Der Telekom Electronic Beats Gründer Ralf Lülsdorf im Gespräch mit Thomas Venker

Ralf Lülsdorf: „Wer Jugendmarketing macht, muss rausgehen!“

Ralf Lülsdorf im Gespräch mit Thomas Venker


Der Telekom Electronic Beats Gründer Ralf Lülsdorf über Nachhaltigkeit bei der Markenentwicklung, Klangfarben Elektronischer Musik und die Podcast-Serie zum Thema „Geschichten aus der Nacht“.

Ralf, ihr feiert 2020 den 20. Geburtstag von dem, was heute als das Electronic Beats Universum bekannt ist. Wie ist deine persönliche Beziehung zum Thema Musik?
Ralf Lülsdorf: Ich habe mich sehr früh für die Vorläufer der jetzigen Techno Musik interessiert, zunächst von Pink Floyd über The Alan Parsons Project bis zu Emerson Lake and Palmer, später bin ich dann mit einem Freund in die Import-Plattenläden in Köln gegangen und hab Platten aus England und Amerika gekauft.

Wie bist du denn zur Telekom gekommen?
Nachdem ich zwei Ausbildungen im Bereich Gestaltung und Werbung absolviert hatte, entschloss ich mich für ein Marketing Studium in Düsseldorf. Als ich dann an einer Projektarbeit für Mannesmann Mobilfunk teilnahm, kam ich mit dem Thema Mobilfunk zum ersten Mal in Kontakt.

Wann war das?
1995. Das war damals die Zeit der Liberalisierung des Mobilfunknetzes, des sogenannten D-Netz. Also aus einem elitären Geschäftskunden-Produkt – wie das Autotelefon – wurde ein Massenphänomen für Privatkunden. Ich denke jeder kennt noch das alte C-Netz Telefon aus der Derrick-Serie.
Damals hat Springer & Jacoby einen sehr tollen und emotionalen Werbespot (online nicht verfügbar) für die Telekom gemacht, der hat mich so mitgenommen, dass ich mich dort für ein Praktikum beworben habe. Zunächst war ich etwas enttäuscht, dass ich in der Mediaabteilung gelandet war, doch das wurde dann ein Vorteil für mich, denn so hatte ich mit allen Fachabteilungen der Marketingkommunikation zu tun. Folglich war es fast schon sonnenklar, dass ich nach dem Studium bei der Telekom anfing. Nach ersten Projekten in der Werbung kam dann die Aufgabe, eine Jugendmarketingstrategie zu entwickeln. 1999 ging es dann los in den bis heute relevanten zwei Feldern Sport und Musik – im Bereich Musik waren wir wirklich breit unterwegs. Wir haben eine Kampagne mit Puff Daddy gemacht, waren bei kleineren Labeltouren dabei und haben 1999 erstmals das Electronic Beats Festival in Köln unterstützt – das war damals noch ein eigenständiges Festival und wurde vom Musikfernsehsender VIVA übertragen.
Nach dem ersten Jahr zeigte eine Marktforschung allerdings, dass die Deutsche Telekom immer noch eher als Teil der Bundespost und Verwalter und Bürokrat wahrgenommen wurde, die Jugendlichen assoziierten nach wie vor mit ihr einen grauen Planeten voller Staub, auf dem Oma und Opa lebten. Wir stellten fest, dass ein banales Sponsoring oder die schlichte Bekanntheit eben nicht ausreichte. Wir mussten die Marke in den Köpfen der jungen Zielgruppen nachhaltig verändern.

