Interview mit Kira Hummen zu "My Body Is The Only Place"

Kira Hummen: “Der Körper ist das einzige, was einem selbst gehören sollte und was ich für mich beanspruche”

Kira Hummen (Photo: Nadia Wardi)

Mit “My Body Is The Only Place” debütiert die Neu-Düsseldorferin Kira Hummen auf Listenrecords ein fulminantes Pop-Album. Anlass für kapute Fragen. 


Kira, im Rahmen deines Studiums am Institut für Pop-Musik der Folkwang Universität der Künste, wo ich zum Dozent:innen-Team gehöre, konnte ich deine erstaunliche Entwicklung sehr konzentriert verfolgen. Am Anfang warst du für mich sehr viel mehr Songwriterin im klassischen Sinne während ich dich jetzt als Pop-Produzentin empfinde, die sich stets herausfordert. Wie hast du den Prozess denn empfunden?

Stimmt, als ich 2017 ans Institut kam, habe ich mich vor allem auch selbst mehr als Songwriterin gefühlt. Meine über allem schwebende Neugierde hat dann dazu geführt, dass ich mich neben dem Songwriting und der Stimme immer mehr mit Produktionen beschäftigt habe. Ich hatte ehrlich gesagt lange großen Respekt, wenn nicht sogar Angst vor der Welt der Musikproduktion. Als ich mich dann aber todesmutig dort hineingewagt habe, fand ich einen sehr spielerischen Zugang dazu und es ist zu einer riesigen Bereicherung für meinen kreativen Output geworden. Selbst zu produzieren, verschafft mir nicht zuletzt ein hohes Maß an Autonomie.

Gibt es für dich Role Models als Musikerin?

Wichtige Role Models sind für mich zu allererst so Wegebnerinnen wie Patti Smith oder Janis Joplin, die ich beide für ihre einnehmende Performance und erstere natürlich vor allem für ihre Lyrik bewundere. Fiona Apple ist für mich ein großes Vorbild für spannendes Songwriting.

Ich höre aus dem Album eine große Liebe für britische Pop-Produktionen raus. Liege ich damit richtig?

Die musikalischen Einflüsse auf die Produktion waren bei diesem Album ziemlich vielseitig. Ich liebe einerseits warmen bluesigen Gitarrensound, andererseits inspiriert mich der spielerische Umgang mit Effekten und Sounds auf Laurie Andersons “Big Science” während ich in der Produktionszeit des Albums „Fetch The Boltcutters“ von Fiona Apple rauf und runter gehört habe.

Die Texte spielen bei dir seit jeher eine große Rolle. Auch hier würde mich interessieren, ob dich konkrete Autor:innen oder Texte im Findeprozess der eigenen Sprache beeinflusst haben?

Oben genannte Fiona Apple und Patti Smith haben auf jeden Fall meine Sprache geprägt. Die französische Soko würde ich auch als Einfluss zählen.

Was suchst du selbst in deinen Texten? Und was hoffst du, dass deine Hörer:innen dort finden?

Meine Texte entstehen in der Tat meistens, wenn ich grade nach einer Antwort für mich suche. Auch wenn ein Text dann irgendwann fertig ist und in einem Song lebt, kann es manchmal sogar passieren, dass ich die gesuchte Antwort erst weit nach dem Release finde. Ich verspreche mir also in den nächsten Monaten viele Antworten gemeinsam mit den Hörer:innen zu finden.

Kira Hummen (Photo: Nadia Wardi)

Dein Album trägt den markanten Titel „My Body is the Only Place“ – für was?

Für meine eigene Sicherheit, für meinen Ausdruck. Der Körper ist das einzige, was einem selbst gehören sollte und was ich für mich beanspruche.

Gibt es für dich ein Überthema für das Album?

Emanzipation. Emanzipation als Frau, als Künstlerin, als fühlender Mensch. In den Songs bewege ich mich durch einzelne Stationen von Ermächtigung, wie zum Beispiel das Recht auf Sicherheit im eigenen Körper, die Abwertung die man als Frau* erfährt und die Verarbeitung davon, die Stärke die man in Schwesterlichkeit finden kann.

Eines der Stücke heißt „I Wanna Give Up“ – hast du aber nicht. Wie meistert Kira Hummen ihre Krisen?

Indem ich darüber schreibe und singe. Als ich „I Wanna Give Up“ geschrieben hatte, war grade Sommer 2020 und ich ernsthaft am überlegen die Musik aufzugeben, weil ich in der Zeit sehr dafür geblutet habe und ohne Konzerte und direkten Kontakt zum Publikum nicht mehr wusste wofür ich es eigentlich mache. Beim Improvisieren kam plötzlich diese Zeile „I wanna give up“ aus meinem Mund, und ich hab sie wie ein Mantra wiederholt. Irgendwie hat mich das beruhigt und vom Aufgeben abgehalten.

Du lebst aktuell in Düsseldorf, wie wichtig ist die Stadt für dich als Musikerin?

Als ich hergezogen bin, war ich einerseits auf der Suche nach einer Stadt in der Leben und Kultur passieren und in der ich andererseits Ruhe und einen Rückzugsort finde. Um kreativ zu sein brauche ich beides in Maßen und das perfekte Maß finde ich hier grade.

Das Album erscheint beim Berliner Label Listenrecords, auf dem unter anderen auch CATT veröffentlicht. Wie kam es zur Zusammenarbeit? Und wie vernetzt bist du mit den anderen Label Künstlerinnen?

Total oldschool! Ich hab Listenrecords auf eine Empfehlung eines Musiker Kollegen hin mein Demo geschickt und während der c/o pop in Köln dann Clemens kennengelernt, der zusammen mit Nikola das Label führt. Einige der anderen Künstler:innen konnte ich beim Label-Geburtstag im August kennenlernen, für Elena Steri habe ich kürzlich Support gespielt und mit Maria Basel steht auch grade eine Show an. Befinde mich also in bester Gesellschaft.

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