„Talking to NRW“ – Maleen & Pascal

Maleen: „Es war schon echt blöd, das letzte Jahr“

Maleen, Pascal und Rayen                                                             Photo: Frederike Wetzels für Talking to NRW

Maleen, Pascal und Rayen begegnen uns an der Ecke Bismarckstrasse und Moltkestrasse in Köln. Trotz einsetzenden Regens stimmen die vier sofort einem Interview zu, die Coronabstände sorgen jedoch dafür, dass leider letztlich nur zwei zu Wort kommen.


Wenn ihr wollt, könnte ihr Euch da auf die Bank hocken.
Ihr seid Schulfreunde
?

Maleen, Pascal (synchron): Ja, genau.

Kommt ihr gerade von der Schule?

Pascal: Ja – wir machen jetzt Wechselunterricht.

Maleen: Wir machen dieses Jahr unser Abitur.

Wie lief das zuletzt? Fühlt sich das okay an für Euch? Man hört ja viel zum Thema Schule, mit den unterschiedlichsten Haltungen dazu.

Maleen: Es ist natürlich schon blöd, dass wir soviel verpassen, was andere Jahrgänge sonst machen, aber ich würde schon sagen, dass wir eigentlich ganz gut mit der Situation klar kommen.

Meinst du jetzt in der Schule, oder auch das positive, was man sonst noch im letzten Jahr hat wie …

Maleen: Ja, genau. Man verpasst halt seine Reisen. Wir würden gerne eine Abschlussreise machen. Oder auch an Karneval, da hätte die B2 sonst immer was vorgeführt – das hat man jetzt natürlich nicht.
Aber auch inhaltlich muss man jetzt viel mehr selber nachholen.

Pascal: Da kann ich nur zustimmen. Die letzten Wochen, wo wir noch keinen Präsenzunterricht hatten, also nicht diesen Wechselunterricht, da war es schon relativ schwer zu folgen, weil du sehr viel selber machen, dir alles selber beibringen musstest. Die Regelung mit dem Wechselunterricht finde ich ganz gut – dass wir zwei Gruppen haben, die immer abwechselnd zur Schule kommen.

Davor hattet ihr wahrscheinlich immer Unterricht Zuhause, wo…

Pascal: Ja, über Teams.

… die Eltern immer rum hängen, was wahrscheinlich das Schlimmste ist.

Pascal: Genau, genau. Meine Geschwister auch noch, weil die jünger sind. Also nur die Oberstufe ist in der Schule, erst jetzt fangen die Kleinen auch so langsam an, wieder in die Schule zu gehen.

Wie ist das Zuhause für Euch, wo wir das gerade schon angesprochen haben: diese Dichte, das hat man ja sonst wahrscheinlich selten, dass man soviel Zeit auf der Familie drauf hängt, oder?

Pascal: Ich habe vier Geschwister, ich hänge immer auf meiner Familie, für mich ist das nichts anderes. Alles gleich geblieben, mehr oder weniger.

Wohin wärt ihr denn auf Klassenfahrt gefahren?

Pascal: LK-Fahrt hätten wir gemacht. LK-Fahrt – sagt Ihnen das was?

Ja. Leistungskurs-Fahrt.

Pascal: Unterschiedlich, wir nach Italien zum Gardasee

Maleen: Wir wären nach Spanien gefahren, also unser LK.

Schade.

Maleen: Schon.

Vor allem jetzt, wo es so kalt ist.

Habt ihr schon Alternativpläne? Dass ihr sagt, wenn das vorbei ist, dann fahren wir aber noch mal nach…

Pascal: Nein. Wir sind nur noch einen Monat da, das würde sich gar nicht mehr lohnen. Wir kriegen das Geld natürlich zurück, haben die gesagt – haben wir das Geld schon zurück?

Maleen: Also wir haben das Geld schon zurück.

Pascal: Ich glaub wir nicht. Aber ne, wir machen eigentlich nix mehr. Es war mal die Rede davon, ob man einen Tag so eine Skihalle mit dem LK besucht, aber daraus wird auch nichts mehr, weil wir nur noch anderthalb Monate da sind und dann haben wir schon Abitur – und dann macht jeder sein eigenes Ding.

Und Pläne danach? Torpediert Corona, was ihr danach vor habt?

Pascal: Nach dem Abitur? Ich wollte auf jeden Fall nach dem Abitur mit zwei Freunden nach Brasilien Kitesurfen gehen, aber da muss man auch gucken wie das geht mit Corona. Kannst du ja auch nicht beeinflussen, muss man abwarten halt.

Ist ja nicht das beste Land gerade.

Pascal: Gerade Brasilien, wegen der Mutation, unwahrscheinlich. Aber sonst klappt vielleicht Vietnam als Alternative. Aber ja, muss man gucken, wie das alles klappt, wie sich alles entwickelt.

Wie habt ihr das letzte Jahr abseits von Schule empfunden: keine Konzerte, Clubs gibt es auch nicht.