Keine leichte Mission. Wie seid ihr denn dann vorgegangen?
Es gab dann damals den Xtra-House-Kongress in Köln in der Flora, das war das Manifest für die Elektronische Musik, da sind an drei Tagen 6500 Menschen gekommen – und das war nur House Music. Über 30 Labels waren beteiligt, ein echter Wow-Effekt. Zum ersten Mal wurde die Telekom für ihr musikalisches Engagement ernstgenommen. Dazu zählten auch zahlreiche Kooperationen mit Künstlern wie z.B. Sven Väth und sein Cocoon Konzept. Im Zuge der Zusammenarbeit mit Sven auf Ibiza und später in ganz Europa haben wir dann in einem Strategie-Workshop die Weichen für die Zukunft gestellt. Wir wollten eine Welt kreieren, die unseren Produkten und der Marke nahesteht und die wir in verschiedenen Ausprägungen bespielen können. Elektronische Musik passte zu uns, da sie innovativ, international und gleichzeitig lokal ist und auch eine starke deutsche Prägung hat. Man denke nur an Kraftwerk, CAN, oder aktuell das Berghain und die Berliner Clubszene an sich. Da wir bereits das Electronic Beats Festival gesponsert hatten, lag es nahe auch den Namen Electronic Beats für das Konzept zu übernehmen. Tja, nächstes Jahr ist der Plan dann tatsächlich schon 20 Jahre alt.

Und der Plan umfasste von Anfang an…
… wir hatten das Festival mit TV-Ausstrahlung – und schnell auch Verhandlungen mit VIVA für eine eigene TV-Sendung –, es gab aber auch Club-Touren, Ideen für eine Community, einen B2B-Zirkel. Ein Print Magazin gab es zumindest auch schon als Konzept – es dauerte dann aber noch fünf Jahre bis es umgesetzt wurde –, eine Radioshow, Merchandise…
Bei manchen Ideen war es nur eine Frage der Zeit. Der Plan, der damals gemacht wurde, war kein Masterplan, den wir jedes Jahr auf Erfüllung geprüft haben. Er verlor jedoch nicht seine Gültigkeit, denn wir kamen zum Teil auf Umwegen dann zum Erfolg. Denn manche Ideen oder Kanäle konnten wir erst durch die technischen oder auch medialen Veränderungen angehen und umsetzen. Hätten wir damals einen peniblen Zeitplan für alles gelegt, dann hätten wir wahrscheinlich das Projekt schon längst beendet.

Und irgendwann war die Zeit dann reif für das Printmagazin?
Wir haben zum Vermitteln unserer Anliegen das eigene Magazin entwickelt und haben so neben den Live-Aktivitäten Content Marketing ausgeführt, als es noch nicht mal einen Begriff für diese Disziplin gab. Das Magazin war dann u.a. unter der Leitung von Max Dax, sehr erfolgreich, nicht zuletzt da wir den Leuten nicht gesagt haben, was sie genau zu machen haben – auch wenn das erstmal keiner glaubt. So arbeite ich aber immer: es gibt Leitplanken, do‘s and dont’s, aber ansonsten blieb und bleibt alles offen.

Das Magazin war ja nicht unspitz.
Das stimmt. Wir merken jetzt, dass es gut ist, wenn man die Dinge im Austausch macht. Es wäre falsch, alles vorzugeben, denn dann verliert es seine Authentizität. Wobei wir natürlich Verständnis für die Zielgruppe und den Kosmos mitbringen.

Ralf, wie kam es denn zum Electronic Beats Podcast?
Wir wollen Dinge vorausschauend angehen. Nun kann man sagen, dass wir das Medium Podcast sicherlich nicht erfunden haben, aber wir waren mit die ersten in Deutschland, die einen Corporate Podcast produziert haben – einen mittlerweile sehr erfolgreichen. Es gibt innerhalb der Deutschen Telekom noch weitere erfolgreiche Podcasts, aber keinen Consumer-Podcast mit einer solchen Reichweite.

Du sprichst da einen interessanten Aspekt an. Andere haben ja auf Radiosender gesetzt, nicht immer erfolgreich, unter anderem wegen der vielen rechtlichen Probleme, die das mit sich bringt. Der Podcast ist ja erstmal sozusagen nur eine Sendung – aber seine Marktdurchsetzung zeugt auch davon, dass dem eben zugleich nicht so ist, er hat sich als Marke etabliert mit einer Strahlkraft wie ein Sender.
Das ist richtig. Natürlich haben wir auch über einen Radiosender nachgedacht, aber bei der Menge an Dingen, die wir auf den Weg schicken, ist schon viel redaktionelle Kapazität eingebunden, von der Print, Website- und Social Media Redaktion, bei youtube und so weiter. Wir merkten, dass wir nicht noch einen Kanal aufbauen wollten, der so viele Ressourcen in Anspruch nimmt. Am Podcast gefällt mir das Lean-back-Element, ich mache ein Abo und dann kommt das Format automatisch zu mir in die Inbox oder ins Podcast-Fenster. Das macht es aus. Die Leute sind müde, dauernd Entscheidungen zu treffen. So erklärt sich auch der Spotify Erfolg, man sucht nicht mehr nach Musik, sondern ein Algorithmus kümmert sich darum.

