Record Store Day 2025

Record Store Day 2025: „Das wird immer irrer“

 

Dark Entries, San Francisco (Photo: Thomas Venker)

 

 

Diesen Samstag (12. April) lockt der Record Store Day wieder mit limitierten Sonderauflagen Musikfans in die Plattenläden. Manche Shops organisieren am RSD Events wie DJ-Sessions oder Konzerte. Andere sehen den Aktionstag eher kritisch.

Vicky Hytrek hat für kaput mit Michael Mayer (Kompakt, Köln), Jens  (Cruise Records, Hamburg) und Ela (Underdog, Köln) gesprochen. 

 

Michael Mayer, Labelchef und Betreiber von Kompakt Records in Köln, gehört zu jenen, die den Record Store Day eher kritisch beäugen. Für ihn gebe der Tag musikalisch nicht viel her, sagt er. Bei Kompakt habe man sich auf elektronische Genres spezialisiert. Viele seiner Kund:innen kämen vor allem für Techno, House und Electonica – warum soll er jetzt Platten von Bob Dylan oder David Bowie daneben stellen?

Das sieht Jens von Cruise Records in Hamburg anders. Er verkauft vor allem Punk und bietet zum RSD auch mal eine Taylor Swift an: „Es kommen viele Leute in den Laden, die normalerweise keine Platten kaufen. Ich finde es gut, wenn die junge Generation an das Medium herangeführt wird. Aber unterm Strich sind für uns eher wenig relevante Sachen dabei.“

Punk, Techno oder House findet man im Katalog des RSD tatsächlich kaum, dafür viel Pop, Rock, Jazz und HipHop. Eine der wohl prominentesten Platten in diesem Jahr kommt von Post Malone, der auch als offizieller RSD-Botschafter fungiert. Sein Nirvana Tribute Set von 2020 erscheint zum ersten Mal auf Vinyl mit einer Auflage von 17.000 Platten. Weitere Highlights kommen von Wu-Tang & Mathematics, Charli XCX und Billie Eilish, Taylor Swift, Rage Against The Machine, The Cure, Fleetwood Mac, Judas Priest, Oasis und vielen mehr. Es ist mühsam, sich durch die mehr als 600 Platten, CDs und Kassetten zu wühlen. Aber das Angebot ist so vielseitig, dass für (fast) jede:n etwas dabei ist.

Damit die Läden ein gutes Geschäft machen können, muss es zum Sound des Stores und seiner Kundschaft passen. Beim Underdog in Köln kommt der RSD sehr gut an. Die Leute stünden vor ihrem Laden Schlange, sagt Mitarbeiterin Ela. Denn die Plattenläden sind die einzigen Orte, wo die Sonderauflagen zuerst erhältlich seien. Das kurbelt den Umsatz an. Andererseits hält Ela viele Releases für überteuert: „Das wird immer irrer. Aber man muss ja nicht alles bei den Majors bestellen, das Konzept funktioniert nach wie vor und hat seine Berechtigung.“

Was sie anspricht: Der Record Store Day wurde 2008 vor allem etabliert, um kleine, unabhängige Plattenläden zu unterstützen. Nach ein paar Jahren sind die Major-Labels eingestiegen und haben die Aktion kapitalisiert. Vielleicht macht es bei der Einordnung des Record Store Day einen Unterschied, ob man „nur“ ein Plattenladen oder auch in Label ist. Denn ein solches nehme die Dominanz der Majors auf dem Vinylmarkt eben ganz anders war, sagt Michael Mayer. Große Auflagen im fünfstelligen Bereich blockieren die Presswerke für kleinere Auflagen und verzögern so das Erscheinen von Platten-Releases.

Auf seiner offiziellen Website wirbt der Record Store Day zwar für den Erhalt von Vinyl-Kultur und deren Unabhängigkeit, aber das spiegelt sich kaum im Angebot wieder. Anstatt konsequent auf Vielfalt zu setzen, werden vor allem Popstars gefeatured. Es mag sein, dass auch kleine Läden davon profitieren. Aber eine Charity-Aktion ist der RSD garantiert nicht. Der RSD ist wohl beides: eine gut organisierte Werbeaktion, für Major-Labels und für unabhängige Läden gleichermaßen. Und Spaß macht er auf jeden Fall.

Noch ein Tipp: Wer Zugang zum gesamten Katalog haben möchte, sollte in Berlin zu HHV gehen. Der Plattenladen mit dazugehörigem Online-Shop bedient zahlreiche Genres von Rock bis Reggae. Auf seiner Website wirbt der Laden mit 674 Artikeln, die alle vor Ort erhältlich sein werden. Restware verkauft er dann ab Montag über den Online-Shop, sagt Manager Roberto. Er werde am Samstag die Tür machen, damit nicht alle auf einmal in den Laden strömen und man in Ruhe Platten shoppen kann.

 

Die Autorin vor einer Mauer: Vicky Hytrek

Picks der Autorin:

Alessandro Alessandroni – L’Ora del Cocktail (LP, Far Out)
1974 erschienen, aus Italiens Library-Musik-Ära, Mix aus Lounge, Bossa Nova und Jazz

DJ Koco AKA Shimokita – Made In New York Feat. 45trio & King TJ (7“, Bloom Music)
Der DJ aus Tokyo ist bekannt für seine virtuosen Vinyl-Sets. Jetzt bringt er seine zweite
Single raus, natürlich als 7-Inch.

Kelela – In The Blue Light (2 x LP Warp Records)
Unplugged live Album mit Aufnahmen von ihren Konzerten im Blue Note Jazz Club in New York Ende Mai 2024

K. Frimpong & His Cubano Fiestas (LP, Soundway)
1976 aufgenommenes Album des ghanaischen Kultmusikers Alhaji K. Frimpong, RSD Blue Vinyl Edition

V/A – Rumble in the Jungle (2 x LP, Soul Jazz Records)
Compilation mit frühem 1990s Ragga, Drum & Bass, Jungle; mit M-Beat Feat. General Levy, The Ragga Twins, Ninjaman, County Killer, Beenie Man & Ninja Ford

 

Links:

https://recordstoreday.com/SpecialReleases

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