Record of the Week

Roosevelt “Young Romance”

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“Young Romance”
(City Slang) 

Es gibt ja Leute, die würden Roosevelts Platten am Liebsten mit Warnhinweisen versehen: „Achtung, Kitschgefahr!“ oder „Kann bei übermäßigem Genuss Diabetes verursachen!“ – und klar, wer auf Doom-Metal oder grobgestrickten Banjo-Country steht, wird mit Marius Lauber aka Roosevelt ein wenig fremdeln. Wer aber keine Berührungsängste mit tendenziell gut gelauntem Elektro-Discopop mit Achtziger-Charme auf hundertprozentig synthetischer Basis hat, findet in „Young Romance“ die sonnendurchflutete Lieblingsplatte für den never ending summer 2018, der ja nun doch unaufhaltsam in Richtung Winterhalbjahr diffundiert.

Die 100 % Synthetik nehme ich übrigens sofort zurück, denn bei mindestens einem Stück („Better Days“) ist auch eine Gitarre zu hören – Lauber/Roosevelt wollte nach dem überraschenden Erfolg mit seinem Debütalbum von 2016 einiges anders machen. Zum Beispiel mehr Gefühl und Intimität in seine Musik bringen, die vor ein paar Jahren noch deutlicher vom Club geprägt und für die Clubs gemacht war. Die Vergleiche mit Daft Punk und weltweiter Erfolg (also wirklich weltweit: von Italien, Frankreich, Mexico, über New York City bis Brasilien – überall tanzten die Kids zu den Songs des Kölners) machten Lauber offensichtlich weder größenwahnsinnig noch lustlos, obwohl (oder weil) das Album im popmusikalischen Sehnsuchtsort schlechthin, in Los Angeles entstand: Stücke wie „Yr Love“ oder „Lucia“ sind unmissverständlich romantisch gefärbt, in „Last to Know“ oder dem knackig-funky „Shadows“ schimmert bittersüße Melancholie durch, die ohnehin in Roosevelts Musik eine größere Rolle spielt, als man beim oberflächlichen Hören vielleicht denkt – aber klar ist auch, dass der 27-jährige sich und seine Bravo’esken Foto-Love-Story-Settings mit „Young Romance“ ein bisschen auf die Schippe nimmt.

Ein echter Coup ist Lauber mit „Forgive“ gelungen: Als großer Washed-Out-Fan versuchte er es einfach mal und fragte Ernest Greene – via Instagram! Es leben die sozialen Netzwerke! –, ob er bei einem Roosevelt-Song mitmachen würde. Ernest reagierte sofort und sang auf die verschickten Soundfiles.

Dass es Roosevelt nicht genügt, happy Tracks zum Autofahren und Abtanzen zu machen, merkt man unter anderem „Illusions“ an, das in bester ELO-Manier so pompös wie pushy klingt: Euphorie galore. Auf „Young Romance“ poliert Roosevelt seinen Signature-Sound auf Hochglanz, zeigt aber auch Tiefe und Lust am (kleinen) Experiment. Zuckerschock nicht ausgeschlossen.

Roosevelt live:
22.10.18 Hamburg
23.10.18 Köln
24.10.18 Berlin
25.10.18 München
27.10.18 Wien
28.10.18 Zürich

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