Ihr könnt also feststellen, dass die Leute eine Bindung aufbauen und mehrere Podcasts hören und nicht nur singuläre.
Es ist ein aufbauendes Prinzip, die älteren Podcasts werden nach wie vor gehört. Das hat einen Serien-Charakter, nur mit dem Vorteil: ich kann entgegen „Game of Thrones“ bei Staffel 5 anfangen und hör dann zwischendurch die alten an.
Natürlich sehen wir auch unterschiedliche Zugriffszahlen, je nach Gast, das ist aber nicht schlimm. Wir holen uns die Leute ja nicht nur der größeren Reichweiten wegen rein, sondern auf Grund der Geschichten. So entsteht eine schöne Mischung.

Das ist ja in allen Bereichen so, da unterscheidet sich das Programm eines Festivals nicht vom Magazinmachen oder eben der Podcast-Kuration. Man gibt den Leuten einen guten Mix an die Hand aus populären Künstler_innen und Themen, aber auch speziellere Themen zum Entdecken.
Der Podcast thematisiert die Geschichten, die sich um das Nachtleben drehen. Da kann ich auch meine persönliche Erfahrung einbringen: wie kommst du als jemand, der vom Dorf kommt, zur Musik und Subkultur? Mein Dorf lag zwischen Köln und Bonn – da gab es nichts, obwohl wir in den Randzonen von der Großstadt lebten. Das heißt, wenn man flügge wird, beginnt man zu den Clubs zu reisen. Ich bin dann vom nördlichen Ruhrgebiet bis runter nach Frankfurt und habe fast jeden Club besucht. Damals war der Club der Inbegriff des Nachlebens und nicht der DJ. Wo man heute dem DJ hinterher reist, ist man damals zum Club gefahren.

Dann müsste dir der Dance Floor der letzten Jahre ja missfallen.
Viele Leute sehnen sich nach einer Inszenierung, nach einer sogenannten Experience. Es lässt sich ein immer weiter wachsender Festivalmarkt beobachten, ganz viele Events im B2B-Bereich, Kongresse, die immer absurdere Züge annehmen: Bits’n’Pretzels, Tech-Open-Air, Online Marketing Rockstars – allein schon der Name, Rockstars, da wird allein durch die Wortwahl etwas zu einer Experience hochgehoben. Es gibt Festivalmacher, die die immer bedeutender werdende Immersivität mit der Möglichkeit verbinden, nicht unbedingt jede überteuerte Gagenforderung von Künstlern zu akzeptieren. Das klingt jetzt ein bisschen Anti-Artist-mäßig. Allerdings sind manche Gagenforderungen in Höhe von hunderttausenden von Euro, gerade im elektronischen Musikbereich, wirklich absurd. Das heißt jetzt nicht, dass Künstler für mich persönlich unwichtig sind.

So kommt es auch nicht an. Zumal das ja auch die wirklich absurde Ebene ist, der nach wie vor genügend Künstler_innen gegenüberstehen, die man für reale Gagen buchen kann.
Deswegen ist es so wichtig in einer Stadt wie Budapest, wo es ja eine große Musik Community gibt, die lokalen Leute einzubinden. Klar will man die Altvorderen auch noch mal sehen und hören, aber ebenso neue Talente sollen gehört werden – was nicht immer leicht ist in einer Musikindustrie, die immer mehr veröffentlicht.

