Kaput Mix 009

D/A/CH-DJ-Team: Mix is in the Air

D/A/CH-DJ-Team (Photo: Greta Prahl)


Wer sich nicht erst seit gestern mit Indie, Techno und linker Politik identifiziert und schon in den 1990ern rum gestreunt ist, dürfte bei Nennung der Namen Myriam Brüger und Julian Weber feuchte Augen bekommen. Myriam war lange Teil des L’Age D’Or/Ladomat-Imperiums (bevor es sie später zu Buback und René Pollesch weiter zog), Julian spielte unter anderem bei den großartigen Schwermut Forest und The ChrisBald 96 und ist heute Kulturredakteur der taz.
Für kaput haben die beiden extra das D/A/CH-DJ Team gegründet, was uns irre happy macht. 

Der Mix des D/A/CH-DJ-Teams ist Bernd Hartwich gewidmet, der im März diesen Jahres tragischerweise verstorben ist.


Myriam, Julian, wann und wie habt ihr Euch eigentlich kennengelernt?
Myriam: Wir haben uns über unseren gemeinsamen Freund Carsten Hellberg (Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs) kennengelernt, circa 1993. Mitte der 90er war ich oft in München, wo Julian mich dann in die Indie-Schickeria eingeführt hatte.

Julian: Schickeria? In den Neunzigern war ich für die Indie-Hanseaten eine Anlaufstelle in München. Dann kochte ich oft „Erkältungsspaghetti“ und wir sind danach in eine Bierschwemme. Es war ein harter Gewöhnungsprozess für beide Seiten. Mit Myriam und Carsten hat sich bald eine Freundschaft ergeben, die immer noch besteht.

Und wann und wo habt ihr das erste Mal zusammen aufgelegt?
Myriam: Möglicherweise war das in dem Münchner Ultra-Schickeria Treff „Egon Bar“, wo wir zusammen nach dem Auftritt eines befreundeten Magiers aufgelegt haben. Mein Hirn ist gerade abgestürzt, ich erinnere mich nicht mehr so genau.

Julian: Soll ich Ihnen über die Straße helfen?

Für den Kaput-Mix agiert ihr als „D/A/CH DJ Team“ und konzentriert Euch auf Musik aus den 1990er Jahren. Wie kam es dazu?
Myriam: Meine aktive DJ-Zeit war in den 90ern. Irgendwann war es mir aber einfach zu anstrengend, die schöne aber schwere Schildplatt-Kiste, die An- und Abreisen, hoch in die Gästewohnung in den vierten Stock. Das ist dann einfach so versandet, ich habe den Pudel Abend abgegeben. Und mit meinem Umzug von Hamburg nach Berlin und einhergehenden anderen Verpflichtungen war dann auch mein Leben als Tour-DJ für die Goldenen Zitronen, Les Robespierres, Stella oder zum Beispiel Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs vorbei. Mein Job war hier Tourmanagerin, der Merch-Stand und das Auflegen nach dem Konzert. Auch wahnsinnig anstrengend, meistens war ich schon ab Tag 2 zusammengefaltet zu einem Häufchen Elend, im kalten Tourbus kauernd.
In der Zeit habe ich bei L’Age D’Or / Ladomat und später bei Buback gearbeitet, hier kamen die prägendsten Platten der Zeit raus. Nicht nur Julian und mich verbindet diese Zeit und diese Musik, die Arbeit mit Musik, sondern uns ja auch. Ihr beide habt über unsere Platten geschrieben. Also irgendwie logisch, dass es sich um einen Lado-90er-Mix handeln muss. Weil uns das aber dann doch zu langweilig war, haben wir uns auf Releases aus Deutschland, Österreich, Schweiz geeinigt, so wurden wir das D/A/CH-DJ Team, gegründet für kaput!
Wir hätten uns natürlich auch „Diskurs-Disko revisited“ oder „Hamburg / no Hamburg“ nennen können. Aber die Musik spricht hoffentlich aus, was alle denken.

