Ka Baird „Bearings: Soundtracks for the Bardos“
Ka Baird
„Bearings: Soundtracks for the Bardos“
(RVNG Intl)
„Gate VIII“, die erste Single aus dem neuen Album der New Yorker Komponistin, Multiinstrumentalistin und Sängerin Ka Baird beginnt genau so, wie ich ihren beeindruckenden Auftritt im Rahmen eines Showcases ihres Labels RVNG Intl. in der New Yorker Knitting Factory im Oktober des vergangenen Jahres in Erinnerung habe. Baird betrat die Bühne und implodierte-explodierte spektakulär. Die Performanz ihrer Bewegungen und die Sounds, die sie dabei ins Mikrofon – ja was eigentlich – stöhnte, aus sich heraus zwängte, auf die Zuschauer:innen los ließ, weckten Erinnerungen an asiatische Horrorfilme, wo das Böse an multiplen Stellen zugleich im Raum präsent ist und seinen kalten Atem Wolkengleich um einen hüllt.
Ja, die Auftritte und Musik von Ka Baird haben etwas furchteinflössendes, es liegt beiden aber keine perfide Intention zu Grunde, im Gegenteil, im Kern ihrer Präsenz und ihres Gestaltenwandlerischen Wesens ist Ka Baird offen und umarmend, es geht ihr vielmehr mit ihrer Kunst darum, die Tore zu anderen Welten sicht- und hörbar zu machen und uns positiv formuliert dafür zu sensibilisieren, was an anderen potentiellen Lebensmanifestationen von Zivilisationsstrukturen und Disziplinierungsmechanismen in Schacht gehalten werden, oder negativ ausgedrückt: sie warnt uns vor den Abgründen, die in uns allen schlummern, von den Monstern, die nur darauf warten herausgelassen zu werden.
Man kann „Bearings: Soundtracks for the Bardos“ insofern in der Tradition des Englischen Philosophen Thomas Hobbes lesen, der den Menschen als geprägt von den drei Triebfedern Verlangen, Furcht und Vernunft definiert hat. Anders als bei Hobbes haftet ihrer Musik jedoch die Hoffnung an, dass gemeinschaftlicher Zusammenhalt uns ermächtigt, die Zügel selbst in der Hand zu behalten.
Thomas Venker