Record of the Week

black midi „Schlagenheim“ (Rough Trade Records)

black midi
„Schlagenheim“
(Rough Trade Records / Beggars Group)

Müsste man „953“, das erste Stück des selbstbetitelten Debütalbums von Black Midi, mit einem Wort beschreiben, es käme nur rumpelnd in Frage. Wobei das natürlich viel zu kurz greift, denn es rumpelt ja nicht nur einfach in dem Song, und auch sonst nicht bei der Band aus dem Londoner Vorort Croydon, sondern es rumpelt verstörend und im positiven Sinne hängengeblieben, mehr statischer Loop als dynamische Bandperformance. Und natürlich sollte man auch die phlegmatisch-emotionale Art erwähnen, mit der Sänger (und Gitarrist) Geordie Greep seine kurzen, an Mark E. Smith geschulten Einsätze einbringt, zugleich ultra präsent als auch mit einer an Arbeitsverweigerung grenzenden Arroganz im Duktus wie ihn sich nur Briten auf die Zunge legen können.

Nicht alle Songs auf „Schlagenheim“ weisen dasselbe Sturm-und-Drang-Energielevel auf wie „953“, was sie jedoch eint ist der eigenartige Umgang mit Tempi und Temperierung. Das Quartett aus London agiert so frei, wie es nur wenigen Rockbands gelingt. Derart frei, dass sie die Grenzen zwischen den Extremen nicht mehr als Ausbruch aus einem System der Vorschriften und Regeln performen müssen, sondern ihren Sound geradezu galant langsam verschieben. So langsam, dass man immer denkt, es ginge gar nicht voran – bis man dann doch wo ganz anders angekommen ist. Dazu passt, dass sich die vier einst im Geiste von Krautrock und Ambient Musik zum jammen zusammen fanden, nur dass auf dem Weg der Bandverfestigung eben noch jede Menge Teenage Kicks ihr Momentum einklagten. Nicht zum eigenen Nachteil.

Die hohen Intensität des Albumanfangs können Black Midi zwar nicht gänzlich halten, manche Songs fließen ihnen ein bisschen davon, aber da sie das selbst zu merken scheinen und korrigierend doch auch mal zu abrupten Stimmungswechseln greifen, stört das nicht, sondern fügt eine weitere souveräne Geste hinzu. Tolles Debut, das neugierig auf das Album danach macht.
Thomas Venker

black midi Tour:
01.06. Immergut Festival, Neustrelitz
10.06. Moers Festival, Moers
08.-10.08. Haldern Pop Festival, Haldern
07.10. Lido, Berlin
08.10. Kampnagel, Hamburg
09.10. Bumann & Sohn, Köln

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