Anfang der 1990er Jahre gab es ungefähr 5000 Albumveröffentlichungen im offiziellen Vertriebsnetz, heute sind wir bei zwischen 40.000 und 50.000.
Unfassbar. Deswegen auch die Idee, wieder vermehrt mit Clubs zusammenzuarbeiten und diesen das Line-up zu überlassen. Wir geben lediglich gewisse Richtlinie mit auf den Weg, schlagen ergänzende Headliner vor und helfen auch bei der Finanzierung. Uns als Unternehmen geht es darum, eine Vorreiterrolle einzunehmen: wir wollen die Leute auf dem Land mitvernetzen, Clubs in Dortmund und Darmstadt unterstützen.

Wie viel Überzeugungsarbeit innerhalb des Konzerns Telekom musste man damals für Electronic Beats aufbringen?
Wir sind am Anfang als Teil des Jugendmarketings gesehen worden, aber irgendwann blieb Electronic Beats übrig und lief ein gutes Stück lang unterm Radar. Was gut war, denn nur so konnten wir uns organisch entwickeln und nicht rasant wie viele andere Marken Anfang der Nullerjahre, die zu viel Geld zur Verfügung hatten – und wo das Geld dann aber nach Kampagnenende auch schnell wieder weg war. Wir aber wollten eine langfristige Beziehung zu unserer Community aufbauen. Wir haben intern schon immer gesagt: Wer Jugendmarketing macht, muss rausgehen! Der muss in die Bar, in den Club, auf das Festival gehen – nur im Elfenbeinturm-Büro zu sitzen und eine Agentur zu beauftragen, so funktioniert das nicht.
Jetzt ist es so, dass sich die Telekom verjüngt hat, auch durch unser Zutun. Sowohl nach aussen als auch nach innen. Da laufen jetzt Mitarbeiter in Turnschuhen rum, ohne Krawatte. Die konservative Telekom, wie ich sie kennengelernt habe, gibt es ja gar nicht mehr. Die Arbeitskultur hat sich grundlegend verändert, ist flexibler geworden. Wir arbeiten zunehmend agil, wie es so schön heißt. Was absolut Sinn macht. Wir müssen heute auch als Arbeitgeber attraktiv für junge Menschen sein. Von meiner Tochter erhalte ich häufig hilfreiches Feedback. Da eröffnen sich ganz andere Perspektiven! Ich merke das ja jetzt selber mit 52, ich bin nicht mehr so tief drin, ich mach ja auch nicht mehr das Booking, darum kümmern sich andere.

Naja, du bist schon noch sehr präsent.
Ja, ja, das ja. Ich kuratiere gemeinsam mit meinem Team einige Podcasts, aber ich bin nicht mehr so deep into. Ich finde es aber interessant, auf was für Musik z.B. meine Tochter, sie ist jetzt 15, steht. Mir war Nachhaltigkeit immer wichtig: wir wollen nichts machen, was in zwei Jahren wieder weg ist. Es soll langfristig die Sicht auf die Marke verändern. Das gelingt nur, wenn unser Programm auf Jahre hinaus Relevanz hat.
Unser Vorteil ist, dass wir so lange durchgehalten haben. Wir sind heute viel etablierter im Konzern. Dennoch müssen wir den Mehrwert natürlich immer wieder in den Konzern hinein kommunizieren. Und dabei gleichzeitig mit unserem Programm in der Öffentlichkeit glaubwürdig bleiben. Dieser Spagat ist nicht immer leicht.

Wobei die Line-ups und auch die Auswahl der Podcast-Gäste nicht von Kompromissen geprägt sind. Euch gelingt es, die Attraktivität aus dem Segment selbst heraus zu gestalten.
Ja, da unterschätzen viele diese Musikform: elektronische Musik kam aus dem Punk in den Wave in die Disco in den House in den Acid-House und in den Techno, plus die Verzweigungen in andere Musikgenres hinein, in den Jazz, in die Klassik, oder auch in den Pop. Da bieten sich viele Ansatzpunkte für unser Programm.
Klar, besonders EDM ist unfassbar groß geworden, Tomorrowland, Parookaville, in den USA findet das auf riesen Bühnen vor Millionen von Menschen statt – T-Mobile US ist Partner von solchen Sachen.

