Record of the Week

Danielle De Picciotto “The Element of Love”

Danielle De Picciotto
“The Element of Love”
(Broken Clover Records)

“Would Jupiter be a nice place to live, I wonder?” 
– Danielle De Picciottos neues Album “The Element of Love” beginnt mit einer Frage, deren Ausgangspunkt ein Schlüsselthema der Multimediakünstlerin ist: Wie können wir die Verbindung zur Natur wiederfinden? Das mag zunächst esoterisch anmuten, ist aber eine schlichtweg essenzielle Überlegung, die Menschheit muss sich auf ihre wahren Kräfte besinnen. “We who fly to the moon and have Einstein’s theory, Truly underestimate our own glory”, warnt DePicciotto in „The Sea of Stars“.

Mit der von Menschen verursachten Zerstörung der Natur und damit zusammenhängende Katastrophen, Migration und Entfremdung beschäftigte sich De Picciotto schon auf der Platte “Deliverance” von 2019, und auch auf den Alben, die sie mit ihrem Ehemann Alexander Hacke als HackeDePicciotto aufnimmt. Auf ihrem dritten Solowerk widmet sie sich nun – nimmt man den Titel wörtlich – vor allem der Liebe. Weniger der romantischen Variante jedoch, sondern der Liebe in allem und für alles, der Liebe, die uns (vielleicht doch noch) retten kann. Keine flockig-leichte Thematik, der sich DePicciotto annimmt: Ihre charakteristische Klangmixtur aus Spoken Word und sparsamer, drone- und streicherbetonter Instrumentierung hat mit songorientiertem Pop wenig zu tun, ist eher ein magisches Hörspiel oder musikbegleitete Geschichtensammlung. DePicciotto fungiert darin als Erzählerin, Mahnerin, Priesterin und Visionärin – oder blickt mit den Hörer:innen in die Vergangenheit.

“The Glory of Innocence” zum Beispiel beschreibt Zauber und Schrecken der Kindheit. Wie in einem Film fächern sich konkrete Szenen und imaginierte Sequenzen auf; dass DePicciotto interdisziplinär arbeitet und in Bildern denkt, wird in diesem Stück besonders greifbar. Der dritte Track “Solitude” fällt aus dem Rahmen: Aus rauen Industrialgeräuschen entwickelt sich ein schwerer rhythmischer Sog, es klingelt, knirscht und pfeift, dazu opernhafter Gesang ohne Text. Ein irritierendes, faszinierendes Zwischenspiel, das wie ein Tunnel oder Geheimgang in eine fremde Welt wirkt. Ganz irdisch-konkret dagegen ist “Who Am I”, in dem Danielle zu einem einfachen Beat und Synthieplinkern aus der eigenen Familiengeschichte ihr feministisches Selbstverständnis herleitet. “Nacht”, der einzige auf deutsch getextete Track, feiert Dunkelheit und Taxifahrer. Das gesamte Album ist von einem düsteren Zauber bestimmt, trotz der ganz aktuellen Fragestellungen und Widersprüche zwischen technischem Fortschritt und ausgebeuteter Natur wirkt “The Element of Love” wie ein märchenhafter Karfunkelstein, der nicht in Streamingformate passen mag.

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