Julian: Dancefloormusik hat meine 1990er enorm geprägt und bereichert. Jahrzehntelang habe ich die Platten gehört, aber mich nicht als DJ gesehen, obwohl ich ab und an aufgelegt habe. Inzwischen höre ich genauer in die Platten rein und entdecke Details, die mir damals entgangen sind. Meine Auswahl für den Mix schließt die Neunziger mit ein, aber bleibt dabei nicht stehen. Ich habe versucht, sinnvolle Ergänzungen und Verbindungen von früher ins Heute zu setzen; habe ja nie „nur“ Elektronik aus HH gehört, sondern genauso gern Move D oder Tracks aus Köln und Frankfurt, bevor es mir zu Minimal wurde. Mir gefallen vor allem auch Connexe ins Ausland, (schon allein, weil ich ja niemals nie einen Mix rein mit deutscher Elektronik machen würde). Besonders lieb gewonnen habe ich den Sensorama-Remix auf Ladomat von Jamie Hodge (Born Under a Rhyming Planet) aus Chicago. Den habe ich in Chicago mal an einer Bushaltestelle getroffen und wir haben uns gegenseitig Lieblingstracks gesteckt, er machte mich zum Beispiel auf Plus8 Records aufmerksam.
Re Hamburg: Als Myriam schon in Berlin lebte, bin ich 2001 selbst in die Hansestadt gezogen und habe dort acht spannende Jahre verbracht, ab und an aufgelegt (zum Beispiel im Pudel). In meiner Arbeit als Musikjournalist bin ich einmal ums Dorf quasi, bevors 2009 nach Berlin ging. Retrospektiv kommt mir Lado ein bisschen vor wie das bundesdeutsche Äquivalent zu Warp Records. Charlotte und Myriam haben Pionierarbeit geleistet, das muss mal gesagt werden.

Was denkt ihr zeichnet diese Ära besonders aus?
Myriam: Rückblickend bin ich immer wieder fasziniert, wie das alles funktioniert hat. Für mich persönlich: die Arbeit, die bestand aus Konzert- und Kneipenbesuchen, sich streiten, saufen, am nächsten Tag ins Büro gehen, dort weiter streiten und darüber dann zum Beispiel Julian oder Dich anrufen. Und dann wieder von vorne. Das hieß „Promo machen“.

Juli<n: Was die frühen Neunziger angeht, fand ich die Durchlässigkeit sehr angenehm. Dass „Indie“, was eigentlich kein Genre ist, sondern ein ökonomischer Zustand, als Noise, Postrock, Pop, Wattweesick und Dancefloor gleichberechtigt nebeneinander stattfanden, so habe ich es wahrgenommen. Mein erster wichtiger Moment war ein Konzert von Nation of Ulysses in München, 1991, in dessen Verlauf im Backstageraum Tische und Stühle beiseite geräumt wurden und Blake Baxter aus Detroit House und Techno auflegte. Gottesdienst. Das hat sich fortgesetzt bis zu den Anfängen von Drum’n’Bass Mitte der 90er, es war oft ein herrliches Durcheinander von Stilen und Methoden. Erst dann wurde es allmählich ausdifferenzierter und fundamentalistischer.
Popmusik war für mich ohnehin das Tor in die Welt, dadurch habe ich viele Leute kennengelernt, Gleichgesinnte, wenn man so will und es entstand der Drang ins Ausland zu gehen. Auch als Punk war mir nicht entgangen, dass es in Washington DC nicht nur The Faith gibt, sondern auch GoGoFunk. 1988 war ich dann das erste Mal in den USA, und habe sofort kapiert, dass die Leute nicht engstirnig an einem Ding kleben, sondern alles Mögliche ausprobieren und Sachen aus der Vergangenheit in die Gegenwart hieven.
In dem Zusammenhang nervt mich diese ewige Projektion von Thomas Meinecke, wonach Pop „eine harte Tür“ sein soll. Es darf also nicht jede (r) rein? Ende 80er als ich das erste Mal DJ Hell habe auflegen sehen, empfand ich House tatsächlich noch als Poppersound und ja, damals mussten es die richtigen Schuhe sein, um am Türsteher vorbeizukommen. Aber das hat sich dann beim Raven in München sehr schnell gegeben, es fand ja oft in den abgeranzten Hallen statt und nicht in Clubs. Genau da, wo das punkige Unorthodoxe war, das Leute wie Meinecke in ihrer Ernst-Jünger-Phase bis Mitte 1980er so verachteten.
Heute kommt mir Pop wieder viel stärker fragmentiert vor, viel strenger, das muss wahrscheinlich alle fünf Jahre wieder von neuem von Jüngeren ausgehandelt werden. Gerade, wenn ich mir die frühen Lado-Sachen anhöre, klingt einiges davon erfrischend unorthodox. House, aber nicht nur. Workshop. Whirlpool Prod, Milch, Forever Sweet. Die Leute haben vorher auf diversen anderen Baustellen gewerkelt. Zum Beispiel Milch, die ja erst noch in München als Band angefangen hatten (da auch schon echte Nervensägen), bevor sie nach HH gingen. Es gibt ja auch einen charakteristischen München-Flavor, sowas verschroben Entspanntes, was durch das Leidgeprüfte entsteht, weil man halt nicht 24/7 im Späti einkaufen kann. Und da denke ich speziell an Bernd Hartwich, der im März verstorben ist. Er ist in unserem Mix vertreten ist mit einem grandiosen Schorsch-Kamerun-Störton, den er zusammen mit Upstart an Lado delivered hat. Da gab es sicher lange Gesichter im Office. In Teil 2 ist ein Remix seiner Band Merricks.

