Record of the Week

Springtime „Springtime”

Springtime
„Springtime”
(Joyful Noise/Cargo)

Wieviele Bands es mit diesem Namen gibt. Irgendwas stimmt hier nicht. Das sind diese Tage, die so unentschlossen und wackelig grau beginnen und an denen du erst allmählich merkst, dass es für späten Herbst einfach viel zu warm ist und ein komischer Föhn weht. Mit dem dann vom Horizont, sofern du ihn sehen kannst, hereinbrechenden Sturm und Gewitter wird auch das Bellen der Hunde und die Unruhe der Tiere deutlicher. Kraft steckt in all dem, du weißt nur eben nicht, ob das was Gutes oder eher Bedrohliches wird. Wobei letzteres ja durchaus positiv im Sinne von Arschtritt sein kann.

Sieben lange Stücke finden sich auf “Springtime”. Die Single „Will to Power“ sowie „The Viaduct Love Suicide“ und „Jeanie In a Bottle“ (letztere beiden von Garreth Liddiards Onkel, dem bekannten Dichter Ian Duhig, getextet) spannen bereits den Stimmungsbogen dieser australischen Indie-Supergroup auf. Der Status dieser Band ist ja eigentlich auch ziemlich egal, denn die hier Versammelten und andere große postpunkige und swamp-bluesige Anti-Traditionen (Birthday Party, Bad Seeds, Hugo Race, Simon Bonney, Gallon Drunk, Tindersticks, Tex Perkins, HTRK) werden in den Songs unaufdringlich aufgerufen. Liddiard kennen wir unter anderen von den Drones und Tropical Fuck Storm, Jim White von The Dirty Three, Xylouris White, Cat Power und der letzten Version von Crime & The City Solution), Chris Abrahams von The Necks. Das alles steckt in Springtime offenhörbar drin. Fiona Kitschin (auch Tropical Fuck Storm und Drones) hat die niedergedrückte „Jeanie“ besungen, später wird sogar Will Oldhams „West Palm Beach“ live gecovert. Einerseits quer durch den sumpfigen Garten, andererseits sich konsequent durch den undurchsichtigen Dschungel des anderen Post Art Punk Psychedelic Ambient Blues wühlend, mit vielen kleinen Ausflügen zu Vertracktem, Experiment und Krach ausgerüstet, schlingern Springtime zielgenau in die überwucherte Bar. Kann man der unterkühlten Thekerin und dem seltsamen Typen am verstaubten Klavier trauen? Wenn die Stimme brüchig wird, vor Rührung ramponiert klingt, wenn wirklich so langsam mal alles scheiße aussieht, dann spielen, klickern leiern, klackern und croonen Springtime sich aus und dir in die Seele. Mich erinnert diese stotternde, schlingernde Dynamik stark an die besten Tage des verrückten Instrumental-Trios The Dirty Three, bei dem sich White, Mick Turner und Warren Ellis durch das Leben schleiften. Und dieses Leben sind die Stories, die uns Springtime klagend erzählen. Die Meute zieht weiter. Ich bleibe in der Bar.

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