NEGISA „Closer“ – Videopremiere

NEGISA: “Zugang zu imaginären Welten”

NEGISA (Photo: Sandra Piske)


Negisa, Luis, zunächst einmal Gratulation zu „Closer“, der ersten Single Eures Projekts NEGISA aus der im Frühjahr 2023 erscheinenden EP – da hat sich ja noch mal einiges getan bei Euch. An dieser Stelle muss ich mal kurz transparent machen, dass ihr beide am Institut für Pop-Musik der Folkwang Universität der Künste studiert habt, wo ich zum Dozent:innen-Team gehöre. Dort habt ihr Euch ja auch kennengelernt und als Produktions-Team gefunden. Mich würde interessieren, welche Eigenschaft ihr jeweils am anderen besonders schätzt?

Luis Schwamm: Die kreativen Kräfte sind stark in Negisa. Sie hat ein Riesengespür für Melodien, Worte und das ganze Gesamtkonzept drumherum. Sie hat so eine Art Zugang zu imaginären Welten, die eine unerschöpfliche kreative Quelle zu sein scheinen. Wenn daraus dann Kunst wird, ist schon alles gar nicht mehr so imaginär, sondern hat sehr viel mit unserer echten Welt zu tun, ihre Message wird da sehr greifbar.

Negisa Blumenstein: Luis hat von Anfang an meine Vision gecheckt. Manchmal muss ich gar nicht viel sagen und Luis versteht sofort, was mir vorschwebt. Er ist in einer Familie aufgewachsen, in der klassische Musik eine große Rolle spielt und man merkt ihm an, dass er dieses Wissen hat. Er kann das aber gleichzeitig sehr gut in moderne Musik übersetzen und ist immer offen, ein Sound-Experiment zu wagen.

NEGISA (Photo: Sandra Piske)

Gibt es für NEGISA Role Models oder Szene Kontexte, die euch beeinflusst haben, was den Sound aber auch die Präsentation angeht?Ich muss beim Hören beispielsweise an das amerikanische Label Fade to Mind denken, zu dessen Umfeld ja beispielsweise auch Kelela gehört.

Negisa: Kelela finden wir super! Künstlerinnen wie Björk sind natürlich immer eine große Inspiration gewesen, die neben ihrer Musik auch eine ganze Welt erschaffen, irgendwie etwas Außerweltliches haben. Soundlich ist auch James Blake ein Vorbild, der Vorreiter des sogenannten „Future RnB“ war und das ganze Genre revolutioniert hat.
Dann gibt es aber auch einige literarische Einflüsse, Autorinnen wie Carmen Maria Machado zum Beispiel, Sylvia Plath, Otessa Moshfegh. Was die alle gemeinsam haben, ist, dass sie feministische Horrorstories und -Gedichte schreiben, also Genderthematik und Feminismus im Horror-Genre verarbeiten und dabei Tabus über Körperlichkeit und Mental Health brechen.

Ist „Closer“ repräsentativ für das, was uns auf „SOMA“ erwartet?

Luis: Bestimmt! „Closer“ war der erste Song, den Negisa und ich from scratch zusammen geschrieben haben. In verschiedener Hinsicht ist „Closer“ so eine Art kreative Keimzelle für die EP. Was uns interessiert hat, war, einen Sound zu schaffen, der einerseits sehr nahbar ist, weil Negisas Stimme die zentrale Rolle spielt, andererseits etwas Künstliches, Entfremdetes hat, weil die Klanglandschaft drumherum mit digitalen Mitteln aus dieser menschlichen Stimme erzeugt wird. Textlich wird auf „SOMA“ eine Geschichte erzählt, die mit „Closer“ ihren Anfang nimmt.

Wie kommt es, dass ihr Euch für einen animierten 3-D-Videoclip entschieden habt und nicht selbst in Aktion tretet?

Negisa: Ich bin auf die 3D-Kunst der beiden Videokünstler Phaidonas Gialis und Nathan Schönewolf auf Instagram gestoßen. Dass die von mir verkörperte Protagonistin der Geschichte im Video vorkommt, unterstreicht das Menschliche, Organische in der Musik – gleichzeitig hat so eine realitätsgetreue 3D-Animation von Menschen etwas Gruseliges, was die dystopische Welt der EP gut einführt. Ziel war es außerdem einen Schauplatz zu schaffen, der nicht greifbar ist und etwas Artifizielles hat.

 


Ihr verbindet mit dem Clip ja eine Science-Fiction meets aktuelle Gender-Debatten vereinende Geschichte, aber erzählt doch selbst?

Negisa: Es gibt gewisse genderspezifische Rollenklischees im Horror- und Thrillergenre, die wir aufgreifen und neu arrangieren wollen. Die Frau* befindet sich meist irgendwo zwischen Opferrolle und Hexenmythos, hier soll sie selbst das Narrativ bestimmen. Unser Ansatz feministische Kunst zu machen, ist, statt sich männlich assoziierte Stärke anzueignen, weiblich assoziierte Emotionalität zu zelebrieren, mit der Botschaft, dass jedes Gender seine Emotionen frei ausleben kann und darf. Das ist für uns eine Form der Selbstermächtigung.

Luis: Im Video machen die Science-Fiction-artigen Elemente, die Negisa umgeben und im Laufe der Geschichte wachsen, diese Stärke sichtbar.

Dann lasst uns doch den Clip mal anschauen.

 

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