Record of the Week

Isolée “Resort Island”

Isolée
“Resort Island”
(Resort Island / Word And Sound)

Endlich wieder positive Vibes – das war mein erster Gedanke beim Anhören von Isolées neuem, tatsächlich erst vierten Album, das auf Rajko Müllers (real name) frisch gegründetem eigenen Label erscheint. Label und Platte heißen „Resort Island“, was Isolées Faszination mit dem Thema Eskapismus unterstreicht: Er verstehe den Wunsch von Menschen, der Realität zu entfliehen, zum Beispiel möglichst fancy Urlaubsziele zu besuchen bei gleichzeitigem Wissen um die bedrückende Weltlage. Dieser Dualismus drückt sich auch in Isolées Musik aus, was den spontanen Eindruck einer optimistischen Grundstimmung relativiert.

Isolées Tracks leben von ihrer Ambivalenz, immer schon: Auch das fröhlich hopsende „Beau Mot Plage“ von 1998, eine wortspielerische Referenz an den algerischen Strand Bomo Plage (der in Frankfurt geborene Müller lebte mit seinen Eltern eine Zeitlang in Algerien) hat dunkle, melancholische Untertöne. Die angedeutete, dabei deutlich spürbare Spannung dieses Tracks sorgte gewiss mit dafür, dass „Beau Mot Plage“ vom MOMEM Frankfurt zu einem „Milestone“ des Neunzigerjahre-House ernannt wurde.

25 Jahre später und zwölf Jahre nach seinem letzten Album „Well Spent Youth“ auf DJ Kozes Pampa Records klingt der „Architekt des Microhouse“ genauso frisch und emotional. Die Single „Rumour“ zum Beispiel vereint bouncende Beats mit sacht warnenden Loops und Sounds. Als würde ein freundlicher Begleiter auf Fallstricke und Schlaglöcher in der sonnenbeschienenen Landschaft hinweisen: Ja klar, ist schon geil hier, aber sei trotzdem vorsichtig. Tracks wie „Coco’s Visa“ oder „Pardon My French“ haben diesen lässigen, warmen Café-Del-Mar-Groove – nur nicht so glatt, slick und gesichtslos, sondern mit elegant-aufrührerischem Gestus. Auch das klickerklackernde „Clap Gently“ und das energetische „Canada Balsam“ haben eingebaute Unwuchten und Schieflagen, die dem Microhouse Tiefgang verleihen. „Let’s Dence“ beginnt mit Gesprächsfetzen, die von der Strandbar herüberzuwehen scheinen, entwickelt sich anstatt zum Dancefloor-Filler zum kontemplativen Ruhepol. Isolées Ferienresort bietet Raum für hedonistisches Abtanzen mit Cocktailglas in der Hand („Tender Date“) und nachdenkliches Aufs-Meer-Starren – ein Sehnsuchtsort, erreichbar ohne schädliche Emissionen.

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