Squid „Cowards” (Warp/Rough Trade)
Der erfreulich sehr seltsame und unheimliche Musikclip zu „Building 650“ ist in seiner Collage, Farbigkeit und Verwaschenheit gruselig klar in seiner Botschaft: Du willst mehr von dieser tollen Band aus Brighton.
Nach „Bright Green Field“ 2021 und dann 2023 „O Monolith“ postpunken sie sich auf angenehm-unangenehme Art und Weise durch ihre neuen Songs auf „Cowards“ und wirken dabei wie absolut mutig-freche Feiglinge.
Die ehemals jazzig-experimentellen Briten sind nicht so sludgig-psychopathisch wie Chat Pile, nicht so verspielt-verpeilt wie Sassyhiya und auch nicht so messerscharf-krachig wie Metz. Nein, Squid haben zwar von all dem etwas, aber ihre mitunter durchaus langen, krautrockigen oder fragil-kraftvollen bis schräg-ver-eckten Songs („Crispy Skin“, der Titelsong oder das beinahe epische, an David Sylvian und Lucrecia Dalt erinnernde „Well Met (Fingers through the Fence)“) knüpfen durchaus an post- und artpunkige Gründer-Bands wie die Swell Maps, Wire, The Fall, The Raincoats, im Postrockigen an Gastr Del Sol, UI oder Don Caballero oder im postpostpunkigen Umfeld ihre Labelmates Maximo Park oder die wundervoll großmäulig-dauerfrustrierten Arab Strap („Fieldworks II“) an.

SQUID (Photo: Harrison Fishman)
Nervös sein kann ‚slick‘ sein. „Cowards“ ist über die eigentliche, fünfköpfige Band hinaus eine Kollaboration diverser Musiker*innen und Produzent*innen. Violine, Cello, Trompete, Perkussion und abgedrehte Gesänge garnieren dieses tolle, kunterbunt-verwinkelte Album. Abgemischt hat es auch schließlich John McEntire (Bastro, Tortoise), der sich im ‚klassischen‘, avancierten Postrock, bei dem Noise- und Hardcore-Bands sich der elektronischen (Tanz-)Musik und dem Jazz geöffnet hatten, bestens auskennt.
Es geht auf den neuen Songs sehr viel um Imaginationen, Wirklichkeiten und vor allem das dazwischen liegende Unangenehme oder sogar Böse. Sänger und Schlagzeuger/-werker Ollie Judge betont im Presseinfo, dass es schon um reale Erlebnisse von der Straße ginge. Gleichzeitig schlafwandelt die Band angeblich in Welten voller Selbstzufriedenheiten oder gar Narzissmen, wie wir sie (leider) selbst alle allzudeutlich alltäglich in irgendeiner Rolle am eigenen Leib erleben. Judge erwähnt hier sogar eine Referenz zum ultratraurigen „Nebraska“-Album von Bruce Springsteen aus dem Jahr 1982.
Post bedeutet eine positive Weiterentwicklung und weder Ende, Danach noch Gegniedel. Ich selbst glaube, manchmal wie Squid durch die Gegend zu zappeln, auch ganz ohne ADHS oder zappelphilippeske Anwandlungen. Einfach so. Beim Weltzustand der Dinge. Aufgefangen durch die Liebe. Zuhause. Heimat. Risse, durch die Squid hineingrinsen. Das ist durchaus kathartisch. Diese Ruhe im Strudel, dieses Strudelige in der Ruhe. Und zeigt, dass Unzufriedenheit produktiv gewendet werden kann. Du brauchst nur keine falschen Freunde.









