Jede Woche ein Rant. Heute… Hippie-Macker
Wer in Bezug auf Internet-Humor nicht aufpasst, bleibt irgendwann vielleicht doch bei Willy Nachdenklich, oder Tattoofrei oder – WLAN, bewahre – bei dem moralischen Postkarten-Opa Barbara hängen. Um möglichst vielen dieses Schicksal zu ersparen, haben wir bei kaput keine Mühen gescheut und das Autorinnen-Kollektiv des geilsten Facebook-Portal überzeugt, uns regelmäßig Content zu überweisen. Konkret dreht es sich hierbei um Feelgood-Hass unter dem Banner “Jeden Tag ein Rant”. Bei uns läuft die Nummer allerdings nur einmal die Woche, für mehr sind wir zu alt. Heutiges Thema: Hippie-Macker … eine Folge der beliebten Serie “Linke Macker”.
Vor 3 Jahren habe ich meine ersten Couchsurfing Erfahrungen gemacht, die gleichzeitig auch meine letzten sein werden. Für. Immer.
Mal abgesehen von drei wirklich netten Menschen, die ich dort getroffen habe, hab ich auch bei zwei Typen gewohnt, die – nett ausgedrückt – Couchsurfing und Tinder miteinander zu verwechseln schienen und – korrekt ausgedrückt – meinen Consent als Preis für die gratis Übernachtung vorausgesetzt haben.
Tendenziell noch belastender ist, dass sich einer von den beiden immer noch ab und an bei mir meldet und zwar hauptsächlich, um mir seine Buchcrowdfunding Kampagne näherzubringen. Ein Buch, dessen Titel ich jetzt nicht nennen möchte, aber dessen Klappentext man ungefähr so ins Deutsche übertragen könnte: „Wie können Psychedelics die Welt verändern? Dieses Buch ist ein globaler Aufruf an alle psychedelischen Entdecker – Rainbow Warriors – bla bla Revolution, aber bewaffnet mit Liebe, nicht mit Pistolen“, ihr versteht schon (eine komplette Wiedergabe des Textes war leider nicht möglich wegen CRINGE Faktor)
Passender Titel für diesen Typen, der mich als ich seine Wohnung betrat, erstmal lange umarmte und „welcome home“ sagte. Tendenziell der Moment, in dem ich mir ein Hostelzimmer hätte suchen sollen. Der Hippie-Macker – es gibt ihn in zwei Varianten: mit Dreadlocks und ohne. Auf das erste Exemplar soll hier weniger eingegangen werden, Variante Nummer zwei glänzt zwar durch bessere Körperhygiene, aber sonst ist eigentlich alles genau so scheiße.
Der Hippie Macker geht gerne auf Goa-Festivals, hat wahrscheinlich bunte Tattoos und ist dabei vor allem eines: egozentrisch. Peace und Love mit allen, auch mit der Natur, daher gerne vegan, lebt der Hippie Macker ein Paradoxon. Natur ist wichtig und richtig, sollte geschützt werden aber selbst muss man ja unbedingt mal durch Indien/Südostasien und beim Ozora gewesen sein und das gerne mit dem Flugzeug, damit man seine Rave Kugeln/bzw Stöcke auch easy von A nach B transportieren kann.
In der Liebe läuft es ganz ähnlich: Sex sei sowieso eher ein gesellschaftliches Konstrukt, weswegen man sich einfach mal entspannen solle, dann checke man das Konzept von Lust schon und hat immer Bock auf Sex mit allen. Das sich jemand unwohl fühlt, wenn diese Person unvermittelt vom Hippie Macker angefasst/geküsst oder ins Gesicht gesagt bekommt: „I’d really like to make love with you now“ ist für ihn nicht wirklich verständlich, ist doch Körperlichkeit das ultimative Nonplusultra (nach Acid).
Die Vorstellungen von einer Beziehung, welche andere Personen haben könnten, werden eigentlich immer müde belächelt. Ausdrücke wie „Liebe meines Lebens“ oder „mein Mädchen“ aber trotzdem gerne von ihm benutzt.
Feminismus ist dem Hippie Macker tendenziell nicht revolutionär genug – ist er doch längst (so glaubt er) von allen irdischen Konstrukten befreit. Real existierende Verhältnisse? Hat ja mit ihm eh nix zu tun. Weil, wenn einfach alle Menschen mal LSD nehmen würden und zusammen tanzen, würden sie’s schon merken. Dass wahrscheinlich ein ziemlich großer Teil der „Durchnittsbevölkerung“ niemals auf die Idee kommen würde, sich psychedelische Drogen reinzuknallen, sei natürlich schade aber hindert auch nichts am krampfhaften Festhalten des Hippie-Mackers an dieser These.
Ein weiteres Paradox bildet das Thema Geld. Solange er sich 5€ für seinen grünen Smoothie von seinen Kollegas in der Werbeagentur borgt, ist Geld ein wertloses Konstrukt. Geht es aber um das Ticket zum nächsten „Psychonauten“ Festival, werden sämtlich Facebook Freunde freundlich aber bestimmt an den Etsy Shop des HM erinnert, in dem man doch so nette selbstgemachte Halsketten und lustige Shirts kaufen kann. Organic Cotton natürlich.
In diesem Sinne: Peace. Love. Unity. Respect. Freedom. (Steht auch genauso im Klappentext) Aber bitte ohne dich…