Record of the week

Justice “Woman”

justice_-_woman_artworkJustice
„Woman“
(Because / Warner)
VÖ: 18.11.2016
Because we are your friends / you will never be alone again“. Zehn Jahre sind diese Zeilen aus dem ersten Hit der Gruppe Justice inzwischen alt. Ein Hit, der damals die elektronische Musik prägte, ja veränderte und aus dem DJ-Duo Gaspard Augé und Xavier de Rosnay Stars der Szene machte. 

Nun kehren die beiden Franzosen zurück mit ihrem inzwischen dritten Album “Woman”. Die Platte kommt etwas ruhiger, nostalgischer und vor allem sehr „soulful” daher. Der Krach des Debuts ist verflogen, genau wie der progressive Trieb der zweiten Platte – nun wird, wie es der Titel andeutet, also die eigene feminine Seite umarmt. Und das direkt ab Sekunde null: “Safe and Sound” heißt der Opener – der Name ist Programm. Der gemeine Justice-Fan fühlt sich hier direkt heimisch und aufgehoben. Alles, was man hören will, ist da: Der Bass zischt, der Groove sitzt und auch die Geige spielt auf wie einst bei “Phantom I & II”, dem Centerpiece des Debuts. 

Bei der neuen Platte ist auch eine gewisse Tendenz erkennbar, die sich so aktuell auch bei anderen „big playern“ (Daft Punk mit  “Random Access Memories”, M83 mit “Junk”) der französischen Elektro-Szene breitmacht: Der Schritt hin zur Nostalgie. Auch Justice bedienen sich einer gewissen Retro-Ästhetik und dabei besonders beim Soul, Funk und Disco der 70er Jahre. So hat der Song “Fire” einen enormen Disco-Vibe, während im bereits erwähnten Opener “Safe and Sound” der Trademark-Sound der Band um Nuancen erweitert wird, die man irgendwo zwischen Michael Jackson zu “Off the Wall”-Zeiten und – ernsthaft – Boney M. einordnen könnte.

“Woman” kann getrost als das zugänglichste Album der bisherigen Bandgeschichte bezeichnet werden Es gibt nun noch mehr Gesangsparts im Repertoire, einige nicht zuletzt deswegen mit Hitappeal. Die Single “Randy” sticht besonders heraus, aber auch das wunderschöne “Stop”, gesungen von Zoot Woman-Frontmann Johnny Blake. Der Song klingt, gerade in der Retrocolorierung des gesamten Album, nach state of the art – es klingen hier eher Referenzen an zeitgenössische Künstler wie Jai Paul oder Caribou an. Die wohl positivste Anomalie der Platte und sicherlich auch das Album-Highlight.

Justice pflegen auf “Woman” also ihren Trademark-Sound (man höre nur den Song “Heavy Metal”) und geben Retro-Referenzen hinzu – an das Überraschungspotential ihres 2007 veröffentlichten Meisterwerks “Cross”  reicht das aber nicht heran – dazu muss man nur noch mal kurz in das krachige “Waters of Nazareth” reinhören, oder auch in “Stress” , oder am besten gleich das zugehörige Video schauen:

Wem müssen sie danach denn auf noch etwas beweisen?
Man sollte “Woman” also als das nehmen, was es ist: ein gutes, glattes Album mit deutlicher Retro-Ästhetik von einer Band, die ihre Unangreifbarkeit genießt. Progressiven Momente sucht man hier vergeblich, dazu ist Justice die Dringlichkeit abhanden gekommen. 

 

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