standen die Zeichen dann auf Weichzeichnung, um mit „Holy Fire“ und nun „What Went Down“ rockistisch in eine neue Form gebracht zu werden. Diese Entwicklung wurde wesentlich mitgeprägt von Jimmy Smith, der sich das Songwriting bei den Foals brüderlich mit Yannis Philippakis teilt. Wobei er, der am Klavier komponiert, begleitet von Kaffee und Zigartette, für die weicheren, leichteren, melodiöseren Songs zuständig ist.

Aufgenommen wurde „What Went Down“ in La Fabrique in St. Remy de Provence, in jenem Studio, in dem zuletzt Nick Cave sein epochales Album “Push The Sky Away” produziert hat, festgehalten in der Dokumentation “20.000 Days on Earth” von Jane Pollard und Iain Forsyth. Diese hat auch Jimmy Smith begeistert gesehen, und als dann vom Label die Liste mit potentiellen Studios angereicht wurde, musste er nur noch das Kreuzchen machen und schon befanden sich die Foals im Frühjahr 2015 vor Ort für die Schlussetappe am Album.

Das komplizierteste an dieser war es, aus der Unmenge an Songs, die man für „What Went Down“ geschrieben hatte, und den zahlreichen Versionen, die von diesen exisierten, die richtigen für das Album auszuwählen. Das Problem der Foals ist es nämlich – also wenn man die Qual der Wahl denn ein solchens nennen will -, dass sie von jedem Song ungefähr 20 Fassungen produzieren.

Hilfreich bei der Auswahl war ihr Produzent James Ford, selbst mit seinem Duo Simian Mobile Disco ein kleiner Popstar in England, der ein Mann der schnellen Entscheidungen ist. Mit jener Zielsicherheit, mit der er in der Vergangenheit bereits die Debütalben von Bands wie den Klaxons und Florence and the Machine betreut hat und kontinuierlich Alex Turners Soloalben und die dessen Band Arctic Monkeys von einem Top Spot in den britischen Charts zum nächsten führt, brachte er auch den Foals bei, sich zu Ideen zu bekennen. “Er ist nicht nur ein super lieber Kerl”, berichtet Smith, “sondern vor allem auch ein großartiger Musiker. Es war eine tolle neue Erfahrung für uns, mit einem Produzenten zu arbeiten, der sich auch mal hinsetzen kann und die Songs selbst am Klavier spielt, das hilft beim Songwriting.”

Apropo Top Spot in den Charts – eine Ambition, die auch bei den Foals im Raum stand. Bis dato hatte es für die Band nur in Austalien zu einer Nummer 1 Hit gelangt, in England standen beim Debüt “Antidotes” noch zwei, bei “Total Life Forever” sieben und zuletzt bei “Holy Fire” noch ein andere Act vor ihnen.

Die Feuertaufe hat der Titelsong des Albums bereits mit Bravour geschafft. Der Tag der Single-Premiere sei wahnsinnig aufregend für sie alle gewesen, erinnert sich Smith. Bis auf Sänger Yannis Philippakis, der den Song persönlich im BBC-Studio von Annie Mac im Interview vorstellte, saßen sie alle zusammen in London und stießen mit Champagner an. „Es ist so ein cooles Gefühl zu wissen, dass jetzt die Welt deine Musik zum ersten Mal hört“, versucht Smith seine Gefühle zusammenzufassen. Beim Hören bleibt es in Zeiten von Facebook, Twitter und Co freilich nicht – der Feedbackkanal ist heute sofort geöffnet. „Es war eine große Erleichterung zu sehen, dass der Song gut ankommt.“ Im BBC-Studio kam er gar so gut an, dass Annie Mac ihn sofort nochmals spielte: ein klassischer Rewind.

Geholfen hat das aber leider nichts, auch diesmal mussten die Foals leider mit Weekend und Jess Glynne zwei Künstler an sich vorbeiziehen lassen.

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Abhaken. Weitermachen. Die Welt begehrt auch so ihre Anwesenheit. „Um die 180 Auftritte haben wir zum letzten Album gegeben“, berichtet Smith, halb lachend und halb weinend. Denn so sehr er es liebt auf der Bühne zu stehen („Wenn wir nicht touren, dann werde ich immer schnell eifersüchtig auf andere Bands, die auftreten“), so Angst und Bange wird ihm auch vor den Strapazen, die das wieder mit sich bringt. „Ich habe mich gerade erst von der letzten Tour erholt und es soll schon wieder losgehen, das ganze Reisen und Treffen von Leuten, die man nie wieder sieht. Aber ich kann mich nicht beklagen, es ist ein priviligiertes Leben.“

 

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