Pascal: Ich war nie so ein Feiertyp (alle lachen), deswegen ist mir das relativ egal gewesen. Aber bezogen auf Unterricht war es schon nervig.

Maleen: Es ist ungewohnt, auch wenn man jetzt nicht unbedingt der Feiertyp ist, aber man würde sich ja schon am Wochenende mit mehreren Freunden treffen. Man geht nicht mehr zur Schule – und ist Zuhause. Und dann ist man am Wochenende auch noch Zuhause. Das ist schon sehr monoton gewesen. Es war schon echt blöd, das letzte Jahr.

Pascal: Gerade in einer Stadt wie Köln, wo ständig was los ist. Wenn man auf die Ringe geht, ist ja immer total viel los – und dann halt, wenn du rüber gehst: nichts.

Ist Euch Moralisierendes begegnet? Also dass Ältere denken, sie könnten den eigenen Erwartungskatalog auf einen übertragen? Mir ist in meinem Umfeld schon aufgefallen, dass viele kein Verständnis dafür haben, wenn jüngere Leute Sachen machen. Bei mir haben alle unter 30 eine Art Freibrief, weil sie die Sachen halt noch nicht erlebt haben, die wir älteren bereits erlebt haben und deswegen eben auch darauf verzichten können. Habt ihr das Gefühl, dass sowas als Erwartungshaltung an Euch herangetragen wurde?

Maleen: Ne, bei mir war das eher im Gegenteil so, dass meine Eltern das genau für die jüngere Generation blöd finden, dass das im Moment so ist – und die besser damit klar kommen. Meine Eltern gehen auch noch normal zur Arbeit, also meine Mutter macht ein bisschen home office, geht ein bisschen normal zur Arbeit. Deswegen war es für mich jetzt auch nicht so, dass ich das Gefühl hatte mit denen fest zu sitzen. Bei mir war es eher im Gegenteil so, dass meine Eltern dafür Verständnis hatten.

Pascal: Bei mir genauso eigentlich. Meine Eltern gehen auch normal arbeiten. Meine Mutter ist ab und zu im home office, so jeden zweiten Tag, aber sonst eigentlich genauso wie bei ihr?

Foto: Frederike Wetzels

Inwieweit verfolgt ihr das politische Geschehen, habt dazu eine Meinung? Gerade haben wir zwei Omas interviewt, die haben über den Gesundheitsminister Spahn und die Regierung hergezogen wie nichts gutes.

Maleen: Beim letzten Abitur Jahrgang war ja auch schon Corona am Ende und da war gefühlt genauso viel geplant wie jetzt – und ich finde, man hätte in dem Jahr schon mehr Planungen machen können, wie das vor allem in der Schule für den Abschlussjahrgang weitergeht. Das hat mich beschäftigt. Das fand ich blöd. Und sonst finde ich aber schon, dass Deutschland mit der Coronakrise ganz gut umgeht.

Pascal: Wir haben in ein paar Fächern über diese Impfstofflieferungen gesprochen. Wie das so abläuft in Deutschland, verglichen mit den USA oder England, wo jetzt schon … zumindest in den USA sind alle geimpft, oder? Auf jeden Fall mehr als in Deutschland. Die haben ja diesen neueren Impfstoff, den besseren – und nicht den AstraZeneca, den veralteten. Was für die Schulen für Maßnahmen getroffen werden, kriegen wir auch mit und reden auch in ein paar Fächern darüber.

Ich glaube es wird zu nass, oder?

Maleen: Ja. (lacht)

Wir lassen Euch mal.
Kann ich noch ein Foto von Euch machen?

Pascal: Können Sie machen!

Alle, die mit aufs Bild wollen, können mit aufs Bild.

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„Talking to NRW“ ist ein Projekt der Kölner Photographin Frederike Wetzels und des Autors und Kaput-Co-Verlegers Thomas Venker.
Die Intention des Projektes ist es, sich jenen Menschen zu nähern, die sonst oft nur im Augenwinkel wahrgenommen werden. Statt dem peripheren Teilen der Lebenswirklichkeit verbinden einen plötzlich echte Begegnung mit diesen Menschen, man tauscht sich aus, lernt sich richtig kennen – und wird so neugierig auf die Geschichten, die sie in sich tragen.  Bislang beschränken sich die Interviews und Shootings auf Köln und Düsseldorf, angedacht sind aber weitere Exkursionen durch NRW in Städte wie Aachen, Essen, Dortmund, Münster, Paderborn, Bielefeld, Duisburg und Solingen, um aus den Leben der Menschen dort mehr zu erfahren – und diese in einem Buch zu kompilieren.
„Talking to NRW“ ist gefördert mit einem Stipendium im Rahmen der Corona Soforthilfe des Bundes, da aber leider weitere Förderanträge bei der Kunststiftung NRW und beim Kulturamt der Stadt Köln sich bislang nicht positiv ausgingen, sind wir derzeit über jegliche Unterstützung zur Fortführung des Projekts sehr dankbar:
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