Records of the Week

Erobique & Speakers Corner Quartet

Erobique
„Erobique No.2.“
(ASEXY)

Wenn ich in den letzten Jahren – stetig wartend –  an zweite Album von Erobique gedachte habe, kam mir immer Phil Collins in den Kopf – und zwar dessen 80er-Hit „You can´t hurry love“. Warum? Nun, Carsten Meyer, der sympathische musikalische Tausendsassa hinter dem Kunst-Charakter Erobique hatte es noch nie eilig, seinen Fans Artefakte seiner Musik zu schenken – ganz so, wie die Liebe bei Collins sich Zeit lässt. „You can’t hurry love / No, you just have to wait / You gotta trust, give it time / No matter how long it takes“.
Und so ist es ganze 25 Jahr her, dass Meyer mit „Erosound“ sein Debütalbum veröffentlicht hat, also im Jahr 1998 – damals gab es noch die D-Mark, waren Mieten und Essen in Berlin noch geschenkt günstig und schien der Kalte Krieg für immer in die Geschichtsbücher verbannt. Meyer selbst war gefühlt nonstop beschäftigt in all den Jahren, gründete mit seinen Freunden DJ Koze und Cosmic DJ die Northern Soul Band International-Pony, produzierte und performte Musik für Film, Theater und Fernsehen und tourte intensiv durchs Land.

 

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Nun also „Erobique No.2.“, was zunächst einmal irreführend unterkühlt klingt, ganz anders als beispielsweise die erste Singleauskopplung „Verkackt“ (eine „Hymne für Verlierer“, wie er selbst es ausdrückt). Unter der Mithilfe von jeder Menge Freund:innen wie Sophia Kennedy, Siriusmo und Tobias Levin hat Erobique mit viel Liebe dreizehn Hits für seine ganz eigenen Disco Train produziert, Songs und Tracks voller Euphorie, aber auch reich an melancholischen (Zusammen)brüchen.
Am 2. September gastiert Erobique übrigens in der Stadthalle Mülheim. Ach so, und natürlich ist das Original von „You can´t hurry love“ von den Supremes.


Speakers Corner Quartet
„Further Out Than The Edge“
(OTIH Records)


In den 60er und 70er Jahren war es ganz normal, dass Musikvenues liebevoll eine eigene Band aufbauten, die ihr Soul- und Jazz-Repertoire Woche für Woche performte, manchmal mit Special Guests, aber oft im eigenen Recht und Scheinwerferlicht. Heute kennt man solche Haus-Bands eigentlich nur noch aus dem Fernsehstudio, beispielsweise The Roots als Band der „Late Night with Jimmy Fallon“ oder das Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld bei Jan Böhmermann.

Das Speakers Corner Quartet wiederbelebt die ursprüngliche Tradition seit 2006 im Londoner Stadtteil Brixton, dessen vor allem Jamaikanische Einwander:innen sich lange erfolgreich gegen die Gentrification gewehrt haben und den speziellen Vibe des Viertels erhalten haben. Der ideale Nährboden für einen Laden wie das Speaker Corner, der weit über die Grenzen von Brixton hinaus für seine Spoken Word Veranstaltungen und HipHop Parties bekannt ist. Ein Community-Ort im besten Sinne. Nicht zuletzt da man lokalen Musiker:innen kontinuierlich die Chance gibt mit Musiker:innen aus aller Welten für einen Abend zusammen zu spielen.

17 Jahre später haben Biscuit (Flöte), Kwake (Drums & Percussion), Raven Bush (Violin) und Peter Bennie (Bass) mit so musikalisch divers orientierten Gästen wie Tirzah, Kelsey Lu, Shabaka Hutchings, Coby Sey, Sampha, Kae Tempest, Mica Levi, Joe Armon-Jones, Lawfawndah und Léa Sen kollaboriert. „Further Out Than The Edge“ dokumentiert diese avantgardistisch-offene Soundreise des Speakers Corner Quartet nun erstmal auf Albumlänge und zeugt davon, wie aufregend Musik klingen kann, wenn man sich nicht von Genregrenzen abhalten lässt, sondern neugierig jenseits solcher Kategorien denkt und agiert.

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