Myriam: Durchlässigkeit gab es in Hamburg auch. Wenn ich aber nach München kam, wurde aber doch die Nase gerümpft, weil die Stylecodes anders ausgerichtet waren. Meines Erachtens gab es dort auch kein Verständnis für Ironie bezüglich eben der Dresscodes oder Brechungen der Genres. Oder dass man dem Mainstream etwas abgewinnen kann. Ich hatte immer viel Spaß mit Charly Lownoise Mental Theo und Mark Oh und Co. Und es muss rumpeln. Wenn jemand zu glatt auflegt, macht es mir keinen Spaß. Das ist auch eine Form der Durchlässigkeit, den Punkmoment zulassen beim Auflegen.

Julian: Mainstream in München ist auch schnell ein Raser, der auf der linken Spur mit eingeschaltetem Fernlicht zu nah auffährt. Zunächst waren Figuren wie Ulf Poschardt und sein Adlatus von Uslar in den Neunzigern am Raven. Mit Poschardt habe ich sogar einmal aufgelegt, er nannte sich DJ Flu und spielte okaye Platten. Irgendwie hat die déformation professionnelle, die ihnen auf der Journalistenschule eingebimst wurde, zu einem unangenehmen Korpsgeist geführt. Dresscode war dann bald eine Umschreibung für Greueltat. Das hat dann damit geendet, dass von Uslar den islamischen Staat als Popinszenierung bezeichnete.
Zurück zum Deejayen: Beatmatching ist nicht alles, klar, es geht auch um Hooks. Aber Struktur und Dramaturgie sind wichtig. Mental Theo? Ich habe Miss Djax Up bei einem Rave in München mit 200 bpm jumpen sehen, da gabs im Pudel noch keine pitchbaren Plattenspieler, beziehungsweise nur einen. Hamburg war damals viel rockistischer und auch Genre-getrennter. Das Punkige kam in meiner Erinnerung erst später mit DJ Koze zurück auf den Dancefloor. Hellberg hat uns einmal ins Front mitgenommen, was ich toll fand, weil der Resident-DJ Boris Dlugosch wirklich deep housig unterwegs war. Da war eine ganz andere, hauptsächlich schwule Danceklientel, das hat sich null mit Indie-Schmindie gemischt. Das war in München anders, weils halt ein bisschen übersichtlicher war, da hat Boris Dlugosch zusammen mit Armando aus Chicago aufgelegt und alle waren da. Lustig, dass heutige Münchner Labels wie Permanent Vacation, Gomma oder Ilian Tape so gerne an diese ominöse Schwabinger Italo-Leichtigkeit anknüpfen wollen. Es gab zwar „Cosmic“ Raves, wo seltsamer Italosound lief, aber das war in den 90ern eine komplett andere Szene. Und ansonsten war die Leichtigkeit in den frühen Neunzigern hinterm Jägerzaun vergraben. Es regierte die Schrotflinten-Härte von FJ Strauß, auch postmortem, und nach 1 Uhr Nachts wars schwierig, was Ess- oder Tanzbares zu finden.

