Arab Strap „As Days Get Dark”
Arab Strap
„As Days Get Dark”
(Rock Action/PIAS/Rough Trade)
„Cherubs“ von „Elephant Shoe“ (1999) – für mich ein ewiger Inselsong depressiv-glücklichen Tanzbodentums. Das Kopfkissen. Die Liebe. Der Verfall. Höhlentage wurden zu Höllentagen. Himmlische Wächter. Nirgends zu sehen: Zur Jahrtausendwende schrieb ich über ihre Songs als unvergleichlich resigniert in der einstigen Zeitschrift für elektronische Musik De:Bug, die ihrem Untertitel, für elektronische Lebensaspekte da zu sein, in der eigenen Transformation ins Digitale leider nicht gerecht werden konnte und bedauerlicherweise mit April 2014 eingestellt wurde.
Was hat das mit Arab Strap zu tun? Eine ganze Menge: Denn zur großen Zeit der elektronischen Musik in Berlin konnten in den angesagten eklektizistischen Clubs schon mal Arab Strap durchaus zwischen Basic Channel, Autechre, Boards of Canada und Peaches laufen und wurden die Schotten nach Shoegaze und vor Witch House somit zu einem eigenen Genre, nennen wir es Gothic Indietronics. Und reüssierten zwischen postrocky Sigur Rós, Shellac, Contriva, Tansient Waves und Mogwai.
„I don’t give a fuck about the past“, der schottische Super-Moaner schimpft gleich zur Eröffnung ihres Coemback-Albums nach 16 Jahren wieder sprechend, Aidan Moffat braucht keine Harmonien und Lautstärke. Drumbox und Synthie sowie Malcom Middletons Gitarre und musikalische Ideen reißen schleichend mit. Die zwei neuen Songs „The Jumper“ und „The Turning of Our Bones” inclusive des sehr thrashigen Zombie-Musikclips bedeuteten bereits eine fulminante Vorab-Single Ende des letzten Jahres. Irgendwie sind ja Moffat und Middleton tatsächlich zumindest als Duo Arab Strap wieder auferstanden. Aus dem Morast. Dem Morbiden. Manchmal auch fast schon aus einem Grab. Klar, ihre unzähligen durchaus erfolgreichen Soloprojekte, Kooperationen und auch der phantastische Musikfilm „Where You’re Meant To Be“ (2016), in dem Aidan Moffat vom Indie-Muffel durch die starke, weise schottische Traditional-Sängerin Sheila Stewart gewissermaßen berührt und positiv irritiert wird, haben uns warmgehalten und neue Fans gewinnen können. Aber als die legendär schlecht gelaunten, unberechenbaren Arab Strap waren sie, bis auf Reissues und Compilations, weitgehend verschwunden.
Passend zur allgemeinen, eher dystopischen, denn utopischen Weltschmerzstimmung, sind die integrierten Apokalyptiker zurück. „As Days Get Dark“ ist voller trauriger Stimmungen und Geschichten ums Alleinsein, erstickte Hoffnungen, mannigfaltiges Versagen und das dunkle Ende (zu zweit). Nichts für Verächter*innen des für mich klangmalerisch weiterhin leuchtenden, leicht ruppigen schottischen Akzents, der im Prinzip ein zentrales Instrument von Arab Strap bleibt. Schwärzester Humor, Subbässe und Monsterbeats inklusive. „I think we just need a drink“, seufzt-murmelt Moffat auf „Compersion Pt. 1”. Die zukünftige Indiedisco-Hymne „Here Comes Comus!” wie auch weitere Songs haben einen Einschlag von 1980er-New Wave und Post Punk, wie auch manche Keyboard-Elemente fast an Synthie Pop erinnern. Freilich immer aus der staubigen, sonnenbebrillt-nebelhaften Ecke. „I Was Once a Weak Man“ thematisiert schrullig Michael Jackson, Mick Jagger und all die schwachen Typen, während die synthetischen Geigen aufspielen. Auch ein Saxophon taucht auf, mehr als zuvor schwelgen Arab Strap in postrockigem Disco und Electronica. Produziert hat hier wieder Paul Savage, Schlagzeuger der Delgados, der Arab Strap schon lange begleitet und unter anderen bereits für Franz Ferdinand, Teenage Fanclub und King Creosote gearbeitet hat. Moffat selbst sagt laut Info: „It’s about hopelessness and darkness. But in a fun way.”