Record of the Week

Anna B Savage „A Common Turn“

Anna B Savage
„A Common Turn“
(City Slang)
Wir alle lieben zynische Künstler:innen, oder auch sarkastische und distanzierte.

Wir schätzen es, wenn sich die Plateaus der künstlerischen Inszenierung schichten bis niemand und nicht mal wir selbst mehr in der Lage sind, die eine, die wahre Lesart herauszuarbeiten. Zumindest war das bislang so. Doch Ende 2020 fühlt man sich nur noch weichgekocht von der Welt und ihrer zur Schau gestellten Lust am Quälen und weiß es deshalb sehr zu schätzen, wenn jemand sich traut alle Schutzmechanismen abzustellen und sich uns eins zu eins zu präsentieren. Auch auf die Gefahr hin hier jetzt etwas zu pathetisch zu klingen, und sicherlich auch im Wissen, dass man nie ganz ganz ehrlich ist, also auch Anna B Savage nicht auf den Songs ihres Debütalbums „A Common Turn“. Aber sie versucht es zumindest – und das berührt.
Die Londoner Songwriterin teilt über zehn emotional aufgeladen arrangierte Songs ihre Ängste und Selbstzweifel gleichermaßen wie Momente der Selbstliebe und euphorische Träumereien, lässt einen an alltäglichen Empfindungen teilhaben, an sexuellen Fantasien auch ein bisschen, dann aber auch an den Abgründen, die beide so mit sich bringen.

Man kommt nicht umher irgendwann auf „A Common Turn“ an Antony an the Johnsons zu denken – auch mal bis hin zu einem Grad, wo es vielleicht zu viel wird und man sich nach mehr eigener Stimme sehnt (zum Beispiel bei „Chelsea Hotel #3“). Aber vielleicht ist das auch nur eine anmaßende Aussage und das ist primär genau das: die eigene Stimme von Anna B Savage, immerhin Tochter von zwei Klassik-Sänger:innen, in den großen Konzertsälen Englands herangewachsen, und deshalb seit frühester Jugend mit der Gefühlswelten öffnenden Magie von Stimmen vertraut. Zumal es eben die eine Stimme nicht gibt auf „A Common Turn“, sondern einen Chor aus Anna B Savages, alle gefühlt ehrlich im Moment und bereit uns auf ihre Reise durch das unendliche Kontinuum ihrer Existenzen mitzunehmen.

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