Was grenzt die Musik zu dem ab, was danach in den Nullerjahren und in den 2010ern so ging beziehungsweise wie verhält sich die damalige Musik dazu?
Myriam: Keine Ahnung. Mit der beginnenden Vermarktung von „Musik aus Deutschland“ war das Ende schon vorprogrammiert. Mit Ladomat hatten wir uns ja erstmal von Pop-Vermarktung lösen können, einfach, weil hier keiner Schlager draus machen könnte so wie es jetzt im „Indie-Rock“ Bereich der Fall ist. Auch wurde hier nicht übermäßig der Deutschen Sprache gefröhnt. Das, was jetzt Max Giesinger macht, begann spätestens mit Sportfreunde Stiller.

Julian: Sportfreunde Stiller, war das nicht der Versuch vom FC Bayern Indie zu sein? Für mich misslungen. Schade übrigens, dass the Modernist keine Trance-Remixe von Münchner Freiheit gemacht hat!? Anderswo gibt es dann ja doch immer Schlupflöcher. Die Remixkultur der 1990er fehlt inzwischen. Wenn Moodymann heute Lana Del Rey oder Dua Lipa remixt, müssten dann nicht Mix Mup oder Dynamo Drevsn Haiyti remixen?

Myriam: Das Geremixe fehlt halt jetzt total. Jede Woche einen neuer Remix pressen lassen, Hunderte davon verschenken. Das sollte die Albumverkäufe ankurbeln.
Ich habe so ein 90er Set von mir vor einiger Zeit in der Kantine der Volksbühne ausprobiert. Alle Arj Snoek Maxis nacheinander weg. Das fanden die dufte. Ansonsten habe ich heute selten Gelegenheit tanzen zu gehen und die Remixe lagern überhaupt im Wohnzimmerregal ein.

Julian: Remixen rules okay. Durch mein Elefantengedächtnis wusste ich zum Glück, dass es von einem meiner Chicagoer Lieblingstracks Remixe gab. Die tauchten in irgendeiner DJ-Chart im vierten Quartal 1993 in der Frontpage auf. Damals kam man da nicht ran, durch Discogs geht das jetzt. Anyway, ich stehe für Hochzeiten, Bar Mitzwas und sonstige Sausen zur Verfügung. Wenn der Impfstoff erhältlich ist. Im byteFM Archiv ist aktuell ein neuer Mix von mir.

Wir veröffentlichen den Mix ja am 3. Oktober. Was fällt Euch zu Ost- und Westdeutschland, zur Wiedervereinigung ein?
Myriam: Um auf die Abgrenzung zurückzukommen: In den Nullerjahren bin ich nach Berlin gezogen und bin wider erwarten auf eine offene Szene gestoßen. Zum einen die Zugezogenen Lo-Fis aus Ostwestfalen-Lippe, die hatten sich bereits freundschaftlich vernetzt mit Bands wie Mina und Contriva. Zusammen ging das auch durch und mit dem Veranstalter Ran Huber aus Bayern. Bei der Gründung des Labels Staatsakt war ich Taufpatin. Es gab keinen wirklichen Bruch für mich.
Wenn wir über Brüche reden wollen dann vielleicht über die durch die Deutsche Wiedervereinigung verursachten. Wie das wohl war, als die ganzen Provinz-Wessis in die Stadt eingefallen sind und Berlin Techno-Hauptstadt wurde. Mein Eindruck ist, dass sämtliche Rückblicke auf die Techno-Stadt Berlin ohne Ost-Berliner auskommen. Auf dem Pop Kultur Berlin Festival hat Masha Qrella hier einen Einblick gegeben.

