La Stampa “Bonjour Trieste” (the vinyl factory)
La Stampa
“Bonjour Trieste”
(the vinyl factory)
Kurz vor Jahresfrist noch etwas besonders Schönes: Das neue Album von La Stampa, dem Bandprojekt um den ehemaligen Frieze-Chefredakteur Jörg Heiser – oder soll man besser sagen, Kunstkollektiv? Denn La Stampa (der Name nicht anbiedernd an südeuropäische Intellektualitat, sondern Ausdruck der eigenen Internationalität, dazu gleich) passen nicht wirklich ins Popmusik-Geschäft mit all den Seitensträngen, Neben- und Hauptschauplätzen, den die fünf Musiker_innen bespielen. Weshalb es auch gut acht Jahre gedauert hat, bis La Stampa sagen konnten: Fertig, Drucklegung, Ausliefern!
Aside: Die Schreiberin dieser Zeilen sah La Stampa einst im Frankfurter Museum für Moderne Kunst auftreten – ein passender Ort.
Und doch sind La Stampa so sehr POP wie man nur sein kann, was auch, aber nicht nur an der geschmeidigen Produktion von Tobias Levin liegt. Die zehn Songs von „Bonjour Trieste“ spielen mit vielfältigen Pop-Zitaten, von Italo-Disco über 80er-Elektro, denken Heaven 17 und Tuto Cotugno zusammen, covern bosnische Hits und atmen den freien Geist der 60er. Dass der Titel auf Francoise Sagans tragisch-wundervollen Roman „Bonjour Tristesse“ anspielt, ist ein weiterer Mosaikstein im La Stampa’schen Gesamtbild, das niemals überfrachtet wirkt, im Gegenteil nämlich leicht, schwingend, uneitel, mediterran, im Transit sozusagen; melancholisch bisweilen wie im soften Dancefloor-Hit „Living Stereotypes“. „Surface to Air“ heißt ein – sprechender – Songtitel, einer andere, technisch und schlicht, „Transformateur“.
La Stampa spricht viele Sprachen: französisch, englisch, deutsch und tschechisch, die Musiker_innen Angi Harrer-Vukorep, Thomas Hug, Günter Reznicek, Jan Verwoert, Jörg Heiser und Jons Vukorep haben die diversesten Geschichten zu erzählen – die in La Stampa selbstverständlich und gleichberechtigt nebeneinander Platz finden. „Don’t rely on me“ singt Heiser gleich zu Anfang, ein eleganter Verweigerungssong, der trotzdem Verbindlichkeit ausstrahlt, während „Une Fille d’Officier“ (das tatsächlich in Triest verortet ist) sozialistische Vergangenheit thematisiert.
„Bonjour Trieste“ ist eine durch und durch europäische Platte – und kommt wie gerufen.