Record of the Week

Suzan Köcher’s Suprafon „These Dying Times”

Suzan Köcher’s Suprafon
„These Dying Times”
(Unique/Schubert Music/Rough Trade)

Immer diese Vergleiche. Die nicht gleich Gleichsetzung meinen. Davon lebt Pop doch. Sie können bekanntlich Komplimente sein. Also: Vor Jahren sprach ich Lucrecia Dalt darauf an, dass ihre Songs mich positiv an die späten Tuxedomoon, Wire, Minimal Compact und diverse Acts der legendären Labels Les Disques Du Crépuscules und Crammed erinnerte. Genauso kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass Suzan Köcher mit ihrem Projekt Suprafon noch nie von Bands wie Mazzy Star, Cowboy Junkies, Hugo Race, P.J. Harvey, Daughter, Real Estate, King Hannah oder Beach House gehört hat. Ob das dann Dream Pop, Shoegaze oder einfach nur Psychedelic Rock genannt wird (die Band selbst schreibt von Psychedelic Dream Pop Disco), die Attitüde ist entscheidend, und die ist irgendwie zurückgezogen und gleichzeitig sehr präsent. Aber niemals großmaulig. Obwohl es im poptransnationalen Sinn ziemlich staubig klingt, aber dazu kommt schon ein kleiner Bonus für eine deutsche Band, die sich derart charmant in eben jene Traditionen einklinkt. Dazu laden Suzan Köcher’s Suprafon dann auch noch Disco, Funk, Soul, Kraut und Wave mit ein („Maybe I’m A Lemon“ oder „Living In A Bad Place Now“).

Im Info zum Album beschreibt Suzan ihren Findungsprozess zu diesem Album. Zwischen technischen Produktionsmöglichkeiten, persönlichen Ängsten, Identitätsfragen und Weltkrisen (sowie deren manchmal hoch-tragische Überschneidungen) spürt man/frau hier sehr viel leuchtende Kraft, höre etwa die kleinen Hymnen und Vorab-Singles „Sleepless Strangers“ und „Seventeen“. Ja, klar, in Pop geht es immer auch um Imaginationen wie Wüste (inklusive ‚mellotronischen‘ Bläsern und echten Trompeten wie auf „Desert Air Motel“), Saloon (Slide Guitar etwa auf „Seventeen“), Sehnsüchte, das Unerreichbare, das nur Vorgestellte und auch die wie auch immer erzeugten Traumwelten von „The Trip“.

Die vermittelnden Musiker*innen sind mehr als Schnittstellen oder menschliche Medien. Sie stellvertreten mitunter auch sogar. Glitzer und Glam mit dieser einprägsamen, dunklen Stimme, viel Verzerrung und Hall bei gleichzeitiger Komprimierung, live (siehe und höre unzählige Konzerte und vor allem Auftritte beim Beverunger „Orange Blossom Special“-Festival 2019 (und wieder 2025) oder beim WDR Rockpalast 2020) und dennoch innerlich, im kleineren Raum zu wirken. Dabei spielt auf dem Drittling der gesamte Stil eine noch größere und vor allem bedeutende Rolle: Neben Sound, Lyrics und Instrumentierungen inklusive Effekten, sind im Konzept von Suzan Köcher’s Suprafon eben der Name, Frisuren, Mode, Make Up(s), Bewegung, Pose und Stimmungen im wahrsten Sinne stimmig. Das heiß nicht authentisch im Verständnis von blödsinnigem ‚echt‘, ‚handgemacht‘ oder ähnlichen Rockismen. Sondern das zeigt sich in der Glaubwürdigkeit der Band. Auch in schwierigen Zeiten. Wo eben Trost und Liebe das Größte sind neben der Gesundheit. Da kann dieses Album wirklich helfen. Der Band und uns.

Aktuell sind Suzan Köcher’s Suprafon auf großer Deutschlandtour.

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