Julian: Berlin in den Neunzigern fand ich oft schrecklich, überspannt. Positiv in Erinnerung habe ich eine durchtanzte Nacht in dem Club „Ständige Vertretung“ im Keller vom Tacheles, wo der DJ Sweet Exorcist und andere Bleep-Tracks aus Nordengland aufgelegt hatte, was ich damals schon gerne mochte. Viel später gefiel mir die Galerie Berlin Tokyo, aber die war mehr als nur ein bisschen wie der Pudel. Mina und Contriva waren die ersten tollen Ossibands, die wir in München mitbekommen haben. Das muss 1994 gewesen, da haben sie auf Einladung von Markus Acher und den Weilheimern gespielt; eine Offenbarung, ganz tolle, leicht melancholische Keyboard-Sounds wie aus den Pan-Tau-Filmen, instrumentale Reduktion, die hatten elektronische Tanzmusik gehört und verstanden, so wie wir. Rike Schuberty und Masha Qrella, selbstbewusst auf der Bühne, das war das emanzipative Moment, was es im Westen so damals nicht gab. Und schon vorher hatte Upstart einige Leipziger DJs zu einem Ultraworld Rave eingeladen, die kamen mit ihren Trabbis nach München gestottert, da gabs erst Vorurteile. Aber: Die hatten auch ihre Dosis Detroit intus, nix wars mit Naserümpfen. Das Beschnuppern und Kennenlernen hat schon seine Zeit gedauert, es dauert im Grunde bis heute. Es ist alles immer enger beieinander, als man annimmt. Berlin Techno, die Hardwax Ultras, stammen zwar teils aus dem Osten, aber, die waren geprägt von Monika Dietl und ihrer Sendung SFBEat im Radio. Monika ist eine alte Münchnerin, die in den frühen 80ern bei der Punkband Dagowops gesungen hatte, nach Berlin ging (Hallo Braindrain!) und als eine der ersten 1987/88 Acid-House im Radio spielte. Heute gibt es im Osten viele gute Ecken, stellvertretend seien genannt Workshop Records in Thüringen, die Leipziger Szene um Mix Mup und Kassem Mosse. Und in Chemnitz kommt es mir so ein bisschen vor, wie in den frühen 1990ern in Hamburg, da sind super Leute, die unsere Unterstützung brauchen, damit es keine neuen nationalbefreiten Zonen gibt.

Myriam, Julian könnt Ihr Euch an 1989 erinnern?
Julian: An 1989 selbst kann ich mich nicht erinnern, damals war ich gerade fertig mit 20 Monaten Zivildienst, fing zu studieren an und wollte einfach nur weg, ich bin wieder nach Amerika, wo ich in Chicago zwei super nette Frauen aus Rostock und Ostberlin getroffen hatte, die auch einfach nur weg wollten. Der dumpfe Nationalismus zuhause war mir ein Graus, so ging es auch allen meinen Freunden. Zum Beispiel die Fußball WM 1990 – schreckenhaft, da wars spätestens vorbei mit der Ironie und plötzlich kamen überall die Fahnen zum Vorschein. Als die Pläne für den Umzug der Bundeshauptstadt Bonn nach Berlin verkündet wurden, hatte wir in München die Idee, wir ziehen nach Kassel, damit wir näher an Hamburg sind. Schnell wieder verworfen!

Myriam: Nie wieder Deutschland.

Der Mix ist in einem Lauf und mit Vinyl aufgenommen worden und nicht wie heute üblich mit Ableton kosmetisch präpariert. Das kann man als Bekenntnis zu einer DIY-DJ-Haltung der 90er Jahre lesen, bei der die Auswahl des Soundmaterials mindestens gleichwertig zum Mix selbst war, wenn nicht oft wichtiger. Wie verhält sich das bei Euch?
Myriam: Meinerseits ist es nicht nur ein Bekenntnis, ich habe nie anders aufgelegt. Für unser Vorhaben hier wäre alles andere auch denkbar ungeeignet, weil es die meisten Sachen digital einfach auch nicht gibt. Die Herausforderung hier war, dass es ruhig rumpeln kann und soll aber nicht so weit, dass es den HörerInnen Schmerzen bereitet. Übergänge haben mich früher auch nicht interessiert; es sollte also auch klingen wie früher in den Nächten, wo wir diese Platten gespielt haben, das muss man als Internet-DJ-Mix-Hörer abstrahieren können.

Julian: Das körperliche Moment auf dem Dancefloor klappt für mich besser mit Vinyl, mit den beiden Plattenspielern, dem Mischpult in der Mitte. So bin ich auch sozialisiert und solange die Technik funktioniert, nutze ich sie auch. Die Verzwergung von Musik auf einem USB-Stick mag zwar gut für den Rücken sein, ich schleppe mir lieber einen Wolf.