Wie leicht fällt es dir denn noch etwas zu entdecken?
Irgendwann wird es wahrscheinlich passieren, dass ich mich zu alt fühle, dem nächsten Trend hinterher zu hechten. Ich habe neben Electronic Beats auch immer viel mit großen Künstlerinnen und Künstlern zusammengearbeitet, wenn ich da nur meinen persönlichen Geschmack angewendet hätte, dann wären diverse Partnerschaften nie zustande gekommen. So darf ich da nicht rangehen. Ich habe keine einzige Platte von Robbie Williams, von Pink, von Katy Perry, auch nicht von Mariah Carey, den Black Eyed Peas, Will.i.am oder den Rolling Stones – mit allen habe ich aber zusammengearbeitet und tolle Sachen umgesetzt. Nicht weniger interessant, aber ganz anders als die Sachen in der Subkultur, oder auch bei Electronic Beats. Dort hat vieles eher so einen DIY-Touch, und auch manchmal einen semi professionellen Flair – heute nicht mehr so, aber am Anfang schon noch.

Das ist ja als Blattmacher_in ähnlich, da entscheidet man ja auch nicht nur nach dem eigenen Geschmack.
Aber nochmals kurz die Frage nach dem Entdecken, hast du noch so Wow-Momente?
Ja, auf jeden Fall. Ich glaube deswegen bin ich auch so ein großer Podcast-Fan, sie geben mir das Gefühl, bei den Themen dabei zu bleiben.
Ein Beispiel beim Reeperbahn Festival: Ich hatte mir da nicht groß vorher ein Programm gemacht, nur in der App ein paar Sachen notiert. Ein Freund von mir sagte dann aber spontan, „lass doch in Angie‘s Nightclub zur Band Mörk gehen“ — eine unfassbar geile Band aus Budapest, die einen tollen Funkjazz gespielt hat. Ich habe danach sogar eine Platte auf Vinyl gekauft. Das brauche ich manchmal auch.

Ralf, du hast vorhin erwähnt, dass du bei der Auswahl der Podcast Gesprächspartner_innen mitwirkst. Kannst du umreißen, was jemanden auszeichnet, den du spannend findest?
Ich bin ja kein Redakteur und habe keine Ausbildung, was mich anspricht, folgt also meiner Intuition. Zwei Gäste als Beispiel:
Talida Wegener, die früher Managing Director vom Cocoon war und Sven Väth gemanagt hat, habe ich über die Zusammenarbeit sehr zu schätzen gelernt. Eine Person, die hinter einem DJ steht und die Dinge regelt. Sie erzählte dann nicht nur von damals und ihren Artist Management Erfahrungen, im Podcast kamen auch sehr persönliche Themen zur Sprache: sie berichtete von einer Panikattacke im Flieger und dass sie deswegen von Frankfurt in den Odenwald in die Pampa gezogen ist.

Das hat mir Jakob Thoene im Gespräch auch als Highlight genannt und dass es ihn zum Nachdenken angeregt hat.
Ach, das ist schön.
Oder ein ganz anderes Beispiel: Bei Claus Sendlinger fand ich, dass seine Designhotels gut zum Podcast passen. Mir fiel zu der Zeit auf, dass Listening Bars ein neuer Trend wurden, aber auch die klassische Hotelbar an sich. Und deswegen wollte ich den Claus Sendlinger gerne einmal zu dem Thema interviewen lassen. Lustigerweise hat er in Augsburg früher auch Raves und Parties organisiert und passte für uns also gleich mehrfach als Gesprächspartner.

Wie hat man sich denn deinen Input vorzustellen?
Ich ergänze Fragen zu den Fragenbögen, aber das ist kein Muss für den jeweiligen Interviewführenden. Und weiter mische ich mich sowieso nicht ein. Aber das macht mir schon großen Spaß. Erst gestern habe ich eine Person gefragt, ob ich sie zum Gespräch einladen darf – und das obwohl ich zu dem Zeitpunkt nur drei Zeilen von diesem Menschen gelesen hatte und ihn eben erst in einem Panel kennengelernt hatte.

Das müssen aber drei prägnante Zeilen gewesen sein!
Ja, die haben mich sofort angefixt, genau das hatte ich gesucht. Auch im Panel, an dem er dann teilgenommen hat, fand ich ihn sehr inspirierend.

