Monarchie & Alltag – Der Fehlfarben-Songcomic
Dieses Album der Fehlfarben gilt als Geburtsstunde der 1980er Jahre, danach war eigentlich alles gesagt. Bis jetzt: Das gerade erschienene Buch “Monarchie & Alltag – Ein Fehlfarben-Songcomic” (Ventil Verlag) unternimmt nun den Versuch, den legendären Songs von damals mit den Mitteln der Zeichnung Neues zu entlocken. Von Luca Glenzer
Et voila – Post Punk!
Viel ist geschrieben, noch viel mehr gesprochen worden über die „Monarchie & Alltag“. Eine Platte, die wohl zu den wenigen Alben der Musikgeschichte zählt, die über die Jahre bekannter geworden sind als die Interpreten, die es eingespielt haben. Das mag viele Gründe haben: Da wäre zuvorderst der Titel, der geheimnisvoll und irgendwie auch düster klingt. Eine Bedeutung darin zu erkennen fällt schwer; nicht zuletzt, da sich die Begriffskopplung, wie Frank Witzel im vorliegenden Band schreibt, „analytisch nicht auflösen lassen“ will. Egal – ging es doch ab den 1980er Jahren ohnehin weniger um Geschichten und Evidenz, als viel mehr um Assoziationen und Paradoxien, die eine bestimmte Atmosphäre zu erzeugen vermochten.
Dann waren da die Texte, größtenteils aus den Federn Peter Heins. Kühl-kühne Fragmente aus dem Leben von fünf Mittzwanzigern, die so weise klingen, als wären sie bereits 200 Jahre alt. Texte, die aufzeigen, dass einstmalige Hoffnung sich längst in Resignation verkehrt hat; die zwar immer wieder Autonomie proklamieren, aber dennoch Abhängigkeiten beklagen – wahlweise von der Mutter, von der Gesellschaft oder vom Staat.
Nicht zuletzt wartet die Platte auf mit einem kalten Sound, der zwar nicht verheimlicht, von Punk beeinflusst worden zu sein, zugleich aber deutlich macht, diesen schon längst wieder hinter sich gelassen zu haben. Zu eng waren dort die Grenzen für eine Band, die lieber Jacketts trug als Lederjacken und lieber fragmentarische Alltagspoesie erdichtete als Schlachtrufe. Man könnte auch sagen, zu Punk für Punk. Et voila – Post Punk!
Mosaik aus Vergangenheit und Gegenwart
Die Erwartungen an einen Songcomic könnten kaum höher sein als bei „Monarchie & Alltag“. Doch selbst gemessen an dieser Hürde ist der Band überaus gelungen und lesenswert. Was auch daran liegt, dass die Perspektiven der im Band vertretenen Künstler:innen kaum unterschiedlicher sein könnten: Haben die einen das Album bereits in den 1980er Jahren kennen und lieben gelernt (Andreas Michalke), waren die anderen zur Zeit der Albumveröffentlichung lange noch nicht geboren (Ricaletto). Zählen die einen „Monarchie & Alltag“ bereits seit Jahrzehnten zu ihren All-Time-Faves (Frank Witzel), haben die anderen bis zur Anfrage für diesen Band noch nie von der Band „Fehlfarben“ gehört (Karolina Chyzewska).
So werden die 10 Songcomics zu eigenen kleinen Geschichten, in denen die jeweils zugrunde liegenden Songs auf Grundlage eigener Wertevorstellungen, Sehnsüchte und Hoffnungen interpretiert werden, die mal den historischen Zeitkern und ihm zugrunde liegende gesellschaftliche Konflikte aus den späten 1970ern aufzeigen (so wie in „Das war vor Jahren“ von Michalke), dann wieder aktuelle Gegenwartsfragen aufwerfen (wie in „Apokalypse“ von Chyzewska).
Text: Luca Glenzer