“Mix is in the Air” – Track by Track:

Teil 1

Intro Siluetes 61 „Überrollt“ (ZickZack)
Silicon Soul: „Who needs sleep tonight/OG Mix“ (DiskoB)
Arj Snoek: „People know“ (Ladomat)
Milch: „Socialpark“ (International DJ Gigolo)
Commercial Breakup: „All I Love is Green (Steve Bug Rmx)“ (Ladomat)
Forever Sweet: „The return of… No 1“ (Ladomat)
Mike Ink: „Grün“ (Studio 1)
Forever Sweet: „Don’t speak“ (Ladomat)
Workshop: „I wish I had you (Whirlpool Disco Version)“ (Ladomat)
Roman IV: „Altes Testament“ (Ladomat)
Baby Man: „Myriam“ (Pudel Produkte)
Commercial Breakup: „Little Bear/DJ DSL Remix“ NN
Science 2102 „The Clock keeps turning“ (NN)
Die Goldenen Zitronen: „Weil Wir Einverstanden Sind/Just Us Mix“ (Lado)
Arj Snoek: „Dizko Queen“ (Ladomat)
Arj Snoek: „Besuch“ (Ladomat)
Move D “Eastman“ (Source)
Whirlpool Productions: „Erste Mahnung“ (Ladomat)
Whirlpool Productions: „De Groove You Spezial“ (Ladomat)
Even Tuell: „Precious Cloud“ (Latency)
Dresvn „014“ (Acido)
Die Sterne: „Themenläden (Out Of Lugano 2) Peter Thomas ON-Arrangement“ (Lado)
SVN „Mechine 5“ (Sued)
März „Chelsea Boys“ (Karaoke Kalk)
Schorsch Kamerun: „Die Menschen Aus Kiel (Saudi Amerika Remix/Upstart & Bernd Hartwich“ (Lado)
Schlammpeitziger: „Mango und Papaya auf Tobago/Sweet Reinhard Rmx“ (A-Musik)
Whirlpool Productions: „Crazy Music/DJ Pierre Remix“ (Ladomat)
Blaze: „Lovelee Dae“ (Motor/Playhouse)
Blumfeld: „Wir Sind Frei (Justus Köhnke-Discoversion)“ (Sony)
Time Million feat. Vilja Larjosto „Feater Villalobos Rmx“ (Running Back)
Andreas Dorau: Girls In Love (Grungerman Mix 1)
Justus Köhncke „Shelter“ (Kompakt)

Teil 2

Sensorama „Harz/Born Under a Rhyming Planet Rmx“ (Ladomat)
Studio Pankow „Zoologischer Garten“ (Source/CityCentreOffices)
Kit Clayton „Kalu“ (Scape)
Maurizio „M4.5“ (Basic Channel)
Chez’N’Trent „The Choice (New Dub Mix)“ (KMS)
Even Tuell &Madteo „Midnight Opera“ (Workshop)
Roger23 „Die Phantomspeisung“ (Playhouse)
Love Inc „Hot Love“ (Force Inc)
Cobbler „Come touch the Sun“ (StarTrax)
Popacid „When Love breaks down“ (Profan/Ladomat)
Popacid „I’m not in Disco“ (Profan/Ladomat)
Marshall Jefferson „Move your Body/Mike Ink Mix2“ (NN)
Army of Lovers „Life is fantastic/The-Plastic-Fantastic-H-Muzik-Mix“ (StockholmRec)
Hanayo „Joe Le Taxi Rmx (Jürgen Paape)
Melchior Productions „I believe“ (Playhouse)
Sleeparchive „Track4“ (Sleeparchive)
Matthew Dear „Don&Sherri/DJ Koze Rmx“ (Ghostly International)
Isolee „I owe you“ (Playhouse)
Glowing Glisses „On the Bridge/Justus Köhncke Rmx“ (Poker Flat)
A Subtle Tease „Que Sera“ (Ladomat)
International Pony „Bubble in the Bottle/Pepe Bradock Rmx“ (Kompakt)
Merricks „Schwabing Girls/Abe Duque&Gene LeFosse Ricanstruction“ (DiskoB)
Andreas Dorau „Die Menschen sind kalt/Forever Sweet Rmx“ (Ladomat)
Michael Mayer „Heaven/“ (NTA)
Momus „What will Death be like“ (Dial)

 

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