Das heißt du bereitest die Podcast-Gespräche mit vor – und dann bekommst du die Antworten quasi frei Haus geliefert.
Ich freue mich da immer sehr drauf. Wobei ich nicht bei jedem mitwirke. Das Gesamtpaket behält meine Kollegin Claudia Jonas gemeinsam mit unserer Produktionsagentur im Blick. So ergeben sich interessante Konstellationen, auf die ich selbst spontan nicht gekommen wäre. Ich hätte beim Podcast zum Robert Johnson zum Beispiel wahrscheinlich eher Ata eingeladen, den Betreiber und Dj – und nicht die Selekteurin Killa Schuetze, die an der Tür arbeitet.

Aber gerade das macht dann ja den Charme aus.
Absolut. Wir scheuen uns nicht da offen heranzugehen. Manchmal frage ich mich aber schon, wie weit wir als Telekom gehen können. Ein gutes Beispiel ist Vincent Neumann, der zugleich Psychotherapeut und Dj ist, der einerseits Musik auflegt, unter der Woche aber in der Drogenklinik arbeitet. Ich fand das ein ganz tolles Gespräch und diese Folge wird auch von den Hörern unfassbar gut abgerufen. Nicht weil ihn alle kennen, sondern weil viele Leute uns das Vertrauen schenken, das Thema spannend finden und einfach in die Folgen reinhören.

Wieviele Leute hören das denn so im Schnitt?
Wir sind bei über 700.000 Hörenden, das ist viel, und die Leute bleiben auch sehr lange im Podcast drin.

Gibt es denn noch eine/n Wunsch-Gesprächspartner_in für dich? Wie kommst du auf neue Ideen?
Meistens kommt mir das im Schlaf oder beim Lesen. Durch gemeinsames Brainstorming mit dem Team und eine gute Portion Optimismus sind viele gute Sachen entstanden. Oft heißt es dann: „Eigentlich machen wir das nicht, aber jetzt hast du es angesprochen, vielleicht sollten wir es doch tun.“

Ist das Format Podcast auch eins, das innerhalb des Unternehmens Telekom weiterstrahlt als andere, einfach da es quasi für jeden was ist?
Ja. Wir merken in der Tat, dass es enorme Wellen schlägt und wir eine Benchmark geworden sind.

Es lebt auch von der lockeren Gesprächsführung, die beide Moderator_innen auszeichnet.
Auch das ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir arbeiten. Wir fragten uns, wer die Moderation machen soll? Viele Podcastler kommen ja aus dem Radio, wie Gesine Kühne, die war dann auch schnell gesetzt. Da wir gerne junge Leute fördern, kam der Vorschlag auf Jakob. Er hat sich über einige Jahre zunächst von einem Praktikum bei uns bis zum ganz normalen Booking hochgearbeitet. Er hat ein eigenes Label, war an der Popakademie und bewegt sich selbst genau in der Zielgruppe, die wir erreichen möchten. Journalistische Erfahrung hatte er bis zum Start des Podcasts gar keine, aber wir wollten das Experiment wagen, haben auf seine Leidenschaft für die elektronische Musik gesetzt und fanden es gerade gut, dass er etwas spielerischer an die Sache heran ging. Genau dieses gegensätzliche Paar fanden wir reizvoll. Und dann musste der arme Kerl schon in der zweiten Folge mit Westbam eine Legende interviewen. Klar, mit allen Schwierigkeiten am Anfang, wenn man noch kein Vollprofi wie Gesine ist, aber auch mit dieser Unbedarftheit, die es braucht. Damit haben wir das ganze nahbar gemacht und nicht total elitär.

Aktuell ist die neuste Folge des Telekom Electronic Beats Podcast mit dem Innervisions Labelmitbetreiber, Produzenten und DJ Dixon erschienen.
Jakob Thoene hat sich für diese mit ihm über sein Projekt Transmoderna unterhalten, mit dem er Kunst, Design und Musik zusammen denkt, sich Einblicke in das Modelabel Together We Dance Alone geben lassen, das Dixon mit seiner Frau Diane betreibt, und neben vielen anderen Themen auch die diesjährige Ibiza Residency des Berliners Revue passieren lassen.

 

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