Record of the Week

Cat Power „Covers”

Cat Power
„Covers”

(Domino/GoodtoGo)

Mit dem Jeanshemd ist das so eine Sache. Ich glaube, ich hatte nie eins und hege kein besonders gutes Verhältnis zu ihm. Irgendwie seltsam dauerhaft uninteressant. Ein bisschen retro-trashig. Nun trägt Chan Marshall aka Cat Power es demonstrativ und lässt es sogar als Cover ihres neuen Cover-Albums „Covers“ erscheinen.

Cat Power (Photo: Mario Sorrenti)

Cat Powers Album „Moon Pix“ (1998) bleibt für mich überlebenswichtig, das konnte ich einst sogar mit ihr zumindest telefonisch besprechen – am Anfang meines damaligen Interviews fragte Chan mich nach dem Weg, weil sie wohl in Köln zwischen Promo und Konzert verloren zu gehen drohte, am Ende sprach sie mir Mut zu. Auf „Jukebox“ (2008), ihrem zweiten von nunmehr drei Cover-Alben (zunächst gab es „The Covers Record“ aus 2000), verarbeitete sie sich selbst weiter mit einer wirklich glamourösen Version ihres immer noch schönsten Heulsongs „Metal Heart“ von eben „Moon Pix“ inklusive des sleazy Slide von Judah Bauer (Honeymoon Killers, Blues Explosion) und dem raschelnd-begleitenden Schlagwerk von Jim White (The Dirty Three, Crime & The City Solution).
Diese Art der konsequenten Selbstverarbeitung greift Marshall nun wieder auf und macht aus dem reduzierten 2006er-Klagelied „Hate“ nunmehr ein wie ozeanisches Abendrot schimmerndes Soul-Stück: „Unhate“.

Cat Power verwandelt die Songs, falls nicht, ist man etwas enttäuscht – beispielsweise wenn sie den Pogues-Klassiker „A Pair of Brown Eyes“ nicht so charmant umkrempelt, wie sie Nick Caves „I Had a Dream Joe“ aus dem Pathos verschleppt, freilich nicht ganz unpathetisch. So arbeitet sie sich unter anderem an Songs von Lana Del Rey, Iggy Pop, Ryan Gosling (kannte ich nicht als Musiker, Überraschung!), Jackson Browne („These Days“ wurde schon eiskalt und gleichzeitig tief bewegend, irgendwie mich weit mehr treffend von Nico gecovert) und Frank Ocean ab. Das eher wieder nahe am Original befindliche „Here Comes A Regular“ der Replacements war von diesen wiederum in Anlehnung an Nikki Suddens und Dave Kusworths legendäre Jacobites geschaffen worden. Ganz groß.

Coverversionen sind laut Cat Power selbst immer Kommunikationsangebote auf diversen Ebenen und dazu da, (wieder) zu entdecken und den Weg durch den Pop-Dschungel zu finden. Wobei Cat Powers ‚reguläre‘ Alben mich mehr berühren. Das irgendwie Schöne, aber auch ein bisschen Verharrende oder bisweilen sogar Maue an „Covers“ haben jüngst auf ganz anderen Pfaden auch Juliane Liebert in der „SZ“ und Christina Mohr in der „FR“ gefühlt. Dort spielte das Jeanshemd dann doch auch wieder eine nicht unbedeutende Rolle.

Festzuhalten bleibt: Cat Power hilft mir. Diese Figur bleibt gleichwohl ambivalent. Nicht einfach zu verstehen. Ich war damals so traurig, weil just der befreundete große Indie-Soul-Musiker Epic Soundtracks (Swell Maps, Red Krayola, These Immortal Souls) unerwartet nach drei für ihn befreienden Solo-Alben gestorben war, der Nikkis Bruder war und bei den Jacobites auch mitwirkte: „I’ll Be Seeing You“ (Billie Holiday). Referenzen überall. Ich müsste nochmal mit Chan sprechen. Sie wird sich nicht mehr erinnern.

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